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Die Zeit-Verschwoerung 3 Navigator - Roman

Die Zeit-Verschwoerung 3 Navigator - Roman

Titel: Die Zeit-Verschwoerung 3 Navigator - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Schatten. Pass auf dich auf, und auch auf deinen Vater. Und morgen – al-Andalus! Oder was davon übrig ist. Kommt jetzt. Habt ihr Geld? Ich könnte mir denken, dass die Soldaten des Königs von uns einen Zoll für die Überquerung ihrer Brücke verlangen werden …«
    Am nächsten Tag ließen sie Toledo hinter sich und ritten weiter nach Süden. Mit jedem schwerfälligen Schritt der Kamele wuchs die Hitze, und Robert Egilsson fühlte sich, als werde er in stetigem Tempo in eine riesige Esse hineingeführt.
    Sie befanden sich jetzt tief im Gebiet der Mauren. Das wurde deutlich, als sie das erste Mal bei einer kleinen Ortschaft Halt machten, um ein lahmes Kamel auszutauschen. Marwam, ein dunkler, hagerer Mann mit dem Gesicht eines Nagetiers, bestand darauf,
beide Kamele durch frische Tiere zu ersetzen, und bot ihnen obendrein auch noch seine Dienste als Begleiter an.
    »Das wäre vielleicht klug«, meinte Ibn Hafsun. »Wir sind weit jenseits der Grenze zu den Christen, aber die taifas  – die maurischen Königreiche – stehen nicht gerade auf freundschaftlichstem Fuße miteinander. Man weiß nie, wann man womöglich die falsche Grenze überquert oder es versäumt, den korrekten Zoll zu entrichten.«
    Aber Sihtric schnaubte nur verächtlich. »Verschwendet ihr nur euer Geld an diesen wieseläugigen Kameltreiber. Ich will nichts damit zu tun haben.«
    Also schloss Marwam sich der Gruppe an. Als sie aufbrachen, lief eine Schar kleiner Kinder auf die Straße heraus, um ihnen kreischend und hüpfend nachzuwinken. Sie hatten alle das gleiche Nagetiergesicht wie ihr Vater.
    Marwam war der erste echte Maure, dem Robert je begegnet war – kein Mischling wie Moraima, auch kein Nachkomme eines gotischen Christen wie Ibn Hafsun –, und er musterte den Mann neugierig. Er war drahtig, in schmutzige weiße Stoffbahnen gekleidet und schien sich auf dem Rücken eines Kamels ebenso sicher zu fühlen wie auf den eigenen Beinen. Während sie dahinritten, sang er klagende, nasale Lieder, die Lieder eines Wüstenvolkes aus einem einstmals römischen Land. Aber Robert glaubte, dass seine Lieder an Moraima gerichtet waren, denn Marwam sah sie hin und wieder mit unergründlichen braunen Augen an,
und seine in einer unbekannten Sprache gesungenen Worte ließen das Mädchen erröten.
    »Wenn ich wüsste, was ›denk an deine Frau und deine Kinder‹ auf Maurisch heißt, würde ich ihm das mal vorsingen«, sagte Robert leise zu seinem Vater.
    Orm grinste tolerant. »Mach dir keine Sorgen. Sie ist ein Stadtmädchen. Ich glaube nicht, dass sie sich auch nur im Geringsten für Kameltreiber interessiert. Er liebäugelt nur, ebenso wie sie. Außerdem – solltest du dir solche Dinge nicht aus dem Kopf schlagen? Eifersucht ist bei den Christen eine Sünde, soweit ich weiß. Und die Wollust auch.«
    »So wie die meisten Dinge«, gab Robert mürrisch zu.
    Bei all den Geschichten um Grenzen, Zölle und taifas lernte Robert zu seiner Überraschung, dass es hier in Spanien mehr als ein maurisches Land gab. Er hatte geglaubt, der gesamte Islam wäre unter den Befehlen des Kalifen in Bagdad vereinigt wie ein riesiges Heer, ohne individuelle Gesichter oder Gedanken.
    In Wahrheit gehörten die Muslime jedoch etlichen verschiedenen Völkerschaften an. Selbst die Heere, die ursprünglich – vor dreihundert Jahren – in das gotische Spanien eingefallen und von den Christen im Glauben, sie kämen alle aus der alten römischen Provinz Mauretanien, als Mauren bezeichnet worden waren, hatten nicht nur aus Arabern bestanden. Die Führer waren Araber gewesen, ja, aber gegenüber ihren Berber-Kriegern aus den rauen Ländern des Maghreb im Süden, jenseits der Säulen des Herkules, hatten
sie nur eine Minderheit dargestellt. Viele Nachfahren der Berber beklagten sich sogar noch fünfzehn oder zwanzig Generationen später gern, sie seien bei der Aufteilung des alten gotischen Königreichs von den Arabern hereingelegt worden.
    Und Robert erfuhr, dass die Muslime nicht nur gegen die Christen, sondern auch gegeneinander Krieg führten.
    Es war fünfzig Jahre her, dass ein einzelner Regent in Córdoba über sämtliche muslimischen Länder in Spanien geherrscht hatte. Dieser Regent war erstaunlicherweise ein zweiter Kalif gewesen, unabhängig von dem im fernen Bagdad. »Das ist so«, sagte Sihtric, »als beherberge eine Stadt wie Paris oder York einen zweiten eigenen Papst.«
    Mit dem Niedergang des Kalifats war al-Andalus in so viele taifas zerfallen, dass

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