Die Zeitdedektive 05 - Geheimnis um Tutanchamun
starb nach wenigen Monaten. Dann kam Tutanchamun an die Macht.“ Kamose lachte hohl. „Aber was sage ich da? An die Macht! Tutanchamun war damals noch ein Kind, gerade mal sieben Jahre alt. Er saß auf dem Thron, aber Macht hatte er keine. Aja kümmerte sich rührend um den kleinen Pharao. Er unterrichtete ihn höchstpersönlich, brachte ihm Lesen, Schreiben, Rechnen und Jagen bei. Ganz allmählich übernahm Aja die Kontrolle über den Pharao und über das Reich. Jahrelang regierte Aja hinter den Kulissen das Land! Aber Tutanchamun wurde älter und selbstbewusster. Er begann, eigene Ideen zu entwickeln. Er nahm sogar einige von Ajas Entscheidungen zurück. Anders ausgedrückt: Tutanchamun nahm die Regierungsgeschäfte selbst in die Hand. Klar, dass Ajas Macht zu schwinden begann. Als Tutanchamun heiratete, wurde die Gefahr für den Wesir, ganz in die Bedeutungslosigkeit gedrängt zu werden, noch größer.“
Abrupt beendete Kamose seine Wanderung und sah die Freunde scharf an. So scharf, dass Kija sich bedroht fühlte, einen Buckel machte und fauchte.
„Was wäre aus Aja geworden, wenn Tutanchamun und seine Frau Anchesenamun einen gesunden, männlichen Thronfolger bekommen hätten?“, zischte Kamose. Seine Augen wurden schmal. „Es wäre ganz vorbei gewesen mit Ajas Macht-Träumen. Deshalb hat er Tutanchamun getötet, großer Horus! Wahrscheinlich hofft Aja jetzt, selbst Pharao zu werden. Tutanchamun hat keinen Nachfolger. Aja ist jetzt der mächtigste Mann in unserem Land. Und deshalb musste auch mein Iti verschwinden. Womöglich hat er im Palast etwas beobachtet, was Aja gefährlich werden könnte!“
Schwer ließ sich Kamose auf seinen Stuhl fallen und vergrub das Gesicht in den Händen. Der Arzt schluchzte leise.
„Iti ist mein einziger Sohn, ich liebe ihn über alles. Letztes Jahr ist meine Frau gestorben und jetzt ist Iti verschwunden.“ Er riss die Hände vom Gesicht und schrie: „Wenn Aja ihm auch nur ein Haar krümmt, werde ich ihn töten. Das schwöre ich bei Osiris!“
Kim stand auf und legte Kamose einen Arm um die Schulter. „Beruhige dich! Wir werden dir helfen, Iti zu finden“, versuchte sie ihn zu trösten.
Kija schlich heran und strich dem Arzt um die Beine. Schließlich nahm er sie auf den Schoß und streichelte sie.
„Ein schönes Tier. Und diese klugen, wissenden Augen“, sagte er anerkennend. „Man könnte meinen, dass diese Katze versteht, was wir sagen.“
Trotz der angespannten Situation lächelte Kim. „Das haben wir auch schon öfter gedacht“, sagte sie. „Kija ist wirklich ausgesprochen faszinierend.“
Die Katze miaute leise, wie zur Bestätigung.
„Seht ihr!“, rief Kim. Dann wurde sie wieder ernst. „Deine Theorie klingt wirklich sehr einleuchtend“, sagte sie zu dem Arzt. „Schließlich hat Aja ein Motiv. Aber es gibt keinen Beweis, dass Tutanchamun wirklich ermordet wurde.“
„Und der einzige Zeuge, der etwas wissen könnte, nämlich Iti, ist verschwunden“, ergänzte Leon. „Eine harte Nuss, dieser Fall.“
Jetzt erhob sich Julian. „Es gibt vielleicht noch jemanden, der wissen könnte, was im Palast an diesem Morgen passiert ist“, sagte er und ließ die Worte erst einmal wirken.
Prompt waren alle Augen auf Julian gerichtet. „Wen meinst du?“
„Ich gehe davon aus, dass man Tutanchamuns Leiche zum Einbalsamieren gebracht hat“, fuhr Julian jetzt fort. „Die Priester, die bei der Einbalsamierung anwesend sind, werden dem Leichnam logischerweise sehr nahe kommen. Sie werden also auch sehen, ob der Pharao irgendwelche Verletzungen hat!“
„Sehr gut!“, rief Kamose aus. „Dass ich darauf nicht selbst gekommen bin! Einer der besten Balsamierer in Theben ist Cheriuf. Mit Sicherheit wird er sich um den Leichnam unseres verstorbenen Pharaos kümmern.“
Julian konnte Kamoses Begeisterung nicht ganz nachvollziehen. „Aber warum sollte dieser Cheriuf mit uns reden?“
Kamoses Augen blitzten, als er sagte: „Weil Cheriuf ein guter Freund von Iti ist. Es gibt aber noch einen zweiten Grund: Cheriuf hat Tutanchamun zutiefst verehrt und Aja, diese Schlange, schon immer gehasst.“
„Dann ist Cheriuf unser Mann“, sagte Leon bestimmt. „Und wenn er ein guter Freund von Iti ist, weiß er vielleicht etwas über dessen Schicksal. Wir sollten keine Zeit verlieren!“
Der Angriff der Schakale
Der Angriff der Schakale
Am frühen Abend standen die Freunde in der Nähe des Amun-Tempels. Hier hatten die königlichen Einbalsamierer ihre Räume.
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