Die Zeitdetektive 03 - Das Grab des Dschingis Khan
Julian war dafür gewesen, die bevorstehende Schlacht von einem Hügel aus zu beobachten, der etwa hundert Meter entfernt war. Doch Kim und Leon waren der Meinung gewesen, dass sie dann vermutlich nichts sehen würden. Der Wald hätte ihnen die Sicht auf das Schlachtfeld versperrt. Und Kim und Leon brannten darauf, zu erfahren, wie es dem Khan in der Schlacht erging. Würde er unverletzt bleiben? Oder war dieser Kampf sein letzter? Leon und Kim hatten sich schließlich durchgesetzt. Die beiden ahnten, dass sie sich – hier auf dem Baum – in eine gefährliche Lage manövriert hatten, aber dieses Risiko wollten sie eingehen.
Nun hockte Kim in einer Astgabel und hatte den Rücken gegen den Baumstamm gelehnt. In ihrem Schoß lag Kija und ließ sich streicheln. Während Kims Finger durch das seidige Fell strichen, spürte sie, dass die Katze alles andere als entspannt war. Auch Kija schien die Gefahr zu spüren.
„Es ist genau wie in meinem Traum“, sagte Kim leise zu den Freunden. „Nur, dass jetzt alles echt ist!“
Eine weitere Stunde verstrich. Das Warten begann die Freunde zu zermürben. Doch dann preschten einige Reiter heran. Einer von ihnen hing mehr auf seinem Pferd, als dass er saß. Blut floss aus einer Wunde in seinem Rücken. Aufgeregte Stimmen wurden laut. Dann stürmte plötzlich der Khan hoch zu Ross auf den Weg. In seiner rechten Hand lag ein reich verzierter Krummsäbel.
„Der Säbel!“, stieß Tscha hervor. „Qutula hat ihn geweiht. Mit ihm ist der Khan noch stärker!“
Eine riesige Schar Bewaffneter kam auf den Khan zu – die Tanguten! Dschingis Khan stieß einen markerschütternden Schrei aus.
Es ist wirklich wie in meinem Traum!, durchfuhr es Kim erneut. Sie schlug die Hand vor den Mund.
Nun brachen die bis dahin verborgenen Männer des Khans aus dem Wald hervor und stürzten sich auf den überraschten Feind. Die Luft war erfüllt vom Klirren der Säbel, dem Sirren der Pfeile, dem Kampfgeschrei der Krieger und dem Stöhnen der Verwundeten.
„Oh, mein Gott, mein Gott, mein Gott“, stammelte Julian immer wieder und war dabei ganz bleich. Er konnte nicht mehr hinsehen und fixierte eine einsame Wolke am sonst klaren, blauen Himmel. Wären sie doch nur auf den sicheren Hügel gegangen!
Ganz anders Kim. Sie starrte fasziniert auf das Geschehen unter ihr. Dabei richtete sie ihr Augenmerk vor allem auf den Khan.
„Siehst du, wie gut er reiten kann?“, rief sie Leon zu. „Niemals ist der an den Folgen eines Reitunfalls, den er vor einem Jahr hatte, gestorben!“
„Ja, es muss eine andere Todesursache geben“, gab Leon ihr Recht, bevor er im selben Augenblick schrie: „Vorsicht!“ Im letzten Moment bückte sich der Junge. Direkt über seinem Kopf bohrte sich ein brennender Pfeil in den Stamm.
„Verfluchter Mist!“, rief Leon. „Der Baum fängt Feuer!“
Sofort standen trockene Blätter und dürre Äste in Flammen. Das Feuer breitete sich rasch aus.
„Wir müssen runter!“, rief Leon.
„Bist du verrückt? Dort tobt die Schlacht!“, schrie Julian voller Panik.
„Wir haben keine andere Wahl!“, rief Leon. „Schnell runter und rauf auf den nächsten Baum! Kommt!“ Behände kletterte er hinab. Die anderen folgten ihm. Unter dem Baum schlugen gerade zwei Männer mit ihren Säbeln aufeinander ein. Zwei andere rollten sich am Boden. Ein Dolch blitzte auf, dann ertönte ein Schrei. Hektisch sah sich Leon um. Wenige Schritte entfernt war ein Baum, doch seine Äste reichten nicht weit genug herunter. Da kamen sie nie rauf! Ein Reiter preschte in vollem Galopp auf sie zu, Pfeil und Bogen gespannt. Schon surrte ein Pfeil durch die Luft und bohrte sich in die Brust eines Tanguten. Der Baum, auf dem sie gerade gesessen hatten, stand nun lichterloh in Flammen. Eine unerträgliche Hitze breitete sich aus. Brennende Äste fielen herab.
Julian presste sich an Leon. „Wohin? Sag doch, wohin? Bitte!“
Leon ahnte, dass Julian gleich durchdrehen würde. Sie mussten sofort aus der Schusslinie! Leons Puls raste. Da! Ein großer Felsbrocken! Bot er ihnen ausreichenden Schutz? Egal, einen Versuch war es wert. Sie hatten ohnehin keine andere Wahl.
„Los!“, rief Leon, stürmte vor und warf sich hinter den Stein. Keuchend folgten ihm die anderen.
„Köpfe runter!“, ordnete Leon an. Wenn sie sich zusammenkauerten, waren sie einigermaßen geschützt. Leon atmete auf und wagte einen Blick über den Felsen. Etwas krachte direkt neben seinem Kopf gegen den Stein. Funken stoben. Ein
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