Die Zeitdetektive 03 - Das Grab des Dschingis Khan
Beistelltisch ab und machte Anstalten, die Frau zu umarmen. Plötzlich hielt er inne und presste die Hände auf den Bauch.
„Was ist, mein Herrscher?“, fragte Körbeldschin mit gespielter Unschuld.
Der Khan öffnete den Mund, aber kein Wort kam über seine Lippen. Seine Augen traten unnatürlich hervor. Er begann zu würgen. Dann griff er nach Körbeldschin, doch sie wich elegant einen Schritt zurück. Mit einem Stöhnen sank der Khan auf die Knie.
„Oh mein Gott, sie hat ihn vergiftet“, entfuhr es Julian. „Wir müssen etwas unternehmen!“
„So fühlt sich der Tod an“, zischte daraufhin Körbeldschin. „Der Tod, den du meinem Volk tausendfach zugefügt hast. Meinem Volk und meinem geliebten Gemahl. Und das hier, elender Khan, ist meine Rache!“
Dschingis Khan fiel vornüber und rührte sich nicht mehr. Nun lief Körbeldschin zur Tür und rief nach den Wachen.
„Bleib hier!“, bremste Leon seinen Freund Julian, der bereits aufgesprungen war, um Hilfe zu holen.
Sekunden später stürmten zwei Wachen, die überraschend nüchtern wirkten, in die Jurte.
„Der Khan!“, heulte Körbeldschin. „Plötzlich ist er zusammengebrochen. Ihr müsst den Schamanen holen, schnell!“
Verdattert sahen sich die Wachen an. Dann rannten sie kopflos aus der Jurte und brüllten nach Qutula. Diese Situation nutzte Körbeldschin, um ebenfalls die Jurte zu verlassen.
„Kommt!“, rief Leon und sprang auf. Dann sausten die Freunde nach vorn zum Eingang der Jurte. Von Körbeldschin war keine Spur mehr zu sehen. Offenbar war sie in der Dunkelheit untergetaucht. Von allen Seiten liefen hochrangige Offiziere heran und drängten in die Jurte. Im allgemeinen Durcheinander fiel niemandem auf, dass sich auch die Freunde in das Zelt mogelten. Jemand hatte den Khan auf Kissen gebettet. Das Gesicht des Herrschers war wachsweiß, seine Miene entspannt, nahezu friedlich. Hilflos standen die Soldaten um ihren Herrscher herum. Einige beteten stumm. Endlich erschien auch Qutula auf der Bildfläche.
„Macht Platz!“, schnauzte er die Umstehenden an. Die Freunde drängten sich dicht aneinander und ließen den Schamanen durch.
Sofort kauerte sich Qutula neben den Herrscher, fühlte seinen Puls und seine Stirn. Er murmelte ein unverständliches Wort, das er ständig wiederholte, schneller und immer schneller. Seine Stimme steigerte sich, bis er schrie und heulte, voller Wut und Trauer. Ehrfürchtig wichen alle zurück. Nun brach der Schamane zusammen. Heftige Krämpfe schüttelten seinen Körper. Zwei, drei unheimliche Minuten verstrichen, bis sich Qutula erhob. Er schickte wütende Blicke durch die Jurte. Jeder, den sie trafen, senkte den Kopf, als habe er Angst, von ihnen getötet zu werden. Und dann gab Qutula das bekannt, was alle im Zelt befürchtet hatten: „Unser ozeangleicher Herrscher ist tot.“
Der Schamane
Der Schamane
„Sie hat ihn umgebracht“, sagte Kim am nächsten Morgen, als sie mit ihren Freunden auf Anweisung von Dobun wieder Dung aufsammelte. „Deshalb müssen wir Qutula sagen, was wir gesehen haben!“
„Dann müssen wir aber auch zugeben, dass wir heimlich in die Jurte des Dschingis Khan geschaut haben“, gab Julian zu bedenken.
„Da hat er Recht“, stimmte Leon zu. „Und wer weiß, wie die Strafe dafür ausfällt.“
Julian erschauderte. „Man wird ja hier schon hingerichtet, wenn man auf eine Türschwelle tritt …“
Das sah Kim ein. „Okay, aber immerhin haben wir das erste Rätsel gelöst. Wir wissen, woran der Khan tatsächlich gestorben ist. Es war ein Giftmord!“
Leon setzte seinen Korb ab und sah seine Freunde an. „Ich vermute, dass Qutula das längst weiß. Er wird auch wissen, wer dahinter steckt. Also bin ich mal gespannt, wie es …“
„Da seid ihr ja!“, rief in diesem Augenblick Tscha. Aufgeregt rannte sie auf die Kinder zu. „Ich hab euch schon überall gesucht. Kommt schnell, Qutula will etwas Wichtiges sagen!“
Eine große Menschenmenge hatte sich vor der Jurte des Schamanen versammelt. In den Gesichtern der Soldaten spiegelten sich Verzweiflung und tiefe Trauer wider.
„Unser unvergleichbarer Herrscher ist von uns gegangen. Den Göttern gefiel es, ihn zu sich zu holen“, rief Qutula gerade. „Wie ihr wisst, stürzte der Gur Khan vor vielen Monden vom Pferd und verletzte sich dabei schwer an der Brust. Ich selbst habe ihn bandagiert und gepflegt. Unser Herrscher ritt mit uns, kämpfte mit uns und siegte mit uns. Aber nicht nur der Sieg war sein ständiger
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