Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zeitfalte

Die Zeitfalte

Titel: Die Zeitfalte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Madeleine L'Engle
Vom Netzwerk:
Wesen kaum voneinander unterscheiden? Aber ihr müßt versuchen, das zu bedenken. Dann werdet ihr auch verstehen, daß viele unserer besten Kämpfer von eurem eigenen Planeten gekommen sind – und es ist doch nur ein winzigkleiner Planet, meine Lieben, irgendwo am Rand einer unbedeutenden Galaxis. Ihr könnt stolz darauf sein, daß er so viel zu unserem Kampf beigetragen hat.«
    »Wer … wer sind unsere Kämpfer gewesen?« fragte Calvin.
    »Das fragst du?« sagte Frau Wasdenn. »Aber du kennst sie doch!«
    Frau Diedas ließ ihre Brillengläser auffunkeln, und triumphierend begann sie: »›Und das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat‘s nicht ergriffen … ‹ «
    »Jesus!« rief Charles Wallace. »Natürlich! Jesus Christus!«
    »Siehst du!« sagte Frau Wasdenn. »Weiter, Charles! Es gibt noch viele andere. Eure begnadeten Künstler. Sie haben uns ein Licht geschenkt, das unsere Finsternis erhellt.«
    »Leonardo da Vinci?« schlug Calvin zögernd vor. »Und Michelangelo?«
    »Und Shakespeare!« rief Charles Wallace. »Und Bach! Und Pasteur und Madame Curie und Einstein!«
    Jetzt hatte Calvin Sicherheit gewonnen. »Und Goethe!« ergänzte er. »Und Ghandi und Buddha und Beethoven und Rembrandt und Franz von Assisi!«
    »Jetzt du, Meg!« forderte Frau Wasdenn sie auf.
    »Oh«, sagte Meg. »Auch Euklid, nehme ich an. Und Kopernikus.« Sie konnte ihre Ungeduld nicht mehr beherrschen. »Aber was ist mit meinem Vater? Bitte, was ist mit meinem Vater?«
    »Wwir gehenn zzu iihm!« versprach Frau Dergestalt.
    »Wo ist er?« Meg stürzte auf den Schimmer zu und stampfte wie ein zorniges kleines Kind mit dem Fuß auf. »So sagen Sie mir doch endlich, wo er ist!«-
    Frau Dergestalt schwieg, und Frau Wasdenn antwortete an ihrer Stelle. »Dein Vater ist auf einem Planeten, der aufgegeben hat«, sagte sie, leise. »Ihr müßt euch also darauf vorbereiten, sehr stark zu sein.«
    Das Antlitz der Goldenen Mitte war bleich geworden; alle Fröhlichkeit war aus ihm gewichen. Sie hielt die große Kristallkugel in den ausgestreckten Händen, blickte auf die vom Schatten umhüllte Erde, und Tränen rannen ihr über die Wangen.
    »Ich kann es nicht länger ertragen«, schluchzte sie. »Bitte schaut jetzt, Kinder. Schaut jetzt – und seht!«

Die Goldene Mitte
    W ieder blickten alle gespannt in die Kristallkugel. Die Erde mit ihrem unheimlichen Schattengewölk glitt davon; erneut bewegten sie sich mit rasender Geschwindigkeit durch die Milchstraße; und dann war das Schwarze Ding von neuem da.
    »Gebt acht!« sagte die Goldene Mitte …
    Die Schwärze des Raums schien zu sieden und zu brodeln. Sollte das ein tröstlicher Anblick sein?
    Auf einmal brach ein ungeheurer Lichtschein durch die Finsternis. Das Licht breitete sich aus, fraß sich immer weiter, rührte an den Saum der Schwärze und brachte die Dunkelheit zum Verschwinden. Zuletzt war das Schwarze Ding gänzlich besiegt, und ein sanftes Leuchten erfüllte den gesamten Raum. Klar und hell schimmerten die Sterne aus diesem matten Glanz, bis auch er verdämmerte und es nichts mehr gab als die Fülle der Sterne und ihr freundliches Licht. Kein Schatten. Keine Angst. Nur die Sterne, geborgen in der dunklen Unendlichkeit des Raumes – in einer Dunkelheit, die nichts gemein hatte mit der schrecklichen Finsternis des Schwarzen Dings.
    »Seht ihr!« rief die Goldene Mitte mit glücklichem Lächeln. »Es kann überwunden werden! Es ist immer wieder überwunden worden!«
    Frau Wasdenn seufzte so abgrundtief, daß Meg am liebsten tröstend den Arm um sie gelegt hätte.
    »Erzählen Sie uns doch bitte genau, was hier soeben geschehen ist!« bat Charles Wallace leise.
    »Das war ein Stern«, sagte Frau Wasdenn beinahe tonlos. »Er hat im Kampf mit dem Schwarzen Ding sein Leben eingesetzt. Den Kampf, ja, Kinder, den hat er gewonnen – aber er mußte dabei sein Leben lassen.«
    Auch Frau Dergestalts Stimme ließ sich wieder vernehmen. Sie klang müde; allen wurde einmal mehr bewußt, wie ungeheuer sie das Sprechen anstrengte. »Dass isst nnoch garr nichtt ssoo langge herr, wwas, mmeine Lliebe«, sagte sie sanft, »ddass ddu … ddass ddu … «
    Frau Wasdenn schüttelte den Kopf.
    Charles Wallace blickte sie überrascht an. »Ja! Jetzt erst verstehe ich! Sie waren einmal ein Stern, nicht wahr?«
    Frau Wasdenn verbarg ihr Gesicht in den Händen, als müsse sie sich schämen, und nickte.
    »Und Sie haben das gleiche getan wie der Stern, den wir soeben sahen?«
    Frau Wasdenn,

Weitere Kostenlose Bücher