Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition)

Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition)

Titel: Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Henkel
Vom Netzwerk:
Pergament mit einigen Zeilen in spitzen, kantigen Runen; da die Abotriten keine eigene Schrift besaßen, bedienten sie sich der dänischen, um ihre Sprache niederzuschreiben.
    Der Soldat las das Dokument sorgfältig durch, dann reichte er es wieder dem Dänen und nickte.
    Die Pferde samt Gepäck sowie ihre Schwerter mussten Andreas, Franklin und Thorsten in der Burg zurücklassen, denn man war vorsichtig geworden, seitdem die alles Heidnische hassenden Franken an der Elbe standen. Danach konnten die drei Reisenden über die zweite Brücke zur größeren der beiden Inseln hinübergehen.
    Gleich am dicht mit Schilf und Binsen bestandenen Ufer begann ein Wald mächtiger Buchen, der nahezu die Hälfte der Insel bedeckte. Die helle Nachmittagssonne drang nur an wenigen Stellen durch das dichte Laubdach, es war angenehm kühl. Der Weg stieg leicht an und führte hinauf auf die Anhöhe, die den Rücken der Insel bildete. Ein Pfad zweigte an einer Biegung nach rechts ab, vermutlich führte er zum Dorf am Südufer. Aber die drei Männer begegneten keinem anderen Menschen, bis sie aus dem Wald heraustraten und zu einem hohen Palisadenzaun kamen. Er trennte die nördliche Landzunge ab, der einzige Durchlass war ein großes Tor. Das allerdings stand weit offen, und ein Wächter war nicht zu sehen.
    Als sie durch das Tor schritten, hatte Andreas das merkwürdige Gefühl, eine diesem Ort innewohnende besondere Kraft fast körperlich spüren zu können, als würde er in etwas Fremdes, Undefinierbares eintauchen. Nichts an seinen beiden Begleitern deutete jedoch darauf hin, dass sie möglicherweise ähnliche Empfindungen gehabt haben könnten. Andreas entschied, dass es besser sei, um seine ungewöhnliche Wahrnehmung kein Aufhebens zu machen, und schwieg.
    Der heilige Bezirk nahm den gesamten Nordteil der Insel Racigard ein. Auf der Anhöhe befanden sich um einen annähernd runden Platz die Häuser der Priester, außerdem ein großes, längliches Gebäude, das wohl als Versammlungsort diente, und ein Stall mit Gatter, in dem ein weißes Pferd stand und ohne Eile ein Büschel Hafer kaute. Das eigentliche Heiligtum, der Tempel der Siwa, lag ein wenig abseits. Er stand auf der Uferebene, welche die nördlichste Spitze der Insel bildete. Es handelte sich um eine große, hölzerne Halle, umgeben von einem Kreis mächtiger alter Eichen.
    Nicht nur Priester in langen, weißen Gewändern waren zu sehen, sondern auch ebenso gekleidete Priesterinnen. Es waren Menschen unterschiedlichen Alters, und sie bewegten sich durchaus nicht mit erzwungener, steifer Würde. Manche saßen in kleinen Gruppen vor den Häusern und plauderten, andere verrichteten die verschiedensten Tätigkeiten. Ein alter Mann mit dem langen, weißen Bart eines biblischen Patriarchen und von tiefen Falten durchzogenem Gesicht und eine noch recht junge Frau, deren langes blondes Haar zu drei dicken Zöpfen geflochten über Schultern und Rücken fiel, hatten gerade das Pferd beobachtet, als sie die Ankunft der Fremden bemerkten.
    »Willkommen, Thorsten von Hedeby«, sagte die Frau, als sie den Dänen erblickte. »Wie ich sehe, habt Ihr uns Besucher gebracht?«
    »Ich grüße Euch, Lara. Und auch Euch, ehrwürdiger Boleslaw«, antwortete Thorsten. »Dies sind Andreas und Franklin. Sie kamen aus dem Römerreich hierher, weil sie der Weisheit der Göttin Siwa bedürfen.«
    Zu Andreas’ großer Verblüffung sprach ihn der alte Priester in einem exzentrisch betonten, doch fehlerfreien Latein an. »Ihr seid uns willkommen. Ich bin Boleslaw, Hüter des Rosses von Svantewit. Und dies ist Lara, die oberste Priesterin der großen Siwa.«
    Um seinen Respekt vor der Autorität der beiden Priester zu zeigen, verbeugte Andreas sich leicht, und Franklin tat es ihm gleich.
    »Es müssen gewichtige Gründe sein, die Christen aus dem fernen Rom zu uns führen, um unseren Rat einzuholen«, meinte Lara, ebenfalls auf Latein, das sie in einer Art wohlklingender Melodie sprach.
    »Das stimmt«, erwiderte Franklin, »aber es dürfte eine Weile dauern, Euch alles zu erklären.«
    »Das ist nicht von Bedeutung. Erzählt es uns, und wir wollen sehen, ob die Göttin Siwa Euch zu helfen vermag.«
    Thorsten nickte zufrieden. »Wenn ich Eure Worte auch nicht verstehe, so scheint mir doch, ich habe meine Aufgabe erfüllt und kann mich von Euch verabschieden.«
    »Ihr geht?«, fragte Franklin.
    »Ich muss Euch leider verlassen. Königin Svetlana wünscht, dass ich nach Osten weiterreite, nach Veligard. Ich

Weitere Kostenlose Bücher