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Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition)

Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition)

Titel: Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Henkel
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einer Barbarei versank, aus der sie sich erst nach Jahrhunderten wieder erheben konnte, wie Waffen erfunden wurden, die mit Feuer und Lärm die Mauern der mächtigsten Kastelle sprengen und aus Hunderten von Schritten Distanz Menschen töten konnten. Ungläubig hörte er von einem gewaltigen Doppelkontinent weit im Westen des Oceanus Atlanticus, dessen große Reiche von Christen brutal vernichtet und erobert wurden.
    Nach einer Weile des Zuhörens hatte Andreas sich mit der ungewohnten Jahreszählung abgefunden und konnte die zeitlichen Maßstäbe recht gut einschätzen. Fassungslos musste er zur Kenntnis nehmen, dass fast tausend Jahre nach dem Ende des Weströmischen Reiches auch das arg zerschundene Ostrom nach einer langen Zeit des Sterbens gefallen war. Die unbezwingbaren Mauern Konstantinopels waren bezwungen worden, und das ausgerechnet von den zum Islam übergetretenen Türken, die Andreas nur als Bewohner ferner Steppen ein vager Begriff waren.
    Dann häuften sich die Überraschungen, die Geschichte schien rascher und ereignisreicher zu werden. Franklin schilderte nicht nur, wie die Staaten Europas zu Beherrschern weiter Teile der Welt aufstiegen, er wusste auch von Maschinen zu berichten, die mit Feuer und Wasser bisher nicht gekannte Kräfte freizusetzen fähig waren und die das Gesicht der Erdkugel veränderten. Mit offenem Mund hörte Andreas, dass es seit dem Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts Anno Domini sogar Maschinen gab, mit deren Hilfe der Mensch zu fliegen imstande war.
    »Das ist phantastisch!«, staunte der Römer.
    Aber Franklin klang eher zynisch, als er erwiderte: »Ja, das ist es wirklich. Und kannst du dir vorstellen, was die Menschen mit diesen ganzen tollen Erfindungen gemacht haben? Ich werde es dir verraten …«
    Und er ließ für Andreas das Schreckensbild eines großen Krieges entstehen, in dem sich Millionen von Soldaten jahrelang in endlosen Gräben gegenüberlagen, die sich quer durch Europa zogen, durch von gewaltigen Geschossen in eine tote, pockennarbige Wüste verwandelte Landschaften. Soldaten, die zu Hunderttausenden von Feuerwaffen zerfetzt oder von giftigen Dämpfen bei lebendigem Leibe zerfressen wurden. Ein Krieg, in dem zum Schluss maschinengetriebene stählerne Kolosse auf Gliederketten über die Gräben walzten und die Körper unter sich zerquetschten. Andreas fühlte, wie das Blut seinen Kopf verließ angesichts der vor seinem inneren Auge Gestalt annehmenden Bilder, und er war sich sicher, dass ein Krieg voller solcher Schrecken der letzte für alle Zeiten gewesen sein musste. Aber Franklin fuhr unbeirrt fort mit der Schilderung eines weiteren Krieges, der nur wenige Jahre später die Welt in Flammen setzte. Erstarrt saß Andreas auf dem Stuhl, während in seinem Hirn die Worte, mit denen Franklin den Horror beschrieb, zu Bildern gerannen. Er spürte, wie sein Geist sich dagegen zu wehren versuchte, diese Dinge zu glauben. Als er von dem Wahn der Germanen hörte, die Juden auszurotten, und wie alleine dieser Irrsinn sechs Millionen auf grausamste Art Getötete gekostet hatte, wurde ihm schlecht und er spürte die Galle ätzend im Hals emporkriechen.
    Er musste an Josephus Columbanus denken und fragte sich, wie überhaupt jemand auf die Idee kommen könnte, dass ein Mensch wie dieser kluge, freundliche Rabbi ein gefährliches Ungeziefer sei, das es zu vernichten gelte. Mühsam unterdrückte er den fast übermächtigen Drang, sich zu erbrechen.
    Franklin bemerkte die Wirkung seiner Worte und hielt kurz inne, um erst fortzufahren, als sich Andreas wieder halbwegs gefasst hatte.
    »Im Jahre 1944 passierte etwas Entscheidendes. Durch Zufall wurde in Italien eine alte Schrift mit dem Titel De Tempora gefunden, und der Verfasser war ein gewisser Philippus von Syracus. Über diesen Mann wissen wir absolut nichts und wir konnten auch auf unseren Zeitreisen nichts herausfinden, obwohl wir uns wirklich alle Mühe gegeben haben. Er wird weder in anderen Quellen erwähnt noch kennen wir weitere Werke von ihm. Wir wissen nicht einmal, wann er lebte. Das Einzige, was sich mit Sicherheit feststellen ließ, ist das Alter der Schriftrolle. Sie muss aus der Zeit zwischen 50 und 100 nach Christus stammen, und dem Stil nach ist sie wohl die Übersetzung eines griechischen Originals. Aber das ist nicht wirklich wichtig, denn der Inhalt ist viel bedeutender. Dieser Philippus war ein Philosoph, der Theorien über Wesen und Natur der Zeit aufgestellt hat. Durch eine glückliche Fügung

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