Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition)
akzeptieren«, sagte Andreas leise, »aber wenn du es beweisen könntest …«
»Damit hatte ich bereits gerechnet. Ich wäre auch ziemlich enttäuscht von dir, wenn du mir die Geschichte einfach so abgekauft hättest. Du willst, dass ich dir etwas zeige, das es hier nicht gibt und das trotzdem« – er grinste – »keine Zauberei oder so was ist?«
Er erhob sich vom Tisch und ging hinüber zur Truhe. Andreas verfolgte mit ebenso viel Spannung wie Misstrauen jede seiner Bewegungen. Franklin entnahm seiner Gürteltasche einen winzigen Schlüssel, steckte ihn in das Vorhängeschloss, drehte ihn einmal, und mit einem Klicken schnappte der Bügel auf. Er hob den schweren Deckel an, und Andreas versuchte, einen Blick in die mysteriöse Truhe zu erhaschen, er konnte allerdings nichts Aufschlussreiches erkennen. Dafür förderte Franklin einen kleinen, schwarzen Gegenstand zutage, den Andreas wiederzuerkennen glaubte.
»Weißt du, was das ist?«, fragte Franklin und hielt Andreas das kleine Kästchen vor die Augen. Der Ostgote hatte es bereits durch das Schlüsselloch gesehen, aber sein Zweck war ihm immer noch unbekannt, daher verneinte er. Aufmerksam beäugte er den kleinen schwarzen Kasten, dessen obere Schmalseite aus einem leicht gewölbten, von zahllosen winzigen Löchern durchbrochenen Metallstück bestand. Darunter stand in weißen, lateinischen Buchstaben der nur leicht entstellte Name des heiligen Philippus. Andreas hatte nicht die geringste Vorstellung, welchem Zweck dieser Gegenstand dienen konnte, und schüttelte nochmals den Kopf.
»Also gut. Schau her und staune«, sagte Franklin Vincent und bewegte den Daumen. Sofort begann das Kästchen zu surren.
Andreas zuckte leicht zusammen, und Franklin setzte sich das Ding mit dem Metallteil an das Kinn. Zum Surren kam ein leises raspelndes Geräusch, und Andreas’ orientierungslosen Blick quittierte er ungerührt mit den Worten: »Ein Philips Akkurasierer. Nicht gerade das billigste Gerät, aber das ist es mir wert, um nicht wie ein Strauchdieb aussehen zu müssen.«
Da er schnell merkte, dass der Römer weder mit seinen Handlungen noch den Worten etwas anzufangen wusste, trat er vor ihn und hielt ihm den surrenden Gegenstand an die Wange. Andreas wollte schreiend aufspringen, stellte aber sofort fest, dass nur ein leichtes Kitzeln von dem Kasten ausging. Franklin ließ das Metall ein wenig über die Haut gleiten, wobei das Raspeln leicht an- und abschwoll. Dann zog er das Gerät zurück und ließ das Surren verstummen. »Fühl jetzt mal.«
Misstrauisch führte Andreas die Fingerspitzen an die betroffene Stelle seines Gesichtes. Erstaunt stellte er fest, dass seine Haut dort glatt war, als hätte sie ein erstklassiger Barbier gerade erst rasiert. Er fühlte zum Vergleich die andere Wange, und dort spürte er deutlich den leichten Bartwuchs der vergangenen zwei Tage, in denen er keine Zeit zum Rasieren gefunden hatte.
»Ist das – Zauberei?«, fragte er unsicher.
Franklin lächelte nachsichtig. »Jede weit genug fortgeschrittene Technologie ist äußerlich nicht von Zauberei zu unterscheiden. Nein, das hier hat nichts Übernatürliches an sich. Es ist ein Rasierapparat, wie ihn Millionen von Menschen jeden Tag benutzen – da, wo ich herkomme.«
Es fiel Andreas nicht leicht, diese Aussage als wahr zu akzeptieren. Aber er musste sich eingestehen, dass dieses Gerät wirklich nichts weiter getan hatte, als seine Wange glatt zu rasieren, sei es auch auf noch so wunderbar und unerklärlich scheinende Weise. Es erschien ihm höchst unwahrscheinlich, dass ein Magier seine Macht dazu verschwenden könnte, dergleichen zu bewirken. Das hieß aber gleichzeitig, dass dieser Apparat einen Beweis für Franklins Behauptung darstellte, er würde aus der Zukunft kommen.
Diese Überlegungen setzten Andreas deutlich zu, und es dauerte eine geraume Weile, ehe er sich wieder gefasst hatte.
»Es ist kaum zu glauben … du scheinst wirklich aus einer anderen, kommenden Zeit zu stammen!«
Andreas wollte gerade mit einem Schwall von Fragen heraussprudeln, als Franklin ihm sogleich einen Dämpfer versetzte. »Ganz so einfach ist das nicht. Ich bin hier, weil es ein übles Problem gibt … nein, das muss ich dir der Reihe nach erklären. Zunächst mal: Das hier ist nicht die Vergangenheit, wie sie eigentlich sein sollte.«
Angesichts Andreas’ fragenden Gesichtsausdruckes fuhr er fort.
»Du erinnerst dich vielleicht noch an unser Gespräch über die römische Geschichte?
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