Die Zeitrausch-Trilogie, Band 1: Spiel der Vergangenheit (German Edition)
wenige, das ich in den letzten Stunden zu mir genommen habe, hinauskatapultiert hat, und mein Mund ist unangenehm trocken. Neben dem Wasserspender stehen ein Dutzend Becher ineinandergesteckt. Begierig ziehe ich einen heraus und halte ihn unter das Gefäß. Nichts geschieht. In dem Moment, da ich mit meiner Markerhand die Säule hochfahre, um einen Knopf zu suchen, blinken mir zwei Worte abweisend entgegen: »Keine Autorisation.«
Wütend werfe ich den Becher in das Lavendelfeld, direkt durch den Hut des Mannes, der unbeeindruckt weiter pflückt. Da ich nicht weiß, was ich sonst machen soll, schreite ich den Raum ab, berühre den eigenartigen Fußboden unter mir, lasse meine Hände über die glatten Wände gleiten, bis ich die feine Linie entdecke, die sich bei meinem letzten Besuch in dieser Zeit als Tür herausgestellt hat. Ich lege meine Hand ganz wie der Techniker im Ganzkörperanzug neben die Markierung. Sofort erscheint der gleiche abweisende Schriftzug über meinen Fingern: »Keine Autorisation.«
»Hallo? Ich habe Durst! Ist da jemand?«, rufe ich laut und hämmere dabei an die Wand.
Anscheinend hat man mich gehört. Denn in diesem Moment öffnet sich die Tür und ein pickliger, junger Mann schiebt ungelenk einen Wagen hinein, der mit etlichen Schachteln beladen ist.
»Ich … äh, das ist für Sie. Also, Sie sollen - Ich stell das einfach hier hin«, stammelt er mit gesenktem Kopf, aber ich sehe, dass sein Gesicht knallrot ist.
»Was ist das?«
»Nur ein paar Fanartikel. Ich soll Ihnen sagen, ähm … die müssen Sie signieren«, presst er hervor, immer noch, ohne mich anzusehen, doch plötzlich geht ein Ruck durch seinen Körper und er hebt seinen leuchtenden Kopf. »Ich habe mir gedacht, vielleicht könnten Sie mir dieses signieren? Für Nale. Man spricht es ohne das E, einfach Nal.«
»Signieren?«, frage ich ungläubig.
Die Tür schließt sich zischend und ich ärgere mich, dass ich den Moment nicht genutzt habe, um hinauszuschlüpfen. Aber wo sollte ich auch hin?
Nale hält mir eine Karte entgegen, auf der ich selbst zu sehen bin, mein Gesicht ist genauso ausdrucksstark, wie Ivana Jass es modelliert hat. Mit perfektem Teint wende ich meinen Kopf und lächle. Im Hintergrund nur verschwommenes Grün.
»Das Bild bewegt sich!«, rufe ich verblüfft aus.
Nale sieht mich durch sein pickeliges Gesicht erstaunt an.
»Natürlich tut es das. Was sollte es denn sonst tun?«
»Keine Ahnung - nichts?«
»Toll sind aber diese Funktionen. Sie steigern zwar nicht gerade den Sammlerwert, weil man ja ständig auf der Karte herumdrückt, aber sehen Sie!« Nale tippt auf ein kleines Rechteck, wobei seine Gesichtsfarbe sich langsam normalisiert. »Hier können Sie eine Galerie runterladen. Bilder von Ihrer Kindheit bis jetzt, und hier sind Sie direkt im Shop. Zustellung innerhalb von zwanzig Minuten garantiert.«
Mein Gesicht ist von der Oberfläche verschwunden und Nale wischt in unglaublicher Geschwindigkeit über die Karte, auf der sich eine nicht enden wollende Anzahl von Artikeln mit meinem Konterfei zeigen: Tassen, Shirts, kleine Figuren, Stifte, die in meinem Kopf enden, Kekse in Form meines Schattenrisses … Mir wird übel.
»Mach das weg!«, verlange ich barsch.
»Mögen Sie die Aufnahme nicht?«, fragt Nale unsicher.
»Ich mag es nicht, dass man mich essen kann.«
»Wenn Sie mir das unterschreiben, verspreche ich auch, Sie nicht zu essen.« Der picklige Junge lächelt schief und hält mir einen Stift hin.
Ich seufze und setze meine Unterschrift mitten über mein Gesicht, wo die Linien metallisch schimmernd hervortreten. Darunter schreibe ich deutlicher lesbar: Für Nale, der mir ein Glas Wasser gegeben hat.
Mit forderndem Gesichtsausdruck halte ich meinem Fan die Karte unter die Nase, der sie rasch in seine Jackentasche steckt, zur Tür schielt, aber schließlich ein Glas der bläulichen Flüssigkeit zapft. Im Gehen tut er so, als würde er davon nippen, stellt das Glas dann jedoch vor mir auf den Tisch und sagt mit Blick auf den vollbeladenen Wagen: »Sie müssen das unterschreiben«, bevor er schnellen Schrittes durch die Tür verschwindet.
Bevor mich jemand davon abhalten könnte, stürze ich die Flüssigkeit herunter. Sie schmeckt nach flüssigen Gummibärchen, scheint aber trinkbar zu sein.
Schon um irgendetwas zu tun, was mich meine saufende Mutter vergessen lässt, öffne ich den ersten Karton. In ihm befindet sich eine der Tassen, die ich bereits auf der Karte gesehen hatte, und
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