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Die Zeitung - Ein Nachruf

Die Zeitung - Ein Nachruf

Titel: Die Zeitung - Ein Nachruf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Fleischhacker
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stimmt zweifellos, Heide aber geht es darum, auch die weiter zurückreichenden Vorläufer in den Blick zu bekommen. Er sieht den Ursprung der Zeitungen in den bis ins 13. Jahrhundert nachgewiesenen Kaufmannsbriefen, in denen von Waren und Preisen, gelegentlich von relevanten politischen Ereignissen berichtet wurde. Versendet wurden diese Briefe aus jenen See- und Handelsstädten, in denen sie zuerst eintrafen: Venedig, Antwerpen, Köln, Frankfurt/M. und Wittenberg.
Die Vorläufer
    Besonders wichtig für diese Frühzeit des Zeitungswesens waren Augsburg und Nürnberg. Über Nürnberg, die reiche, zentral gelegene Kaufmannsstadt, hatte Luther nicht ohne Grund gesagt, sie sei „das Auge und Ohr Deutschlands“, das „alles siehet und höret“. Große Kaufleute, weltliche und geistliche Fürsten sowie Gelehrte unterhielten einen ziemlich ausgedehnten Briefverkehr und blieben auf diese Weise über den größeren Teil des damals bekannten Weltgeschehens konstant auf dem Laufenden.
    Die frühen „Zeitungen“ waren den Briefen beigelegt und trugen auch Bezeichnungen wie
Newe Zeitung, Neue Märe, Läufe, Beyzeitung, Avise, Pagellen, Zeddel
oder
Tidinge
. Sie wurden in interessierten Kreisen weitergereicht und abgeschrieben – und es dauerte nicht lange, bis darauf ein funktionierendes Geschäftsmodell aufgebaut wurde. Einer der Pioniere auf diesem Weg war der weitgereiste Rechtsgelehrte Christoph Scheurl (1481–1542), Rat des Kaisers und mehrerer Bischöfe und Kurfürsten, dessen von den Benediktinern in Tegernsee aufbewahrte Briefzeitungen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erstmals veröffentlicht wurden. Der Abt des Klosters war wohl unter den Empfängern der Nachrichten gewesen, in denen es „viel seltsame Geschicht, Copei, Sprüch, Lieder und andere Mär in mancherlei Weis“ zu lesen gab.
    Der neue Berufszweig des „Avisenschreibers“, „Zeitungers“ oder „Novellanten“ findet sich in den deutschen Städten ab der Mitte des 16. Jahrhunderts. Sie waren Reporter, Redakteure und Verleger in einer Person. Ihre Quellen waren Wandergelehrte, vazierende Mönche und fahrende Sänger, aus deren Nachrichten aus der politischen Welt und der Welt der Naturereignisse sie auswählten, diese vielleicht miteinander verknüpften, um sie, sauber mit der Hand geschrieben, zusammenzufassen. Die Berichte über die Arbeitsweise dieser kopierenden Verwerter des eingelieferten Materials erinnern frappant an die Arbeitsleid-Klagen aus den Online-Redaktionen des frühen 21. Jahrhunderts, in denen unter Hochdruck und ohne allzu viel eigene Kreativität „Copy“ und „Paste“ veranstaltet wird. Ein- bis zweimal die Woche wurden die so entstehenden Produkte dann auf Bestellung und gegen Entgelt an die Abonnenten versandt: an Fürsten, Staatsmänner, Handelsherren.
    Das Rückgrat des aufkommenden Nachrichtenwesens bildete die Kaufmannschaft. Sie hatte nicht nur für ihren eigenen Bedarf die wichtigen Knotenpunkte mit Botenmeistern besetzt, die über eigene Stafetten von Kurieren und über „Ordinari“ genannte Boten verfügten, sondern übernahm in der Regel den amtlichen Briefverkehr gleich mit. Die Ordinari fielen mit dem Aufkommen der Taxi’schen Post (die von Thurn und Taxis verfügten ab 1615 über einen erblichen Reichspostmeister) den Postreitern zum Opfer, die bald zu den meistbenutzten Vermittlern von Nachrichten wurden. Die Postmeisterei wurde zum zentralen Ausgangspunkt der „gesprochenen Zeitung“, und wenn der Postmeister unternehmerisch und kapitalstark genug war, ließ er die einlaufenden Berichte aufschreiben und zunächst handschriftlich, später im Druckverfahren vervielfältigen.
    Die Wurzeln des Zeitungswesens sind mit der Entwicklung des Postwesens als einer allgemein zugänglichen Verkehrseinrichtung eng verbunden. Man kann das noch heute an vielen Zeitungstiteln ablesen, die auf „Post“ „Kurier“ oder „Bote“ lauten. Überhaupt wird man noch sehen, dass die Geschichte der Zeitungsnomenklatur einen besonders erhellenden Blick auf die Geschichte des Zeitungswesens insgesamt erlaubt.

    Ein Monumentalwerk: die
Fugger-Zeitung
, die auch lange nach Erfindung des Buchdrucks noch von Hand geschrieben wurde.
    Das prächtigste Stück der zeitungsgeschichtlichen Ursprünge freilich ist heute in der Handschriftenabteilung der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien zu besichtigen: 27 schweinslederne Bände der
Fugger-Zeitung
, 35.230 teils eng beschriebene Seiten. Wer sie betrachtet, hat

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