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Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition)

Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition)

Titel: Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly McCullough
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begrenzte Anzahl Möglichkeiten, aus der Ferne auf ein Duell unter Zeugen einzuwirken. Noch schwieriger wird es, wenn man keine Magie einsetzen kann, weil die Zeugen selbst Magier sind. Er konnte Maylien nicht einfach einen Pfeil in den Rücken nageln oder sie mit einem Bann in Sumeys Schwert stoßen. Der Skandal wäre für Sumey nicht minder ruinös als ein verlorenes Duell. Und das würde sogar dann gelten, gelänge es, die Leute davon zu überzeugen, dass sie den Tod ihrer Schwester nicht selbst angeordnet hätte.
    Damit blieb Devin nur eine extrem kurze Liste an Möglichkeiten, die alle ihrerseits aus jeder denkbaren Entfernung geringfügig wirksam und ungenau waren. Ich dachte an ein Blasrohr, bestückt mit kleinen Kieselsteinen von der Fahrbahn. Zum rechten Zeitpunkt auf das richtige Ziel abgeschossen – sagen wir, ein Ohr – mochte sich solch eine Störung durchaus als fatal erweisen, und der betreffende Kieselstein würde unter seinesgleichen schlicht verschwinden.
    Drittens, Bestreitbarkeit. Sollte Deem – oder wer immer die Zeugen auch sein mochten – Devin doch entdecken, musste er sich an einem Ort befinden, der der Baronin die Möglichkeit gab, glaubwürdig zu behaupten, sie habe mit seiner Anwesenheit nichts zu schaffen. Das würde ihr vermutlich auch nicht helfen, sollte Devin auf frischer Tat ertappt werden; wurde er aber schon im Vorfeld entdeckt oder konnte er im Nachhinein nicht mir irgendwelchen offenkundigen Machenschaften in Verbindung gebracht werden, konnte Sumey ihren Hals vielleicht ausder Schlinge fernhalten. Damit war jede Position innerhalb des Hauses für Devin untragbar, und ihm blieb nur das Dach oder das Gelände.
    Und schließlich musste ihm klar sein, dass er der Baronin nicht trauen konnte. Umso mehr, falls er das Glyphengestell in der Folterkammer gesehen hatte, aus der Maylien mich gerettet hatte. Ihm sollte also an einem guten Fluchtweg gelegen sein, für den Fall, dass die Baronin auf die Idee kam, ihn an die Elite zu verhökern.
    Zusammengenommen hieß das, dass es für Devin und sein Heckenschützennest nur eine wirklich geeignete Position gab, eine besonders tiefe Nische zwischen den beiden letzten Dachgauben des Westflügels des Hauses. Es gab noch andere Möglichkeiten, aber keine so guten: ein ähnlicher Platz auf dem Ostflügel, der jedoch zur fraglichen Stunde in vollem Sonnenschein liegen konnte, womit er nicht nur leichter auszumachen wäre, sondern auch von der Sonne geblendet würde. Und da war auch noch ein Balkon im ersten Obergeschoss des Haupthauses, der ihm einen saubereren Schuss und eine bessere Tarnung ermöglichen würde, eine Flucht aber kaum zuließe, sollte die Elite ihn entdecken.
    Er würde die Gauben nehmen. Wobei das alles natürlich voraussetzte, dass die Baronin Devin als Verstärkung eingeplant hatte, aber daran hegte ich keinerlei Zweifel. Leute, die Gestalten wie die anheuerten, zu der Devin geworden war, spielten niemals fair.
    Während der nächsten Dreiviertelstunde ließ der Regen nach. Die Wolkendecke riss allmählich auf und gab den Blick auf die Morgensonne frei, die wie eine halbe Scheibe auf dem Gipfel des Kanatheahügels thronte. Wenn bei Maylien alles gutgegangen war – und ich war überzeugt, es hätte einen ersten Tumult gegeben, wäre es nicht –, so würde sie ihre Forderung in Kürze aussprechen. Zeit, mich in Bewegung zu setzen. Geduckt schlichich um den Schornstein herum und weiter über die Rückseite des Gebäudeflügels. Ich wollte mich Devins Position von oben und hinten nähern.
    Als ich schließlich den Kopf über den Dachfirst reckte, entdeckte ich einen Pfuhl zu tiefen Schattens an genau der Stelle, an der ich Devin zu finden erwartete. Er hatte auch wirklich keine echte andere Wahl gehabt. Tief geduckt wich ich weit genug zurück, um die nähere der beiden Gauben zwischen uns zu bringen. Dann glitt ich leise über den First und hinaus auf die Gaube, ein Prozess, der durch die dicke Bleieindeckung erheblich erleichtert wurde. Eines der Dinge, die ich an der Arbeit in Großen Häusern liebte, war, dass sie sich nie mit billigeren und geräuschgeneigteren Materialien wie Schiefer oder Terracottaschindeln begnügten.
    Es dauerte eine Weile, aber irgendwann lag ich lang ausgestreckt auf dem Dach der Gaube, direkt über und außer Sichtweite von dem dunklen Fleck, in dem sich Devin versteckte. Ich wollte warten, bis die Ereignisse am Boden eine Ablenkung boten, ehe ich meinen Zug tat.
    Pflichtgemäß fuhr, als

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