Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition)
meine härtesten Schläge hatten eine derartige Auswirkung auf ihr Schwert erzielt. Wenn Sumey nicht ein gutes Stück stärker war als ich, dürfte so etwas nicht passieren.
Sollte Maylien überrascht sein, so ließ sie es sich nicht anmerken, stattdessen nutzte sie den Schwung, der aus dem Schlag ihrer Schwester resultierte, und führte ihre Klinge mit einem sauberen Rückhandschwung in einen Hieb gegen Sumeys Kehle. Ohne erkennbare Mühe nahm Sumey ihr schwereres Schwert hoch und parierte den Angriff so hart, dass Mayliens Klinge einfach zur Seite geschlagen wurde. Wieder folgte Maylien fließend der Bewegung, senkte die Klinge, zog sie spiralförmig herum und zielte auf Sumeys Hüfte.
Statt zu parieren, rückte Sumey vor, sodass Maylien sie mit dem Heft traf. Sie drängte weiter vor und krachte mit der Brust gegen ihre Schwester. Maylien wurde zurückgeschleudert und verlor den Halt. Zwar schaffte sie es, den Sturz abzufangen und sich abzurollen, doch hätte sie der Schwung beinahe aus dem Ring getragen, was ein enorm schlechter Stil gewesen wäre.
Während der nächsten paar Sekunden verlor ich das Duell aus den Augen, denn was immer auch mit Maylien geschah, ich musste mich um Devin kümmern, und Mayliens Sturz bot mir eine hervorragende Gelegenheit dazu.
Ich rollte mich über den Rand der Gaube, fiel etwa fünf Fuß tief und landete auf Devin, in der Absicht, ihn mit meinem Dolch und meinem Körpergewicht auf dem Dach festzunageln – man lässt eine Zielperson nicht am Leben. Umso weniger eine, die so gefährlich ist wie Devin.
Deems Anwesenheit dort unten im Garten sollte in diesem Punkt ausreichend Mahnung sein. Doch als der Moment gekommen war, stellte ich fest, dss ich einen Mann, der mir einst wie ein Bruder war, einfach nicht umbringen konnte. Nicht so. Nicht, wenn das hieß, dass ich ihn kaltblütig von hinten erdolchen müsste.
Noch im Fall zog ich den Dolch zur Seite und versetzte ihm einen Hieb hinters Ohr. Devin grunzte geräuschvoll, und ich konnte nur hoffen, dass die Kampfgeräusche des Duells den Laut überdeckten. Dann legte ich ihm den Dolch auf der rechten Seite an den Hals, gleich oberhalb der Halsschlagader.
»Hallo Devin«, flüsterte ich ihm ins Ohr. In diesem Moment gab es nur ihn und mich, denn Zass und Triss waren beide in Wolkenform und unserem jeweiligen Willen vollständig unterworfen. »Wir sollten uns ein bisschen unterhalten.«
»Warum tötest du mich nicht einfach und bringst es endlich hinter dich?«, fragte er nach einem Augenblick, und ich konnte die Anstrengung und den Schmerz in seiner Stimme hören. »Das jedenfalls würde ich tun.«
Darauf hatte ich wirklich keine Antwort zu bieten, zumindest keine, die ich Devin offenbaren wollte. Ihm zu sagen, dass er mir immer noch etwas bedeutete, wäre, als würde ich ihm einen Dolch reichen, in den mein Name graviert war. Stattdessen blickte ich hinunter zu dem Duell. Ich wusste nicht, warum, aber ich wollte sehen, wie es dort stand, ehe ich eine endgültige Entscheidung in Hinblick auf Devin traf.
Offensichtlich hatte es noch einige weitere Zusammenstöße gegeben, aber keinen endgültigen. Maylien umkreiste nun ihreSchwester und machte schnelle, kurze Vorstöße, die Schnittwunden an Handgelenken oder Unterschenkeln hinterließen, ohne dass sie sich einem direkten Schlagabtausch stellen musste. Nach dem, was ich in den nächsten ein bis zwei Minuten beobachten konnte, war dies ihre beste Strategie. Sie war eindeutig eine bessere Schwertkämpferin als ihre Schwester, und sie hätte imstande sein müssen, ihr Können in einen schnellen Sieg umzuwandeln, aber sie hatte zwei große Minuspunkte.
Sumeys schwereres Schwert und ihre allem Anschein nach widernatürliche Kraft und Ausdauer. Normalerweise hätte das Gewicht des Schwerts allein Sumey bei allem, was über einen überaus kurzen Kampf hinausging, zum Nachteil gereichen müssen. Es so wild zu schwingen, wie sie es, genötigt von Maylien, derzeit tat, hätte sie längst ermüden müssen. Aber die Last schien Sumey überhaupt nicht zu stören. Ihre Stärke gestattete ihr, die schwerere Klinge im Einsatz gegen das konventionellere Duellschwert ihrer Schwester zu nutzen wie einen Hammer, und so prügelte sie es wiederholt gegen Mayliens Klinge in der unverkennbaren Absicht, diese zu zerbrechen.
»Was zum Henker passiert da unten eigentlich?«, fragte ich, ohne mit einer Antwort zu rechnen.
Devin schnaubte grausam. »Was da passiert? Sumey wird ihre geschätzte Schwester
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