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Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition)

Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition)

Titel: Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly McCullough
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auf. Viele der Leute, die mir begegneten, hatten sich Schals um die Gesichter gewickelt oder die Krägen ihrer Westen und Mäntel hochgeklappt. Ich machte einen kurzen Abstecher zu einem öffentlichen Bad und einen weiteren zum Waffenschmied – den einen brauchte ich, um überhaupt in erträglicher Weise in meine Stiefel schlüpfen zu können, den anderen, um mir ein schwer abgenutztes Kurzschwert zu beschaffen. Und damit stand die so oder so magere Notfallbörse, die ich ganz unten unter meinen Vorräten gelagert hatte, endgültig am Rande des Verhungerns.
    Wieder eine halbe Stunde später bahnte ich mir einen Weg durch drangvolle Straßen und über den Kanatheahügel zurück zu den Alten Stallungen und hoffte, dass die enorme Rauchfahne, die ich vor mir aufsteigen sah, nicht aus meinem ehemaligen Kerker stammte. Dann endlich war ich nahe genug, um das Feuer zu sehen.
    Es war nicht der Kerker.
    Es war das ganze verdammte Viertel.

7
    D er von der See hereinkommende Wind hatte die Flammen zu einem alles verzehrenden Wahnsinn aufgepeitscht. Die ganze Nachbarschaft war verloren, und ich hatte eine verdammt gute Vorstellung davon, wo dieses Feuer begonnen hatte, und fluchte erbittert. Zufällig aufflammende Brände breiteten sich nicht so aus, nicht in guten Wohngegenden, wo man sich Antifeuerbanne bester Qualität leisten konnte. Auch nicht bei solch einem Wind.
    Also war dies das Werk eines Aschmannes. Loks geheimnisvoller Boss verwischte seine Spuren und Devins gleich mit, auch wenn ich annahm, dass Letzteres nur Zufall war. Devin mochte tief gefallen sein, aber ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass er Aschmann spielen würde. Feuer tötete wahllos. Es so zu benutzen hieße, dass man nicht imstande war, seine Spuren auf saubere Art zu verwischen. Folglich, dass man inkompetent war. Ein im Tempel ausgebildeter Schwertführer würde sich eher selbst die Kehle durchschneiden, als so ein Chaos zu hinterlassen.
    Obwohl ich nicht glaubte, dass es viel bringen würde, zog ich windwärts weiter und suchte mir einen Weg vorbei an dem Wespen-Kordon, der die Leute vom Feuer fernhalten sollte. Die Reihe der Wachmänner in den schwarz-goldenen Uniformen, denen sie ihren Spitznamen verdankten, wehrte eine gemischte Menge ab, vorwiegend Gaffer und Opportunisten, angereichert durch den einen oder anderen besorgten Anwohner. Ich konnte nicht allzu weit in die brennende Gegend vordringen. Zwar wurde der Rauch größtenteils fortgeweht, doch die Hitze zwangmich zur Umkehr, ehe ich mehr als einen Block weit gekommen war.
    »Verdammt, verdammt, verdammt!« Ich wandte mich von den Flammen ab und der nächsten Wand und meinem Schatten zu. »Triss, wie groß ist die Chance, dass wir, wenn wir die Umgebung absuchten, jenseits des Brandgebiets eine Spur von Devin und Zass finden können?«
    Mein Schatten hüpfte und tanzte in dem wilden Spiel von Feuerschein und lichterstickendem Rauch, ganz wie man es von einem normalen Schatten erwarten würde. Die Bewegung verbarg geschickt, was ich als sorgsame Ausschau nach Beobachtern identifizierte. Aber wir waren allein, auch wenn ich nicht wusste, ob das an der guten Arbeit der Wachen lag oder ganz einfach daran, dass außer uns niemand verrückt genug war, so tief in das Brandgebiet vorzudringen. Bald nahm mein Schatten wieder die vertraute Drachenform an. Er sah nervös aus und behielt die Brandherde, die uns am nächsten waren, ständig im Auge – auch ein ganz normales Feuer konnte einen Finsterling verletzen, wenn es nur groß genug war.
    »Tut mir leid, aber das wird heute nichts werden«, sagte Triss. »Es hätte vermutlich nicht einmal funktioniert, wenn wir die Chance gehabt hätten, von der Stelle aus zu starten, an der wir die Spur letzte Nacht entdeckt haben. Aber seit Zass die Steine dort berührt hat, hat die Frühlingssonne schon zu viele Stunden auf sie herabgeschienen.« Er breitete die Schwingen aus, um auch das Feuer um uns herum einzubeziehen. »Hitze und Licht dürften die Spur inzwischen vollends verbrannt haben.«
    »Ich wünschte, du hättest mir schon letzte Nacht gesagt, dass wir die Spur verlieren werden, wenn wir sie nicht gleich verfolgen. Wir hätten ...«
    »Wir hätten was?«, fiel mir Triss ins Wort. »Einen abtrünnigen Schwertführer in der Dunkelheit über die Dächer gejagt, obwohl wir beide verletzt und völlig erschöpft waren? Und daspraktisch unbewaffnet? Jeder Falle ausgeliefert, die Devin in seinem Schlepptau hinterlassen haben dürfte? Während

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