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Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition)

Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition)

Titel: Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly McCullough
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eine höchst unerfreuliche Art, Streitigkeiten beizulegen.
    Ich hatte gerade die Grenze zu den Stolprern erreicht, als ich mir endlich die Frage stellte, wie ich überhaupt in diesen Kerker gekommen war. Und da wurde mir bewusst, dass es vielleicht nicht ganz so schlau war, in den Greifen zurückzukehren, solange ich hierauf keine Antwort hatte. An vorderster Front: Wie hatten die Mitspieler, die mich dorthin verfrachtet hatten, gewusst, wo sie mich finden konnten und was genau sie zu tun hatten, um mich niederzuringen? Mitspieler, die bisher namenlos waren und mich jederzeit erneut gefangen nehmen konnten. Darauf hätte ich vermutlich früher kommen können, und das wäre ich bestimmt auch, wäre ich mehr als nur halb lebendig gewesen oder weniger auf Devin fixiert und auf die Frage, was er mit Maylien anstellen mochte.
    Maylien, verdammt!
    Wenn Devin sie umgebracht hatte, hatte ich keine andere Wahl, als ihn umzubringen. Und die Baronin wahrscheinlich gleich mit. Der Tod war nur durch das Absolute zu tilgen: Gerechtigkeit. Rache. Rückzahlung.
    Ich schüttelte den Kopf. Darüber konnte ich mir morgen Sorgen machen. Jetzt sollte ich mir lieber Gedanken darüber machen, wie ich sicherstellen konnte, dass es für mich ein »Morgen« gab. Als ich also an einer gewissen Gasse vorbeikam, ging ich hinein. Diese Gasse roch nicht ansatzweise so angenehm wie die in den Alten Stallungen, und ich musste mich schwer beherrschen, um nicht darüber nachzudenken, was das für ein Zeug war, das da über meine Füße quoll. Als wir uns den Stolprern genähert hatten, hatte Triss meine Fußsohlen in eine Lage verstärkten Schatten gehüllt, um mich vor Verletzungen zu schützen, aber hier war der Siff knöcheltief.
    Nach etwa fünfzig Metern fand ich die eingestürzte Mauer, die ich in Erinnerung gehabt hatte, und benutzte sie als Leiter, um auf die Dächer zu gelangen. Von dort aus bahnte ich mir langsam einen Weg zu einem alten Wohngebäude mit Klinkerfassade, das vor zwei Jahren ausgebrannt war. Größtenteils handelte es sich um eine gefährliche Ruine, aber einer der alten Türme an der südlichen Ecke hatte das Feuer beinahe intakt überstanden, und dort hatte ich mir eine Notunterkunft eingerichtet.
    Man sollte stets eine Ausweichmöglichkeit haben, nur für den Fall, dass ein Plan fehlschlug, selbst dann, wenn der Plan lediglich beinhaltete, sich zu Tode zu trinken.
    Der Turm war beinahe acht Stockwerke hoch, und die Treppe existierte nicht mehr. Um hineinzugelangen, musste ich dreißig Fuß senkrecht hinaufklettern und anschließend einen Abgrund zu einem leicht verkanteten Fenster überqueren. Dennoch hätte der Turm im Sommer widerrechtliche Bewohner angezogen,wenn ich nicht eine Menge Zeit und Magie darauf verwandt hätte, die Kletterei schlimmer erscheinen zu lassen, als sie war, und dafür zu sorgen, dass der Boden aussah, als wäre er ebenfalls den Flammen zum Opfer gefallen. Im Winter wäre es natürlich eisig kalt und ein absoluter Albtraum, das Gemäuer zu beheizen, und sogar ich hätte gezögert, die Wand hinaufzuklettern, wenn die Klinkersteine von Eis überzogen waren.
    Heute kostete es mich alle Kraft, die ich noch hatte, diesen Weg hinter mich zu bringen, den ich normalerweise im Schlaf bewältigen konnte. Am Ende fiel ich regelrecht durch das Fenster in meine verborgene Zuflucht und krabbelte zu meiner Strohmatte. Ich hatte kaum mehr genug Energie, mich in eine der fadenscheinigen wollenen Pferdedecken zu wickeln, die ich hier gelagert hatte, ehe ich in ein Meer des Schlafes stürzte und in seine tiefsten Tiefen hinabsank.
    Ich hatte böse Träume, und ich erwachte zu früh, doch zu meiner großen Erleichterung. Mir tat alles weh, und ich fühlte mich so steif wie ausgekochtes Leder, war aber offensichtlich ohne ernste Verletzungen davongekommen. Loks Schläger waren wirklich gut in ihrem Metier, und ich war froh, dass sie tot waren, auch wenn diese Befriedigung meine Schmerzen nicht lindern konnte.
    Der Wind hatte mich geweckt, eine kalte Brise, die von der See herbeiwehte und durch die unzähligen Ritzen in dem verfallenen alten Gebäude pfiff. Glücklicherweise brannte die Nachmittagssonne zum Fenster herein, da ich vergessen hatte, die Läden zu schließen, und nahm so dem Wind ein wenig von seiner Schärfe. Ich hatte gute zehn Stunden geschlafen. Ich hätte noch weitere zehn brauchen können, und mein Körper signalisierte mir, mich nicht zu bewegen, aber ich musste dringend pissen.
    Als ich mich von der

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