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Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition)

Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition)

Titel: Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly McCullough
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Strohmatte rollte, blieb der größte Teil des frischen Schorfs an Ort und Stelle, zusammen mit der Decke, an der er klebte, und ich musste mir einen Aufschrei verkneifen.Ein paar Wunden fingen wieder an zu bluten, aber nur mäßig. Das galt sogar für die lange Schnittwunde, die Wiesel auf meinen Rippen hinterlassen hatte und die im Übrigen oberflächlicher aussah, als ich angenommen hatte. Zur Sicherheit würde ich aber Triss bitten, sich für mich zu vergewissern.
    Als ich mich auf die Beine stemmte, kam ich mir vor, als wäre ich neunhundert Jahre alt, aber ich schaffte es und stolperte zu dem Loch im Boden, dort, wo einst die Treppe gewesen war. Ich löste den schmuddeligen Lendenschurz, ließ ihn in die Öffnung fallen und schickte den Inhalt meiner Blase gleich hinterher. Erst jetzt wurde mir bewusst, dass Triss noch keinen Ton von sich gegeben hatte. Ich drehte mich zum Bett um und sah eine dünne Schattenlinie, die sich von mir zu einem ungleichmäßigen Fleck purer Dunkelheit an der Stelle zog, an der ich gelegen hatte.
    Wenn man sich unsere Verbindung wie einen Schwanz vorstellt, sah der Fleck aus wie ein Drache, der die Nase unter einen Flügel gesteckt hatte. Ich trat näher und rief Triss’ Namen. Der Schatten zuckte nicht einmal. Triss schlief tief und fest, und das verriet mir, wie furchtbar der gestrige Tag für ihn gewesen sein musste. In den zwanzig Jahren, die vergangen waren, seit ich mich mit sieben Jahren mit ihm verbunden hatte, hatte er kaum ein Dutzend Mal länger geschlafen als ich, und nur zweimal hatte er weitergeschlafen, als ich das Bett verlassen hatte.
    Ich ließ ihn liegen und ging durch den winzigen Raum zu meinem Vorratslager, einer großen, verkorkten, irdenen Amphore, versiegelt mit magisch behandeltem Wachs. Ich hatte sie speziell zu diesem Zweck aus dem Leergut einer besseren Taverne entwendet. Nichts war besser geeignet, Ratten und anderes Ungeziefer fernzuhalten, jedenfalls nichts, das ähnlich billig zu ergattern war. Im Inneren hatte ich abgenutzte, aber noch tragbare Kleidungsstücke verwahrt, ein paar zerdellte Dolche, ein kleineres Gefäß mit Reis und eine Flasche Kyles. Ich legte einen derDolche an eine Stelle, an der ich ihn mühelos ergreifen konnte, ignorierte die Klamotten und den Reis, öffnete die Whiskeyflasche und nahm einen tiefen Schluck – aus rein medizinischen Gründen.
    Das zumindest redete ich mir ein. Ich sagte mir, der Kyles wäre besser als alles andere dazu geeignet, mir die schlimmsten Auswüchse meiner Sammlung der Qualen und Schmerzen zu nehmen. Ich hatte die Flasche gerade zum dritten Mal angesetzt, als Triss ein nicht eben glücklich klingendes Gackern von sich gab.
    »Findest du nicht, dass es dafür noch ein bisschen früh ist?«, fragte er.
    »Das ist Medizin«, sagte ich. »Und es ist Nachmittag.«
    »Aber die Mahlzeit, die du da trinkst, ist dein Frühstück. Ich glaube, das sticht die tatsächliche Uhrzeit, meinst du nicht?« Er legte den Kopf auf die Seite, und ich konnte mich des Eindrucks nicht erwehren, dass er mich tadelnd anstarrte. »Besonders, wenn man bedenkt, was für einen Tag wir vor uns haben. Oder hast du Maylien schon wieder vergessen?«
    Hatte ich nicht, nicht ganz, trotzdem hatte er recht. Seufzend nahm ich einen letzten Schluck, verkorkte die Flasche und stellte sie weg. Manchmal ist es eine Pest, ein externes Gewissen zu haben, umso mehr eines, das einfach nicht die Klappe halten wollte.
    »Besser«, lobte Triss. »Du wirst einen klaren Verstand brauchen, wenn wir Devin finden und uns von Loks Leuten fernhalten wollen.« Als Loks Name fiel, klang er aufgebracht, aber die mörderische Wut der vergangenen Nacht schien sich weit genug gelegt zu haben, dass seine Aufmerksamkeit nun vorwiegend Devin galt.
    »Loks Leute.« Ich schüttelte den Kopf. Ihr Verhalten ergab im Rückblick auch nicht mehr Sinn als zuvor. »Was glaubst du, wer die sind? Und was sie wollen?«
    Triss zuckte mit den Schwingen. »Wer immer die sind, sie wissen für meinen Geschmack viel zu viel über unseresgleichen. Wenn wir das Mädchen gerettet haben, müssen wir sie suchen und sie und ihren Gebieter töten. Diese Sheuthglyphe allein würde reichen, sie zu verdammen, auch ohne den Trick mit dem Todesfunken und diesen Söldnern aus Kadesh. Wir dürfen nicht zulassen, dass sich derartige Kenntnisse verbreiten.«
    Nun war ich es, der mit den Schultern zuckte. »Bei gerade noch vier Schwertführern, abgesehen von Devins Pack, weiß ich nicht, was das

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