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Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition)

Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition)

Titel: Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly McCullough
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sah, wie das Netzwerk der Banne, das ihn umgab, heller wurde und in Bewegung geriet, bereit, in Aktion zu treten. »Das ist ein überaus unerfreulicher Name.«
    Atme, Aral. Um meine juckenden Finger daran zu hindern, nach Messer oder Schwert zu greifen, rollte ich mein Whiskeyglas in den Handflächen hin und her und atmete das satte, rauchige Aroma, das von Wärme und Bewegung freigesetzt wurde, tief ein.
    »Wem sagt Ihr das?« Ich ließ zu, dass meine ausgesprochen reale Nervosität sich auf meine Stimme niederschlug. »Ich wurde unter einem unglücklichen Stern geboren, darum hat mein kleiner Bruder heute einen bescheidenen Laden in Emain Wast, während ich mich tausend Meilen von zu Hause entfernt mit Schmutzarbeit über Wasser halte.« Ich kippte das restliche halbe Glas in einem einzigen Schluck hinunter und schmeckte kaum, was ich trank.
    »Bin in die falschen Kreise geraten«, fuhr ich fort, wissentlich plappernd und nach wie vor nicht bereit, aufzublicken. »Hab angefangen, Arbeiten zu übernehmen, auf die kein Mann stolz sein kann. Dann noch ein Streit wegen einer Frau. Messer. Gewonnen hab ich auch, hab den Burschen beinahe umgebracht. Hat sich herausgestellt, dass er ein Adelsspross war. Als die Häscherkamen, um mich zu holen, bin ich abgehauen und immer weiter gerannt, bis ich an dem verdammten Ozean war.« Vage deutete ich mit der Hand in Richtung des Hafens.
    Ehe ich noch mehr sagen konnte, wandte sich Deem wieder ausgesprochen demonstrativ Fei zu. »Und das ist die Sorte Mensch, mit der Ihr Euch gewöhnlich abgebt?«
    »Meine Aufgabe lässt mir nur selten Gelegenheit, mit den Hochgeborenen im Palast einen gekühlten Wein zu genießen«, entgegnete Fei in säuerlichem Ton. Dann stand sie auf und deutete zur Rückseite des Propellerfischs . »Kommt mit mir. Ich habe eine Nische für uns, in der wir uns ungestört unterhalten können.«
    Als Deem davonspazierte, bedachte mich Fei erneut mit diesem neugierigen Blick, und ich wusste, ich hatte ein zweites Mal nicht gut genug aufgepasst. Vielleicht hatte ich meine Jammergeschichte etwas zu glatt gestaltet, ein bisschen zu leicht mit dem vergleichbar, was ich ihr zuvor erzählt hatte. Ich war so auf Deem fixiert gewesen, dass ich die Qualitäten meines Sekundärpublikums ganz vergessen hatte. Meister Olen hätte mächtig harte Worte für eine Tarngeschichte gefunden, die nicht all meine Zuhörer gleichermaßen überzeugen konnte, und die Tatsache, dass ich sie in aller Eile aus dem Ärmel hatte schütteln müssen, wäre keine Entschuldigung gewesen. Ich hätte daran denken müssen, dass Fei scharfsinnig genug war, um auch Kleinigkeiten wahrzunehmen, beispielsweise, wie gut jemand log.
    In meinem Geschäft ist es oft sehr schwer, so zu tun, als wäre man schlecht bei dem, was man gut beherrschte, und dabei war das häufig von größerer Bedeutung als die umgekehrte Vorgehensweise.
    Doch mir darüber jetzt den Kopf zu zerbrechen wäre, als würde man mit dem Schleifen einer Klinge aufhören, nachdem man die Schneide bereits verhunzt hatte. Ich wartete gerade so lange ab, bis der Vorhang, der den Durchgang zu den abgeschiedenen Sitznischen verdeckte, aufhörte, sich zu bewegen. Dann machte ich ein großes Gewese um den Anblick meiner leeren Flasche, stand auf und ging zur Tür. Ich wollte mehr über Maylien erfahren, aber jetzt war nicht mehr länger die Zeit oder der Ort dafür, und ich glaubte nicht, dass Erk meine Gegenwart allzu sehr vermissen würde. Im Gegenteil, ich war überzeugt, dass ich auf der Liste seiner am wenigsten geschätzten Gäste derzeit weit oben stand, irgendwo zwischen den Kadeshi und Fei, wenn sie mit der Mütze der Stadtwache hereinkam statt mit der Kopfbedeckung eines Schattenhauptmanns.
    Im Grunde lieferte das eine ganz interessante Studie zu Erks Ethik. Zweifellos hätte Erk mich ohne Vorwarnung hängen lassen, hätte Fei Schattengründe für ihre Suche nach der oder dem Verantwortlichen für den Tod der Kadeshi angeführt. Nur die Tatsache, dass das Interesse des Hauptmanns ausschließlich einer offiziellen Angelegenheit im Wachdienst geschuldet war, hatte Erk veranlasst, mich zu warnen. Die Schattenseite, das waren wir. Die Sonnenseite waren die anderen.
    Als ich auf die Straße trat, gähnte die Sonne schon dem Untergang entgegen, also kletterte ich eine nahe Wand empor und sah mich nach einem Plätzchen um, an dem ich mich windgeschützt niederlegen und auf die Dunkelheit warten konnte. Der Prozess veranlasste diverse

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