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Die zerbrochene Krone

Die zerbrochene Krone

Titel: Die zerbrochene Krone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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wirklich Licht. Es warf keine Schatten. Sie hielt inne, um die Szenerie zu beobachten. Niemand derjenigen, die an den nächstgelegenen Feuern kauerten, blickte auch nur auf. Sie waren hieran inzwischen gewöhnt. Ein Dutzend oder mehr Schwestern, doppelt so viele Diener und eine Anzahl Behüter eilten aus dem Tor hervor; sie kehrten mit Nachrichten und Weidenkörben voller Tauben von den Taubenschlägen im gut fünfhundert Meilen südwestlich gelegenen Salidar zurück.
    Sie zerstreuten sich bereits, bevor das Wegetor wieder geschlossen wurde, trugen ihre Lasten zu Sitzenden, zu ihren Ajahs oder in ihre Zelte. In den meisten Nächten wäre Siuan bei ihnen gewesen. Sie traute selten jemand anderem soweit, daß sie ihn bestimmte Nachrichten überbringen ließ, auch wenn diese meist verschlüsselt waren. Manchmal schien es auf der Welt mehr Augen-und-Ohren zu geben als Aes Sedai, obwohl die meisten durch die Umstände ziemlich eingeschränkt waren. Die Mehrheit der Spione für die verschiedenen Ajahs schienen sich bedeckt zu halten, bis sich die ›Schwierigkeiten‹ der Weißen Burg legen würden, und viele der Augen-und-Ohren der einzelnen Schwestern hatten keine Ahnung, wo sich die Frau, der sie dienten, im Moment aufhielt.
    Mehrere der Behüter erkannten Egwene und verbeugten sich sorgfältig und mit der Stola angemessenem Respekt. Schwestern sahen sie vielleicht fragend an, aber der Saal hatte sie zur Amyrlin erhoben, und Gaidin brauchten nicht mehr. Auch einige Diener verbeugten sich oder vollführten Hofknickse. Aber keine der Aes Sedai, die sich von dem Wegetor entfernten, warf auch nur einen Blick in ihre Richtung. Vielleicht bemerkten sie sie nicht. Vielleicht.
    Es war in gewisser Weise einem von Moghediens Talenten zu verdanken, daß überhaupt noch jemand von einem Teil seiner Augen-und-Ohren hörte. Die Schwestern, die die Macht besaßen, Wegetore zu eröffnen, konnten dies, weil sie schon ausreichend lange in Salidar waren. Jenen, die ein Wegetor in sinnvoller Größe weben konnten, war es möglich, fast überallhin Schnell zu Reisen und punktgenau anzukommen. Der Versuch, nach Salidar Schnell zu Reisen, hätte jedoch bedeutet, die Hälfte jeder Nacht damit zu verbringen, das jeweils neue Lager ausfindig zu machen. Egwene hatte von Moghedien eine Möglichkeit erfahren, von einem Ort, den man nicht gut kannte, zu einem Ort, den man gut kannte, zu reisen. Das Gleiten, das langsamer vonstatten ging als das Schnelle Reisen, war keines der verlorenen Talente - niemand hatte jemals davon gehört -, so daß sogar die Bezeichnung Egwene zugeschrieben wurde. Jedermann, der das Schnelle Reisen beherrschte, beherrschte auch das Gleiten, so daß jede Nacht Schwestern nach Salidar Glitten, die die Taubenschläge auf Vögel überprüften, die an den Ort ihrer Geburt zurückgekehrt waren, und dann zurück Reisten.
    Der Anblick hätte sie erfreuen sollen - die aufrührerischen Aes Sedai hatten Talente errungen, die die Weiße Burg für immer verloren geglaubt hatte, und hatten auch noch neue Talente erlernt, und jene Fähigkeiten würden helfen, Elaida den Amyrlin-Sitz zu nehmen, bevor alles vorüber war -, aber anstatt sich zu freuen, empfand Egwene nur Bitterkeit. Es hatte nicht so sehr damit zu tun, brüskiert worden zu sein. Während sie weiterging, wurden die Feuer seltener und schwanden dann ganz. Alles um sie herum lag in den tiefen Schatten der Wagen, von denen die meisten über Eisenringe gespannte Planen aufwiesen, und die Zelte schimmerten fahl im Mondlicht. Jenseits zogen sich die Lagerfeuer des Heeres überall die umgebenden Hügel hinauf - auf den Boden gebrachte Sterne. Die aus Caemlyn spürbare Stille ließ ihren Magen sich verkrampfen, was auch immer alle anderen dachten.
    Am selben Tag, an dem sie Salidar verließen, war eine Nachricht eingetroffen, obwohl Sheriam sich erst vor einigen Tagen die Mühe gemacht hatte, sie ihr zu zeigen, und auch dann nur mit wiederholten Ermahnungen, daß der Inhalt geheimbleiben müßte. Der Saal kannte ihn, aber niemand sonst sollte ihn erfahren. Noch mehr der zehntausend Geheimnisse, die das Lager überschwemmten. Egwene war davon überzeugt, daß sie die Nachricht niemals zu sehen bekommen hätte, wenn sie nicht ständig weiter von Rand gesprochen hätte. Sie konnte sich an jedes sorgfältig gewählte Wort erinnern, das in kleiner Schrift auf sehr dünnem Papier festgehalten war.
    Wir sind in dem Gasthaus, von dem wir gesprochen haben, gut untergebracht, und wir haben

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