Die zerbrochene Puppe: Ein Steampunk-Roman (German Edition)
nachgelassen.
„Naðan!“, rief er aus, als er mich sah. „Meinst du, du bist in der Lage, dich ein wenig auf Vordermann zu bringen?“
„Das kommt ganz darauf an, wofür“, sagte ich mit einem Blick auf Lotte. Domek legte den Arm um meine Schulter.
„Für die Schönsten und Reichsten der Stadt, mein Freund. In Ermangelung einer weiblichen Begleitung habe ich es mir nicht nehmen lassen, dich auf der Gästeliste vermerken zu lassen. Du brauchst angemessene Kleidung und ein paar angemessene Bilder, die du den feinen Herrschaften unter die Nase halten kannst. Dann öffnet sich für dich jede Tür. Ach ja, und ein gründliches Bad, ein Besuch beim Friseur und vielleicht eine Investition in Kölnisch Wasser wären angemessen.“
„Ich … ich werde mein Bestes tun“, sagte ich und begann trotz der Kälte zu schwitzen. „Wann werde ich denn deine Begleitung sein? Und wohin?“
„Die Familie Hoesch feiert die Volljährigkeit der jüngsten Tochter. Ein wahrhaft süßes Kind, das da zur Frau herangereift ist, das kann ich dir sagen. Jeder, der Rang und Namen hat in Æsta, wird gratulieren und mit dem Püppi das Tanzbein schwingen. Und so junge Dinger schwärmen für brotlose Kunst, nicht wahr? Sie heißt Konstanze. Und obgleich du kein Böhme bist, gib dich ruhig ein wenig bohémien, das wird dich umso interessanter machen. Ach ja, und die Feier wird am nächsten Wochenende stattfinden. Sonnabend. Ich werde dich abholen – nein, halt, das ist nicht die richtige Umgebung für Herren wie uns. Triff mich um sechs Uhr abends an der Brücke nach Hohendorf.“
Ich versuchte mir, all die in kürzester Zeit mitgeteilten Informationen zu merken, während Lotte ungeduldig Domeks Hand nahm und mit ihrem roten Mund an seinem Finger lutschte. Diese verdammte Dirne sollte endlich aufhören damit und mich in Frieden lassen!
„Danke, Domek. Bis … bis dann.“
„Du könntest mir viel Spaß wünschen“, grinste er, doch ich wandte mich hastig ab und stürzte die Stiege hinauf in meine Kammer.
„… immer so schüchtern“, hörte ich Lotte noch kichern. Hoffentlich erzählte sie ihm nicht von uns! Ich wurde rot, während ich die Tür schloss – sicherlich, er würde nichts an der Untreue gegenüber Æmelie finden, hatte er doch deutlich gemacht, dass die Heiligkeit der Ehe ihm ganz und gar nicht heilig war. Aber dennoch, ich schämte mich vor ihm für meine Untreue.
Domek hatte Æmelie nur unwesentlich nach mir an der Hochschule kennengelernt, er war einige Jahre älter und hatte in so manchen Türen bereits seine Füße platziert.
Eine Zeitlang hatte ich gedacht, Æmelie würde ihn heiraten wollen, ihren reichen Freund und Gönner. Ich hatte gar nicht gewagt, an sie heranzutreten, bis Æmelie sich schrecklich über seinen Lebenswandel entsetzt hatte. Auf einer Feier im Haus eines Professors hatte er sich betrunken, und irgendeinen Beweis seiner Niederträchtigkeit erbracht, dessen Zeuge Æmelie geworden war. Sie hatte es nie genau in Worte gefasst, doch ich glaube, es hatte etwas mit der Verlobten des verwitweten Professors zu tun.
Domek also war ein Schürzenjäger, und Æmelie suchte jemanden wie mich. Außer, dass ich mit Lotte geschlafen und Æmelie hintergangen hatte. Dennoch hatte Domek nie aufgehört, Æmelie zu unterstützen und ihr zu den wirklich falschen Gelegenheiten unangebrachte Komplimente zu machen. „Ich mag Ihre Schrift, Æmelie. Sie ist so lang und schön wie Ihre Beine“, hatte er einmal gesagt.
Nun konnte ich also hoffen, unter den Reichen Æstas einen Gönner meiner Kunst zu finden – und nicht zuletzt Hinweise auf Æmelies Verbleib. Der Monat neigte sich bedenklich dem Ende zu, ich hatte all mein Geld für einen bereits getragenen Anzug ausgegeben, hatte Mantel und sämtliche andere Kleidungsstücke, die ich von Venedig nach Æsta mitgebracht hatte, reinigen und mich selbst bei einem Friseur auf Vordermann bringen lassen. Nun stand ich – bis auf einige klägliche klimpernde Markstücke in den Taschen völlig blank – bei einem Parfümeur, der die erlesensten Düfte vor mir aufbaute. Es dunkelte bereits, obwohl das meist nur ein Anzeichen für den fortschreitenden Nachmittag war, und ich hatte mich für den Ball angekleidet, Æmelies Zylinder trug ich auf dem Kopf, ich war rasiert und meine braunen Haare waren glatt nach hinten gekämmt. Ich lächelte dem Parfümeur aufmunternd zu.
„Wissen Sie, meine Frau hat mir immer Parfüm gekauft. Es roch sehr gut, doch ich kann sie nicht
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