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Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer

Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer

Titel: Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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antwortete der Diener.
    Das faltige Greisengesicht erhellte sich. »Taramis, mein Sohn! Komm, lass dich umarmen.«
    Die beiden begrüßten sich wie alte Freunde. Taramis spürte nicht einmal Unbehagen, zu lange schon kannte er den Jâr’enischen Tempelbibliothekar. Bei ihm und seinen Büchern hatte er als kleiner Junge manche Stunde damit zugebracht, die Geheimnisse des Lesens und Schreibens zu ergründen.
    Zum zweiten Mal, diesmal jedoch gründlicher, stellte Taramis seine Begleiter vor. Mit Ischáh fing er an.
    »Du kommst mir bekannt vor, Kind«, sagte der Alte.
    Respektvoll neigte sie das Haupt. »Vielleicht habt Ihr meine Schwester gekannt, Herr. Sie lebte mit ihrem Mann und ihrem Sohn auf Jâr’en.«
    »Richtig! Die hübsche Siath ist deine Schwester? Ich hoffe nur, es geht ihr gut.«
    »Leider habe ich seit dem letzten Überfall auf die Heilige Insel nichts mehr von ihr gehört. Wisst Ihr womöglich Näheres?«
    Das großväterliche Lächeln wich aus seinem schmalen Gesicht und ein gequälter Ausdruck breitete sich darauf aus. »Das sollten wir besser nicht hier draußen bereden, meine Lieben. Gehen wir in den Innenhof. Slot wird uns einen Tee kochen. Bei dem, was ich Euch zu berichten habe, wird mir eiskalt.«
    Das friedliche Bild täuschte. Man konnte meinen, unter dem knorrigen Olivenbaum säßen in der Mitte ein Großvater und um ihn herum seine Kinder und Enkel. Eine sehr bunte Nachkommenschaft allerdings. Sie reichte von einem weißhaarigen Zwerg namens Jagur bis zu dem ebenholzschwarzen Hünen Reibun. Liver hatte in einem hochlehnigen Korbsessel Platz genommen, seine Gäste hockten auf würfelartigen Lederpolstern, die Slot eilig herbeigeschleppt hatte. Manche hielten Becher mit dampfendem Tee in den Händen. Taramis hatte dem Bibliothekar seine Geschichte erzählt und dazu auch den Grund seines Besuches auf Ijjím Samúj. Die anderen lauschten gespannt ihrem Gespräch.
    »Hättest du Gaal nur schon früher getötet und die Dagonisier vertrieben!«, seufzte gerade der Alte.
    »Wie meint Ihr das?«
    »Es hat den Anschein, als sei in Komana der Same des Unheils gesät worden, ehe du uns gerettet hast.«
    »Sprecht Ihr von Eglon? Lebesis engsten Vertrauten an der Seite des Antischkönigs zu sehen, ist allerdings eine herbe Enttäuschung für mich gewesen. Wie kann sich ein Priester Gaos dem Götzendienst verschreiben?«
    »Ich fürchte, dieser Mensch ist nicht mehr Herr seiner Sinne. Früher bin ich ihm des Öfteren begegnet, auch nachdem Eli ihn zum Oberpriester von Komana ernannt hatte. Eglon war immer ein Mann, der nach Höherem strebte, aber skrupellos ist er nicht gewesen.«
    »Was wollt Ihr damit sagen?«
    »Er hat in Peor den Feuerkult eingeführt.«
    »Feuerkult? Ihr meint, die Menschenopfer?« Bohan hatte bereits davon gesprochen.
    Liver nickte. »Die sogenannten Erwählten werden zu Ehren des Fischgötzen bei lebendigem Leibe in große Öfen gestoßen. Gleichgültig ob Kind oder Greis, sie verbrennen jeden. Und sie verbrennen viele .«
    »Allmächtiger! Ist das wirklich wahr? So schlimm hatte ich es mir nicht vorgestellt.«
    »Ich wünschte, nicht ich müsste dir diese Nachricht überbringen. Der grauenvolle Frevel geschieht mit Billigung des jungen Königs. Og fördert sogar den Kult.«
    Taramis schloss fest die Augen, um das Schwindelgefühl loszuwerden. Shúria und Ari sind in den Fängen von Teufeln und ich sitze hier und trinke Tee! Er hatte das Gefühl, der idyllische Innenhof verwandle sich in eine Feuersbrunst.
    »Alles in Ordnung mit dir, mein Sohn?«
    Er sah den Bibliothekar wieder an. »Ich muss Shúria und Ari retten.«
    »Das wird dir wenig nützen, solange es niemanden gibt, der diesem Wahnsinn Einhalt gebietet. Wenn Ogs Reich auch weiterhin wie ein bösartiges Geschwür wächst, wird das Gleichgewicht von Berith über kurz oder lang kippen. Dann zerplatzt die ganze Welt wie eine überreife Kirsche. Das wäre auch das Ende von dir und deiner Familie.«
    »Bisher konnte mir niemand sagen, was all die Schollen nach Komana zieht.«
    »Gefühle.«
    »Gefühle?«
    »Meine Quellen sind in dieser Hinsicht ein wenig vage, aber es deutet zumindest viel darauf hin. Offenbar verfügt Eglon über eine sehr seltene Gabe. Er ist wohl ein Lenker. Das heißt, er kann Ängste – nach der Liebe und dem Hass sind dies die stärksten aller Empfindungen – bündeln, um die daraus gewonnene Kraft mit seinem Willen umzudirigieren.«
    »Gao steh uns bei!« Taramis erinnerte sich, einmal etwas

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