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Die Zuckerbäckerin

Die Zuckerbäckerin

Titel: Die Zuckerbäckerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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schon diese kleine Bewegung tat unendlich weh.
    Â»Die Schmerzen …, wie Feuer …, im Gesicht …«
    Im nächsten Augenblick wurde sie von einer heißen Woge erfaßt, die wie ein stürmischer Wind durch ihren Kopf raste. Ein feuerrotes Wirbeln hinter ihren Augen zerfetzte eine innere Wand ihres Schädels, gleichzeitig war ihr, als lösten sich kleine Teile in ihrem Kopf. Sie hörte sich laut schreien, wie ein tödlich verwundetes Tier. Wieder wurde sie ohnmächtig vor Schmerzen.
    Immer wieder kam sie zu Bewußtsein, doch nur, um es kurze Zeit später wieder zu verlieren. War es Tag? War es Nacht? Nichts machte mehr einen Sinn. Ständig spürte sie, daß Menschen etwas mit ihr taten: sie umbetteten, ihre Stirn mit feuchten Tüchern abrieben, wohltuend kühle Lappen mit einer scharf riechenden Flüssigkeit auf ihre Unterarme legten. Sie nahm wahr, daß die Menschen sich bemühten, leise zu reden. Dennoch vermischte sich das Stimmenwirrwarr in ihren Ohren zu einem einzigen, lauten Getöse. Immer wieder versuchte sie, sich ihnen mitzuteilen. Ihr Mund war schon ganz trocken vor lauter Reden, dochniemand reagierte auf ihre Worte. Es war, als befänden sie sich in verschiedenen Welten.
    Zwischendurch war ihr, als sehe sie sich selbst im Bett liegend, von oben, wie mit den Augen einer anderen Person. Quer über ihre Brust verlief ein Riß, wie eine Wunde. Konnte denn niemand sehen, daß ihr Herz gebrochen war? Warum nur tat niemand etwas, um die weit auseinanderklaffende Wunde wieder zu schließen? Dann kamen die Erinnerungen zurück. Das schreckliche Bild, dessen sie in Scharnhausen ansichtig geworden war. Ihr Entsetzen, ihre absolute Ungläubigkeit selbst noch im Augenblick des Offensichtlichen. Ihre Flucht vor der Wahrheit, hinaus in den strömenden Regen. Weg, nichts wie weg! Wilhelms Rufe, die erstaunten Blicke des Kutschers, seine wüsten Beschimpfungen, als sie an ihm vorbeirannte, anstatt wie ausgemacht wieder bei ihm einzusteigen. Die Kälte.
    Mehr und mehr Menschen standen um ihr Bett herum. Durch die weiße Wand ihrer geschlossenen Lider konnte sie alle erkennen: ihre Söhne, die beiden Prinzessinnen, Milena. Milena, die gute Seele, der große Tränen die Wangen hinabliefen. Wilhelm mit dunklen Augen. Ihre Ärzte. Alle waren versammelt. Drängten sich aneinander wie Schäflein in einer Herde. Der Vergleich gefiel Katharina. Sie lachte. Der Schmerz, der sofort darauf durch ihr Antlitz schoß, war unmenschlich. Sie spürte, daß ihre Lebenskraft immer schwächer wurde. Ein Feuer, dem das Brennholz ausging. Sie wollte so vieles sagen, zu den Kindern, auch zu Wilhelm. Kein Wort kam über ihre Lippen. War etwa schon alles gesagt? Sie konnte es nur hoffen.
    Am 9. Januar 1819 schloß Katharina von Württemberg ihre Augen, um in der nächsten Welt weiterzuleben.

– Epilog –
    Ulm, Württemberg, im Herbst 1820
    Â»Das Gute sowohl in der Natur als im Leben muß seine Reife erreichen, um gut zu sein.«
    K ATHARINA VON W ÜRTTEMBERG

41
    D as Ufer der Donau war mit größeren und kleineren Gruppen von Menschen übersät wie eine Wiese mit bunten Blüten. Morgen war der große Tag. Morgen würde sie losgehen, die lange Reise nach Rußland! Die Aufregung der Menschen war deutlich spürbar.
    Fast alle reisten in Gesellschaft, kaum jemand war alleine unterwegs – geschweige denn als Frau, so wie Eleonore! Trotzdem fühlte sie sich seltsam geborgen. Sie spürte zwar die neugierigen Blicke der Leute, hörte ihre leise getuschelten Fragen, doch verunsichert war sie deswegen nicht. Das Bewußtsein, mit jedem Tag ihrer Reise Leonard ein Stück näher zu kommen, wärmte sie von innen heraus so sehr, daß ihr Strahlen selbst für andere sichtbar war.
    Ja, sie war auf dem Weg nach Rußland. Auf dem Weg in ein neues Leben. Im Grunde genommen war dies schon ihr drittes Leben, ging es ihr durch den Sinn, während sie den Kindern zusah, die sich am seichten Flußufer vergnügten: Die Jahre auf den Straßen Württembergs, unterwegs mit Sonia und Columbina, der Sackgreiferin – das war ihr erstes Leben gewesen, das abrupt von einem Tag auf den anderen geendet hatte. Damals, als Sonia mit ihrem unmöglichen Plan, auf dem Stuttgarter Marktplatz die Bediensteten der königlichen Hofküche zu überfallen, gescheitert war.
    Mit der Arbeit als

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