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Die Zuckerbäckerin

Die Zuckerbäckerin

Titel: Die Zuckerbäckerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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sonst lag, war völlig leer gewesen. Erst als Katharina nach ihrem unvernünftigen Ausflug so krank geworden war, war Niçoise dieser Umstand wieder eingefallen. Seltsam, noch nie war es vorgekommen, daß die Königin sämtliche Korrespondenz hatte erledigen können. Immer waren einige Schreiben übrig geblieben, oder es waren neue hinzugekommen. Wer hatte es so eilig gehabt, die Post der Königin verschwinden zu lassen? Hatte es mit der Neujahrspost der Königin etwas auf sich?
    Mit tränenverschmiertem Gesicht schaute Niçoise auf. »Und was ist, wenn Fräulein von Baur einfach nichts von einem bestimmten Brief wußte?« Sie schaute Eleonore an. »Du hast mir doch auch einen Brief für die Königin übergeben. Und ich hab’ ihn zu den anderen aufs Tablett gelegt, ohne daß Fräulein von Baur etwas davon gemerkt hatte. Vielleicht stand etwas ganz Schreckliches darin?« Mit einem Ruck schob sie den Becher Milch von sich. »Womöglich bist du sogar schuld an ihrem Zustand! Und weil ichden Brief weitergegeben habe, ich gleich mit dazu! Was da drinstand, möchte ich wissen! Los, rede! Jetzt und sofort.«
    Plötzlich waren alle Augen auf Eleonore gerichtet. »Das weiß ich nicht! Ich hab’ ihn doch auch erst kurz vorher bekommen! Es … sollte eine Überraschung werden. Eine Überraschung für Katharina. So etwas Ähnliches wie damals im Herbst, mit den Schiffen auf dem Neckar. Mehr weiß ich auch nicht.«
    Â»Aber von wem du den Brief bekommen hast, wirst du Unschuldslamm doch wohl wissen«, drängte Ludovika.
    Â»Oder hast du ihn am Ende selber geschrieben? Hast womöglich lauter Bosheiten hineingeschrieben, um die Königin zu ärgern?« Feindselig wartete nun auch Sophie auf eine Antwort.
    Eleonore fühlte sich plötzlich wieder wie am Tage ihrer Ankunft im Schloß: ungeliebt, verachtet, jemand, der lediglich einen kurzen Blick auf die heile Welt der anderen erhaschen darf, bevor er davongejagt wird wie ein Dieb.
    Â»Sonia hat ihn mir gegeben … in der Neujahrsnacht«, kam ihre lahme Antwort. Sie wußte natürlich, was sie nun zu erwarten hatte. Und sie konnte es den Frauen nicht verdenken, daß sich ihre ganze Sorge um die Königin nun in Ärger auf Sonia und infolgedessen auch auf sie selbst verwandelte. Böse Beschimpfungen und wüste Anschuldigungen mußte sich Eleonore anhören und versuchte nicht einmal, sie zu entkräften. Seit Niçoise von den vielen Briefen in Katharinas Zimmer berichtet hatte, war ihr der Brief von Sonia nicht mehr aus dem Kopf gegangen. Welch teuflischer Inhalt mochte nur darin gestanden haben? Welch üblen Scherz hatten die Theaterleute mit Katharina getrieben? Wohin hatten sie die Königin im strömenden Regen beordert? Sie schalt sich heftig für ihre Dummheit, für ihr argloses Vertrauen in Sonia. Warum nur hatte sie sich von ihrbenutzen lassen – für welches Schergenspiel auch immer? Heiße Tränen stiegen in Eleonores Augen, schamvoll, hilflos und schuldig.
    So hörte sie zuerst gar nicht, daß erneut ihr Name gerufen wurde, diesmal von einer Männerstimme. Erst als jemand an ihrer Schulter rüttelte, schaute sie auf.
    Es war Johann. »Reiß dich zusammen, Eleonore. Es ist etwas Schlimmes geschehen … Sonia ist tot. Erschlagen aufgefunden worden. Schon am Neujahrstag. Gerade komm’ ich vom Leichenhaus, wo sie seit Tagen liegt.«
    Â»Was sagst du da? Sonia – tot?« Eleonores Tränen versiegten plötzlich. Ihr war, als bliebe gleichzeitig ihr Herz stehen. Die anderen schlugen bestürzt die Hände vor die Münder.
    Johann schüttelte den Kopf. »Purer Zufall war’s, daß ich überhaupt was erfahren hab’!« Er scheuchte Niçoise weg vom Tisch und ließ sich selbst gegenüber Eleonore nieder. Sie schaute ihn nur stumm an.
    Johann atmete tief durch. Daß Eleonore nicht in Weinkrämpfe ausbrach und auch nicht tobte oder schrie, machte die Sache ein wenig leichter für ihn. Trotzdem, ganz wohl war ihm bei Eleonores Teilnahmslosigkeit auch nicht. Schließlich wußte jeder, wie sehr sie ihrer Schwester zugetan war. Vorsichtig versuchte er, der Wahrheit durch die Wahl geeigneter Worte die Härte zu nehmen. »Schon seit Tagen war in der Wirtsstube am grünen Baum, unten am Marktplatz, von nichts anderem mehr die Rede als von der Toten, die sie am

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