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Die Zufalle des Herzens

Die Zufalle des Herzens

Titel: Die Zufalle des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fay Juliette
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Kuss zog sich zu lange hin, so als hätte er sich zwar ausgemalt, wie er den Vorgang beginnen, aber nie darüber nachgedacht, wie er ihn beenden sollte.
    Exfreund Jim war ihr da zu Hilfe gekommen. Er zog Chuck von ihr weg und versuchte, ihm einen Fausthieb zu versetzen, war jedoch so betrunken, dass er den armen Chuck nur zu Boden schubsen konnte. Dann drehte er sich zu Dana um, das Gesicht zu einer schrecklichen Grimasse aus Wut und Tränen verzogen, und schrie: » DU HAST MIR DAS HERZ GEBROCHEN !« Er hatte sich sein limonengrünes Lacoste-Hemd aufgerissen und geheult: »Siehst du? Es ist GEBROCHEN !«
    Den Rest des Abends hatte Dana darauf verwandt, mit ihren Freundinnen darüber zu beraten, ob sie nur für eine Nacht wieder mit Jim zusammen sein sollte, ob sie sich bei Chuck entschuldigen müsste oder Jims Unterhändler treffen sollte, die ganz genauso betrunken waren wie er. Am Ende gingen sie alle nach Hause und sahen sich erst an Thanksgiving wieder, als das Ganze überhaupt keine Rolle mehr spielte. Inzwischen waren sie Collegestudenten. Und erkannten sich selbst oder die anderen kaum noch wieder.
    Dana schielte zu Alder, die immer noch zerknautscht dasaß und durch die Windschutzscheibe starrte, während ihre Tränen allmählich versiegten. »Sollen wir nach Hause fahren?«, fragte Dana im Flüsterton. Alder schüttelte den Kopf. Dana ließ ihre Hand von Alders Schulter hinab aufs Handgelenk gleiten. Dann umfasste sie Alders Hand, und das Mädchen erwiderte den Druck. Sie würden hier weiter ausharren.
    Dana richtete den Blick hinaus auf das Kiefernwäldchen gleich hinter der Parkbucht. Dort standen hölzerne Picknicktische, durch die beginnende Verrottung leicht deformiert. Von Zeit zu Zeit waren sie und Kenneth mit den Kindern hierhergekommen, um Sandwichs zu essen und die Enten zu füttern, die am flachen Ufer des angrenzenden Baches lebten. Kenneth , dachte sie. Er war der Einzige, der mir das Herz gebrochen hat.
    Nach dem Studium hatte sie Freunde gehabt, aber keinen, für den sie wirklich viel empfunden hätte, bis sie Kenneth kennenlernte. Bei ihm stimmte einfach alles: Er war klug, sah gut aus, hatte einen Job und lebte nicht mehr bei seinen Eltern. Er war witzig, aber auch ernsthaft. Ernsthaft im richtigen Moment, zum Beispiel, als sie zweieinhalb Jahre zusammen waren und es, wie ihre Mutter ihr ohne Umschweife gesagt hatte, Zeit war, »Nägel mit Köpfen zu machen«.
    Und so hatten sie geheiratet, ein schönes Haus in einem schönen Vorort bezogen und Kinder bekommen. Dana musste an einen Ausflug denken, den sie vor Jahren hierher gemacht hatten. Morgans rundliches, pausbäckiges Gesicht war sorgenvoll verzogen, weil ihnen das Brot ausgegangen war und einige der Enten noch nicht dran gewesen waren.
    Â»Du hättest einfach mehr mitbringen sollen«, hatte Kenneth Dana angemosert.
    Wen kümmert schon, was du denkst? , war ihre lautlose Erwiderung gewesen.
    Und dann, letzten Januar, hatte er ihr das Herz gebrochen. Sie warf einen flüchtigen Blick auf Alder, die blass und verheult aus hohlen Augen zum Fenster hinausstarrte, und dachte: So schlimm hat es mich aber nicht getroffen .
    Dana war vollkommen entsetzt gewesen, als Kenneth ihre Ehe für beendet erklärt hatte. Aber ihr Herz? War es ihr Herz gewesen oder ihr hübsch geregeltes Leben, das mit einem stumpfen Messer in Stücke gehackt und dann mit sichtbaren Nähten und lose hängenden Fäden hastig wieder zusammengenäht worden war? Alders Schmerz hatte offensichtlich etwas so zutiefst Persönliches, dass er wie die Druckwellen eines Überschallknalls durch ihren Körper zu vibrieren schien.
    Â»Hast du jemals einen Menschen so sehr gehasst?«, flüsterte Alder, die Stimme heiser, als hätte sie vor Kurzem geschrien. »Hattest du je das Gefühl …«
    Â»Verraten worden zu sein?«, ergänzte Dana. »Nein, mein Schatz, das habe ich, glaube ich, nie gehabt. Nicht so wie du offenbar.«
    Â»Nicht mal bei Kenneth?«
    Dana überlegte, wie viel sie erzählen sollte. Alders Schmerz hatte eine Erwachsenendimension, und doch war sie noch ein junges Mädchen. »Na ja«, sagte Dana schließlich, »zwischen uns lief es schon seit einer Weile nicht mehr richtig. Ich war sehr aufgebracht, versteh mich nicht falsch. Aber ich glaube nicht, dass ich mich auch so … angegriffen gefühlt habe wie es bei dir den

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