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Die Zufalle des Herzens

Die Zufalle des Herzens

Titel: Die Zufalle des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fay Juliette
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Anschein hat.«
    In Alders Unterlid sammelten sich wieder Tränen. »Er war mein bester Freund . Der Beste, den ich je hatte.«
    Â»Du hast ihn geliebt.« Dana strich Alder die Haare von den feuchten Wangen. »Und ihm vertraut.«
    Alder schlug die Hände vors Gesicht, als könnte sie jeden Augenblick Teile von sich selbst verlieren, die sie nie zurückbekommen würde. Ihr Weinen war unregelmäßig und klang qualvoll. Sie schaukelte auf dem Sitz vor und zurück. »Ahhh!« , wehklagte sie. »Ahhh!« Es wollte gar nicht aufhören, und das machte Dana Angst. Was, wenn sie einen Nervenzusammenbruch hat? , dachte sie. Während ich hier tatenlos zusehe, wie sie den Verstand verliert?
    Sie ließ ihre Hand auf Alders Arm liegen, ohne zu wissen, ob das weinende Mädchen sie überhaupt wahrnehmen konnte, aber sie wollte sie daran erinnern, dass sie nicht allein war. Wie oft hatte Dana selbst das Gefühl gehabt, zwischen den Kratern irgendeines vergessenen Mondes umherzuwandern, der einen entfernten Planeten umkreiste. Sie musste Alder an die Erde binden, an einen Ort, wo sie geliebt und gebraucht wurde und wo ihr Schmerz jemandem etwas ausmachte, auch wenn es nur eine Tante mit eigenen Problemen war.
    Das Schaukeln wurde langsamer und hörte dann auf; das harte Wehklagen verlor sich allmählich in Schluchzern. Dana schob ihre Hand wieder in Alders Nacken und massierte mit den Fingern sanft die angespannten Muskeln.
    Â»Ach, Liebes«, murmelte sie. »Liebes, liebes Mädchen.«
    Alders Hände glitten von ihrem Gesicht hinab in ihren Schoß. »Ich bin so … verdammt … dumm .«
    Â»Nein, Kleines«, beschwichtigte Dana. »Du bist nur ein Mensch. Uns alle erwischt es manchmal eiskalt.«
    Â»Mich nicht.« Zum ersten Mal sah Alder sie an. »Mir fallen Sachen auf – Dinge, die andere Leute gar nicht wahrnehmen. Connie meint, das ist die Künstlerin in mir, die immer beobachtet.«
    Dana wusste nicht genau, was sie darauf sagen sollte. Gewiss, Alder war sehr einfühlsam. Aber glaubte sie wirklich, in jeder Situation die Wahrheit erkennen zu können?
    Â»So wie Jet«, sagte Alder und fuhr sich mit dem Handrücken unter dem tränennassen Kinn entlang. »Jeder sieht dieses schräge Mädchen mit dem zu dicken Lidstrich, der Schrottkiste von Auto und einer Mutter, die nicht mal so tut , als versuchte sie, Kontakt zu ihr zu halten. Aber innen drin ist sie gut. Und ich glaube, sie wird gute Sachen machen – vielleicht nicht bald, aber irgendwann.«
    Â»Hast du ihr das mal gesagt?«
    Alder zuckte die Schultern und zog die Nase hoch. »Teilweise.« Sie sah zu den Kiefern hinüber. »Man muss vorsichtig sein, wie viel man sagt. Manche Leute schockt das ganz schön.«
    Wie wahr , dachte Dana. Ihre Hand bewegte sich zu Alders Hinterkopf hinauf, wo ihre Finger die Spannung aus dem Schädel des Mädchens herausstrichen. Alder schloss die Augen und atmete normal ein. »Also …«, sagte Dana. »Dieser Verrat von Ethan. Du hast ihn nicht kommen sehen.« Alders Kopfschütteln war so subtil, dass Dana es mehr mit der Hand als mit den Augen wahrnahm. »Und das verschlimmert den Kummer, weil du denkst, du hättest es eigentlich erkennen müssen.« Ein nahezu unmerkliches Nicken von Alder. »Und du willst es niemandem erzählen, weil …?«
    Alders Brustkorb hob sich mit der hereinströmenden Luft, um dann noch tiefer in ihren Körper zu sinken. »Weil Wörter dumm sind. Sie sind wie diese Plastikbuchstaben mit Magneten, die kleine Kinder an den Kühlschrank heften. Wenn ich es ausspreche, ist es, als würde ich versuchen, etwas zu sagen, was man mit Plastik nicht buchstabieren kann.« Sie warf einen Blick zu Dana, um zu sehen, ob sie das verstand. Das tat Dana nicht ganz, nickte aber trotzdem, denn sie wollte, dass Alder weitersprach.
    Â»Nichts zu sagen, hat aber wahrscheinlich auch nicht so gut funktioniert.« Alder seufzte und lenkte ihren Blick hinaus auf die verrottenden Picknicktische. »Er ist in meinen Geschichtsgrundkurs gekommen, da war er nämlich durchgerasselt, als er in der neunten Klasse Pfeiffersches Drüsenfieber hatte. Und ohne den Kurs konnte er seinen Abschluss nicht machen.«
    Sie hatte ihn auf Anhieb gut gefunden, erzählte sie Dana, nicht aus irgendeinem offensichtlichen Grund, den sie hätte nennen können, sondern einfach weil er so

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