Die Zufalle des Herzens
und Alder war dabei, die Arbeitsflächen in der Küche abzuwischen.
»Ãh, weiÃt du was«, sagte Alder mit ahnungsvoll angespannter Miene. »Ich habe meine Mutter angerufen.«
»Wegen deines Autos?«, fragte Dana.
»Nicht speziell.«
»Weswegen dann?«
Alder schrubbte an einem Flecken hart gewordener thailändischer Nudeln herum.
»Alder?«
Das Mädchen warf seiner Tante einen bekümmerten Blick zu.
»Ach so«, sagte Dana. »Meinetwegen.«
Alder zuckte mit bedauernder Miene zusammen. »Ich hab mir nur Sorgen gemacht und wusste nicht, mit wem ich darüber sprechen sollte. Ich hab ja nicht geahnt, dass sie ins Auto steigen und herkommen würde ⦠Aber sie kommt ⦠heute Abend.«
- 37 -
A ls Connies betagter VW -Bus an diesem Abend knatternd wie ein wütender Rasenmäher die StraÃe heraufkam und in die Einfahrt bog, wusste die gesamte Nachbarschaft auf einen Schlag Bescheid. Dana staubte gerade im Esszimmer ab. Gleich nach Alders Ankündigung hatte sie mit dem Putzen angefangen.
»Nicht dass ihr das auffallen würde«, hatte Alder gesagt, als Dana den Staubsauger aus dem Flurschrank zerrte.
»Ich weiÃ.« Dana hatte viel zu oft mitbekommen, wie Connie und ihre Mutter sich über den »katastrophalen Saustall« stritten, mit dem sie Connies Seite des Schlafzimmers meinten, das die beiden Schwestern geteilt hatten. »Was spielt denn das für eine Rolle ?«, hatte Connie dann gemault. »Ich verwüste doch sowieso wieder alles!«
Dana putzte, weil es ein gutes Gefühl war, etwas so ganz und gar Normales zu tun. Für Gäste Ordnung zu schaffen â war das nicht der Grundpfeiler einer zivilisierten Gesellschaft? So, und wo könnte Connie schlafen?
»Bei mir schläft sie nicht!«, sagte Alder. Allerdings war sie bereit, in Morgans Zimmer umzuziehen, damit ihre Mutter die Ausziehcouch im Fernsehzimmer übernehmen könnte. Dana verstaute gerade die Möbelpolitur mit Zitronenaroma unter der Spüle, als Connie mit ihren Holzclogs die Stufen zum Seiteneingang hinaufpolterte.
Sie sah anders aus. Ihr dunkles Haar war gleich unterhalb der Ohren stumpf abgeschnitten und stand seitlich vom Kopf ab wie die Eckpunkte ergrauender Dreiecke. Ihre heiÃgeliebte Batiksteppjacke mit den chinesischen Münzen als Knöpfe hing ihr locker am Körper. Schlaksig war Connie schon immer gewesen, aber jetzt erschien ihr schmales Gesicht fast hager. Dana griff nach der grob gewebten Tasche, die an Connies Schulter hing. »Komm, lass mich die tragen.«
»Immer noch höflich.« Connie lächelte. »Dann geht es dir ja vielleicht doch nicht ganz so schlecht.« Ihr Blick wanderte an Dana vorbei zu Alder, und Dana hatte den Eindruck, dass ihre Schwester sich beherrschte und gegen ihren Hang ankämpfte, sofort zur Sache zu kommen. »Hi«, sagte sie.
»Hi«, sagte Alder.
Lange konnte Connie sich aber nicht zurückhalten. Sie streckte die Hand nach Alders getöntem Haar aus. Das Schwarz war immer weiter herausgewachsen und hatte mehr von ihrem natürlichen Rötlichbraun freigelegt. Connie nahm von den Haarenden eine Strähne und lieà sie langsam auf die Schulter ihrer Tochter herabfallen. »Vielleicht mal schneiden lassen?«, murmelte sie.
»Vielleicht«, sagte Alder.
Wie ein kleiner Vogelschwarm drehten die drei sich gemeinsam um und steuerten auf die Küche zu. Dana hatte Maisbrot gebacken, dazu gab es einen Salat und vegetarisches Chili; der Duft von köchelnden Tomaten, Kreuzkümmel und Cayenne vermittelte ihnen ein Gefühl der Zusammengehörigkeit. Sie bedienten sich gegenseitig, schenkten einander ein, reichten sich die Butter. Allmählich wurden sie wieder zu den Menschen, als die sie einander kannten.
»Dana sagt, du hast neue Freunde?«, meinte Connie zu Alder. »Wie wärâs mit ein paar Einzelheiten?«
»Da gibtâs nichts Besonderes zu erzählen«, sagte Alder.
Dana streckte die Hand aus und schüttelte Alder am Ellbogen. »Jetzt strafst du mich aber Lügen!«
Alder konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. »Dann erzähl duâs ihr.«
»Also, da gibt es den Wilderness Club â¦Â«
»Verstehe.« Connie nickte. »Du brauchtest eine Extradröhnung Natur â¦Â«
»Und dann ist da noch Jet«, unterbrach Dana Connie mit einem warnenden Blick. Alders Lächeln war verschwunden,
Weitere Kostenlose Bücher