Die Zufalle des Herzens
blass und sehr jung. Dana legte Jet die Hände auf die kühlen Wangen. »Sollen wir den Cousin deiner Mom fragen, ob du noch eine Weile bei uns bleiben kannst?«, fragte sie. Die Augen des Mädchens wurden groà und glänzend, und mit einem dumpfen Geräusch lieà sie den Rucksack zu Boden sinken.
Später, als Morgan und Grady im Bett lagen und Jet in der Badewanne saÃ, suchte Alder Dana in ihrem Arbeitszimmer auf, wo sie mit zusammengekniffenen Augen eine Computertabelle betrachtete, die sie erstellt hatte, um ihr Budget zu verfolgen.
»Wie siehtâs aus?«, fragte Alder.
»Sogar etwas besser, als ich gedacht hatte. Nicht viel, aber ich kriegâs hin.«
»Ich wollte mich nur bedanken für Jet und alles. Sie ist gerade ein bisschen durch den Wind.«
»Natürlich ist sie das. Und ich freue mich, wenn sie hierbleibt.« Dana grinste ein wenig. »Aber das wusstest du schon vorher.«
Alder zuckte die Schultern. »Du hast eine Schwäche für Streuner. Du bist so was wie ⦠eine Adoptivmutter.«
»Dazu kann ich nichts sagen. Ich wusste gar nicht so genau, ob ich dich aufnehmen sollte.«
»Oh, bitte. Das war doch so sicher wie das Amen in der Kirche. Du hattest nur keine Lust, es mit Connie aufzunehmen.«
Dana lachte laut auf und drohte ihrer Nichte mit dem Finger. »Alder Garrett, du bist ⦠Ich weià nicht, aber du bist echt eine Marke !«
Alder grinste und lehnte sich an den Schreibtisch an. »Gut, dann habe ich, glaube ich, einen Plan.«
Ein Hauch von Besorgnis regte sich in Danas Brust. »Lass hören«, sagte sie.
»Also, Jets Mom ist für vier Wochen in der Reha, das heiÃt, sie kommt zwei Tage vor Weihnachten raus. In der letzten Woche soll sie Besuch bekommen und so was, und Jet ist ein bisschen, ähm â¦Â«
»Verunsichert.«
»Ja, sie ist total verunsichert. Deshalb hab ich gedacht, ich bleibe hier, bis sie da durch ist.«
»Hast du mit deiner Mutter darüber gesprochen?«
»Ja, sie ist nicht gerade ausgeflippt vor Freude, aber ich habe ziemlich hart verhandelt.«
»Was kriegt sie denn dafür, dass sie dich noch einen Monat länger hierbleiben lässt?«
Alder wickelte sich die Kordel ihrer Kapuze um den Finger. »An Neujahr zu Hause«, sagte sie. »Endgültig. Ohne ScheiÃ.«
»Das klingt nach einem guten Deal.«
»Einem sehr guten sogar.«
Dana seufzte. Die Vorstellung, Alder zu verlieren, war schlimm, aber andererseits war ein ganzer zusätzlicher Monat wirklich mehr, als sie hatte erwarten können. Die Spitze von Alders Finger wurde von der fest darum gewickelten Kapuzenkordel allmählich dunkelrot, und Dana zog an ihrer Hand, um den Blutstau zu lösen. »Sie kann von Glück sagen, dass sie dich hat«, sagte sie zu Alder. »Und ich, dass sie so groÃzügig ist, dich mit mir zu teilen.«
Alder lächelte verlegen. »Ich habe ihr noch nichts von Weihnachten gesagt.«
»Wo wird Weihnachten sein?«
»Hier.«
- 45 -
A ls Dana am Montagmorgen um kurz vor acht zu Arbeit kam, war die schwere Glastür bereits aufgeschlossen. Sie ging hinein und spähte in Tonys Büro. »Hallo«, sagte sie.
Er blickte von den Papieren auf seinem Schreibtisch hoch, und seine Finger legten sich ineinander, als wollten sie dort zwischen den Patientenkarten und Fachzeitschriften irgendein wildes Tier hinter einem Zaun einsperren. »Hallo«, sagte er, jeden Zentimeter von ihr mit den Augen aufnehmend.
»Du bist früh dran.«
»Ich versuche nur, den Schreibkram wegzukriegen«, sagte er leichthin. »Der nimmt inzwischen mehr Zeit in Anspruch als die Patienten.«
»Danke noch mal, dass du mir am Samstag geholfen hast. Du hättest Gradys Gesicht sehen sollen.«
»Ja?«
»âºDu warst auf dem Dach ? Von meiner Schule ? Mit einer Leiter ?â¹ Als wäre ich zu Fuà zum Polarkreis gegangen.«
Tony lächelte, und sie sah, wie die glatte Haut um seine Augen sich in perfekte kleine Falten legte. »Diese Geschichte wird er für den Rest seines Lebens erzählen.«
Der Gedanke gefiel ihr. Bald darauf begann ihre beiderseitige Freude sich albern anzufühlen, und sie sagte: »Ich glaube, ich geh jetzt mal wieder an die Arbeit.«
»Okey-doke.« Er wandte sich wieder seinen Papieren zu.
»Okey-doke«? , dachte sie, als sie ihren Computer hochfahren lieÃ. Das klang
Weitere Kostenlose Bücher