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Die Zuflucht

Die Zuflucht

Titel: Die Zuflucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Aguirre
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drängte.
    Â» Mach langsamer«, sagte Tegan. » So hältst du nicht lange durch.«
    Ich schüttelte nur den Kopf und sah die Sekunden dahinjagen wie die Zeiger auf Bleichs Uhr. Er hatte sie mir geliehen, wenn ich Unten Wache hielt, während er schlief, und ich hatte ihr Ticken auf meiner Haut gefühlt. Jetzt spürte ich es wieder.
    Â» Ich freu mich schon drauf, heute Abend endlich meine Frau in die Arme zu schließen«, sagte eine der Wachen.
    Â» Ist lange her«, stimmte ein anderer zu, aber es klang, als würden sie selbst nicht daran glauben.
    Ich arbeitete noch schneller, wie im Fieber. Wir würden es nie und nimmer an einem einzigen Tag schaffen, egal wie sehr ich es mir auch wünschte.
    Als es dunkel wurde, kehrten die voll beladenen Wagen mit den Pflanzern nach Erlösung zurück. Ich war nicht für die Eskorte eingeteilt worden und lief ruhelos im Lager auf und ab. Nach einer Weile kam Draufgänger zu mir und lud mich an sein Feuer ein. Er machte das manchmal, um Leuten, die sich besonders hervorgetan hatten, seine Wertschätzung zu erweisen. Aber ich bezweifelte, dass das auch bei mir der Fall war.
    Â» Du verausgabst dich«, sagte er, » und du machst die anderen nervös. Möchtest du lieber zu deinen Freunden nach Erlösung?«
    Â» Würdest du das denen hier auch anbieten?«, fragte ich scharf und deutete mit dem Kinn auf die Wachen, die um eine zweite Feuerstelle saßen.
    Â» Nein«, gestand er geradeheraus. » Aber du bist auch noch kein erwachsener Mann, sosehr du es dir auch zu wünschen scheinst.«
    Ich starrte ihn entgeistert an. » Ich will kein Mann sein.«
    Â» Bist du sicher?«
    Â» Absolut. Ich weiß, dass die Leute in Erlösung mich für seltsam halten, aber ich bin eine gute Jägerin.«
    Â» Ich habe nie das Gegenteil behauptet.« Ohne zu fragen, reichte er mir einen Teller mit Bohnen und gebratenem Fleisch. Dem Geschmack nach war es Reh, wahrscheinlich von der letzten Jagd.
    Eigentlich war ich zu angespannt, um etwas zu essen, aber ich schaufelte es trotzdem in mich hinein. Mein Körper brauchte Kraft, und dafür brauchte er Nahrung. Meine Kameraden würden den Preis bezahlen, wenn ich zu schwach wurde. Unter den gegebenen Umständen mussten wir alles in die Waagschale werfen, was wir hatten.
    Â» Wie lange wird es noch dauern?«, fragte ich.
    Â» Zwei Tage, dann müssten wir fertig sein. Den Rest der Ernte müssen wir auf den Feldern verfaulen lassen. Die Pflanzen sind noch nicht so weit.«
    Â» Wird es für den Winter reichen?«
    Draufgänger zuckte die Achseln. » Wir werden den Gürtel etwas enger schnallen müssen, aber ich schätze, es wird auch niemand Hunger leiden. Manche von uns könnten ohnehin ein paar Kilo weniger vertragen.«
    Â» Du bist immer so freundlich zu mir. Und das, soweit ich es beurteilen kann, ohne dass ich es verdient hätte. Warum?«
    Er schwieg eine ganze Weile und blickte hinaus in die Dunkelheit. Dann lächelte er mich unvermittelt an. » Ich habe dich hierhergebracht. Du bist wie ein Familienmitglied.«
    Ausgerechnet ich. Unten hatte es keine Familien gegeben, nur eine große Gemeinschaft. Hier hatte ich meine Pflegeeltern und Draufgänger… während Bleich vollkommen allein war. Es schien alles so ungerecht. Er war es, der jemanden brauchte, der ihn liebte, denn die Menschen, die es einst getan hatten, hatte er verloren. Aber vielleicht konnte ich seinen Verlust lindern. Vielleicht war mein Herz stark genug, seine Wunden zu heilen. Daran hielt ich mich fest, genauso wie ich unerschütterlich daran geglaubt hatte, dass Bleich noch am Leben war.
    Â» Hast du mich deshalb zu Oma Oaks geschickt? Weil du wusstest, dass sie mich aufnehmen würde wie ihre eigene Tochter?«
    Er neigte den Kopf. » Ja. Das habe ich zumindest gehofft. Mir schien, du könntest etwas Nestwärme gebrauchen.«
    In diesem Moment wusste ich, dass auch er mich auf seine Weise liebte. Nur deshalb hatte er meine nächtlichen Besuche auf dem Wachturm ertragen. Wärme stieg in mir auf und überstrahlte für einen Moment allen Schmerz und alle Ungewissheit. Es war, als würde allein Draufgängers Gegenwart die Anspannung von mir nehmen– was wahrscheinlich auch der Grund war, weshalb er mich zu sich gebeten hatte. Ich spürte, wie meine Muskeln sich entspannten, und das nicht nur wegen der Hitze des Feuers, das zu

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