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Die Zuflucht

Die Zuflucht

Titel: Die Zuflucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Aguirre
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Katastrophe zu verhindern.
    Also erhob ich mich ebenfalls. » Wie lange dauert es noch, bis die Feldfrüchte so weit sind?«
    Â» Ich habe nicht die geringste Ahnung, und es spielt auch keine Rolle. Wir nehmen mit, so viel wir können, und dann nichts wie weg hier. Kümmere dich um deinen Jungen, in Ordnung?« Draufgänger murmelte noch irgendetwas davon, dass er einen Boten nach Erlösung schicken würde, dann verschwand er.
    Â» Gehen wir zu deinem Zelt«, sagte ich, so sanft ich konnte. » Damit wir deine Wunden reinigen können. Ich…«
    Â» Nein.«
    Er wies mich einfach so zurück. Ich verstand die Welt nicht mehr. Ich hatte ihn schon einmal versorgt, als er sich von Oma Oaks nicht berühren lassen wollte.
    Â» Liegt es daran, dass du nicht zurück in dein Zelt willst?« Zu spät fielen mir die Blutflecken auf den Decken wieder ein. Ob jemand sie weggemacht hatte? » Dann gehen wir eben in meins. Aber jemand muss sich um deine Verletzungen kümmern, so oder so.«
    Er legte die Stirn in seine Hände. Sie war die einzige Stelle auf seinem Gesicht, an der er keine Schmerzen hatte. » Ich werde mich selbst um sie kümmern. Lass mich einfach allein. Bitte.«
    Â» Bleich…«
    Â» Lass mich allein«, wiederholte er ruhig, und ich wusste, er meinte es ernst.
    Um die Dinge nicht noch schlimmer zu machen, tat ich, worum er mich gebeten hatte. Draußen standen die Wachen auf ihrem Posten oder spielten Karten. Ich sah keinen Hinweis, dass sie wussten, in welcher Gefahr sie schwebten. Also hatte unser Kommandant beschlossen, ihnen nichts von der jüngsten Entwicklung zu erzählen. Eine kluge, wenn auch rücksichtslose Entscheidung, aber es war die einzig mögliche. Falls diese Männer Wind von unserer verzweifelten Lage bekamen, würden die meisten von ihnen die Flucht ergreifen, ohne sich einen Dreck darum zu scheren, was aus der Ernte wurde. Am nächsten Tag könnten die Pflanzer dann alleine zusehen, wie sie es lebend zu den Feldern und wieder zurück schafften.
    Mir war nicht danach, mit jemandem zu sprechen, und ich war zu müde, um irgendwelche Arbeiten zu erledigen, also holte ich mir einen Eimer Wasser und verkroch mich in meinem Zelt. Bleich wollte meine Hilfe nicht, und ich musste mich dringend waschen. Der Schnitt auf meinem Bauch war angeschwollen und brannte. Ich machte ihn mit Seife sauber, trocknete ihn ab und rieb Salbe hinein. Mit meinem Haar konnte ich nichts anderes tun, als es in den Eimer zu tauchen und zu einem Zopf zusammenzubinden, damit mir die verdreckten Strähnen wenigstens nicht mehr ins Gesicht hingen.
    Ich hatte kein Verbandszeug mehr für meine Bauchwunde und zog meine letzte Wechseluniform an, damit sie zumindest einigermaßen sauber blieb. Der Schnitt war zwar nicht besonders tief, trotzdem würde eine Narbe zurückbleiben, ein weiterer Beweis meiner Tapferkeit. So hätte ich früher zumindest gedacht, weil ich es Unten so gelernt hatte. Aber vielleicht war auch das Unsinn wie so vieles, was sie mir in der Enklave beigebracht hatten. Vielleicht machte eine Narbe eine Frau einfach nur hässlicher.
    Ich drehte meine Decke auf die halbwegs saubere Seite und legte mich hin, konnte aber nicht schlafen. Zu viele unbeantwortete Fragen gingen mir durch den Kopf, und ich vermisste Bleich so sehr, dass ich am liebsten geschrien hätte. Stumme Tränen stiegen mir in die Augen und rollten über meine Wangen. Dabei hätte doch alles gut sein sollen, denn ich hatte ihn wieder.
    Als es dunkel wurde, schlüpfte Pirscher in mein Zelt. Ich hatte nicht die Kraft, ihn anzubrüllen. Außerdem gab es hier keine Anstandsregeln, die einen Besuch verboten. Oft genug war er in Erlösung an meinem Fenster gewesen, und die Zeit, in der ich Angst haben musste, er könnte etwas tun, das ich nicht wollte, war längst vorüber.
    Â» Ist hier ein Platz für mich frei?«
    Ich nickte und rutschte ein Stück zur Seite. » Wie geht es deinem Bein?«
    Â» Es tut weh. Aber wenn ich es eine Zeit lang schone, wird es bald verheilt sein.« Hoffte er zumindest. » Ich habe dir gesagt, ich würde ihn für dich finden.«
    Â» Danke. Ohne dich hätte ich es nie geschafft.«
    Das war keine Übertreibung. Ich hatte nicht seine Erfahrung. Pirscher hatte vorgeschlagen, entlang des Seeufers nach Spuren zu suchen. Ich selbst wäre nie auf die Idee gekommen. Ich war Jägerin, keine

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