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Die Zuflucht

Die Zuflucht

Titel: Die Zuflucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Aguirre
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sind Menschen. Wir sind nur anders als die Bewohner von Erlösung.«
    In Mrs. James’ Augen waren wir zwei so nutzlos wie ein Sack fauler Kartoffeln. Einmal hatte sie Pirscher sogar mit genau diesen Worten beschrieben. Er war mitten im Unterricht eingeschlafen, und sie wollte ihn mit einer Rute maßregeln. Aber noch bevor sie wusste, wie ihr geschah, hatte er sie bereits entwaffnet. Blass und zitternd hatte sie dagestanden, während Pirscher ihr ins Ohr flüsterte: » An Ihrer Stelle würde ich das nicht noch mal versuchen.«
    Seitdem fürchtete Mrs. James sich vor Pirscher, und sie hasste ihn, weil er sie vor allen bloßgestellt hatte. Manche der Jungs beobachteten Pirscher heimlich und versuchten, sich so zu bewegen wie er. Auch die Mädchen beäugten ihn, wenn sie glaubten, er würde es nicht sehen. Aber Pirscher sah alles, und für ihn waren die meisten Bewohner von Erlösung nichts weiter als ein nutzloser Haufen Zeuger.
    Ich stand auf und packte die Reste meines Essens zusammen. In der Zeit, die mir noch blieb, wollte ich ein paar Runden um das Schulhaus laufen. Das würde mir zwar fragende Blicke von den anderen einbringen, aber ich wollte nicht meine ganze Kraft und Ausdauer verlieren. Bei der vierten Runde standen zwei Jungs auf, die mich die ganze Zeit beobachtet hatten. In der Schule machten sie sich über jeden lustig, der anders war. Die Mädchen flüsterten Gemeinheiten oder lachten, aber die Jungen zeigten ihre Abneigung auf direktere Art. Sie stießen einander mit den Ellbogen an, um sich Mut zu machen, dann liefen sie mir hinterher.
    Ich blieb stehen. » Braucht ihr irgendwas von mir?«
    Â» Kommt drauf an. Hat Mrs. James schon ein Gegenmittel für deine Dummheit gefunden?«
    Der Größere schubste seinen Freund in meine Richtung. » Pass auf, vielleicht ist es ansteckend.«
    Â» Ich hab gehört, du pinkelst im Stehen«, sagte der Kleinere.
    Sein Kumpan machte ein seltsames Geräusch, eine Kombination aus einem Schnauben und einem Kichern, als hätte sein Freund etwas Schlimmes und gleichzeitig unglaublich Lustiges gesagt. Dann wurden beide rot.
    Von mir schienen sie das Gleiche zu erwarten, aber ich schaute sie nur an, bis sie nervös von einem Fuß auf den anderen traten.
    Â» Warum rennst du um die Schule?«, fragte der Kleinere schließlich. » Fällt dir nichts Besseres ein?«
    Â» Wahrscheinlich glaubt sie, sie wird verfolgt«, flüsterte der andere.
    Ich hatte es so satt, diese überheblichen, verzogenen Bälger, die so taten, als wäre ich diejenige, die nicht ganz richtig war. Die beiden hatten eine Lektion verdient, aber wenn ich sie ihnen erteilte, würde ich Ärger bekommen. Irgendwie schaffte ich es, mich zurückzuhalten; dann hörte ich, wie jemand von hinten herankam.
    Â» Das reicht jetzt«, sagte Bleich.
    Er redete kein Wort mit mir, und trotzdem trat er als mein Beschützer auf. Drei Worte von ihm genügten, um die Kerle zu verscheuchen. Ich hätte dazu meine Fäuste gebraucht, und das machte mich noch zorniger. Schon zweimal war ich wegen einer Schlägerei zu Oma Oaks geschickt worden mit dem Hinweis, beim nächsten Mal würde man mich auspeitschen. Dabei tat ich diesen Bälgern nie etwas zuleide. Sie waren es, die mich nicht in Ruhe ließen. Leider wollte das nicht in Mrs. James’ Kopf. Für sie war ich die Aufrührerin und würde es immer bleiben.
    Â» Danke.« Ich blickte zu Boden und schob mich an Bleich vorbei. Ich wollte nicht, dass er die Überraschung und vor allem die Sehnsucht in meinen Augen sah.
    Noch bevor er etwas erwidern konnte– falls er es überhaupt vorgehabt hatte–, kam Mrs. James heraus und scheuchte uns nach drinnen. Zum Glück war das Schuljahr fast vorüber. Ich war sicher, die Lehrerin hätte Wege gefunden, mich für die restlichen Monate zu quälen, wie es außer ihr wahrscheinlich nur Seide gekonnt hätte. Aber das spielte keine Rolle. Ich wusste, wer ich war und was ich geleistet hatte. Eine Jägerin brauchte die Anerkennung dieser Unwissenden nicht.
    Ich fuhr über die Narben auf meinen Armen, als müsste ich mich versichern, dass ich sie nicht nur geträumt hatte. Die Menschen hier hatten mir das Leben gerettet, und gleichzeitig sperrten sie mich in einen Käfig, in dem ich nicht ich selbst sein durfte. Es hatte einmal eine Zeit gegeben, da war ich Teil einer Gemeinschaft

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