Die Zuflucht
gewesenâ ein wertvoller Teil, und vielleicht würde es eines Tages wieder so sein.
Irgendwo, irgendwann.
GEHEIMNISSE
Nach der Schule ging ich zu Oma Oaks, die gerade mit Kochen beschäftigt war. Die Küche war mit schimmerndem Holz ausgekleidet, hübsche Vorhänge mit Spitzen daran hingen vor den Fenstern, Löffel und Töpfe baumelten von Haken, Schränke und Regale waren voll mit Essen. Wir setzten uns an den Tisch, und sie fragte mich nach meinem Tag. Anfangs fand ich es ein eigenartiges Ritual, aber Oma Oaks war fest entschlossen, mir eine gute Ziehmutter zu sein. Andererseits hatte ich nie eine Mutter gehabt und wusste nicht recht, was ich mit ihrer Aufmerksamkeit anfangen sollte. AuÃerdem würde die Wahrheit â dass die anderen mich ständig ärgerten und ich den Unterricht hasste â sie nur unglücklich machen, also sagte ich jedes Mal: » War ganz in Ordnung.«
» Nur in Ordnung?«
Ich wusste nicht, was sie von mir erwartete. Sollte ich mich tatsächlich bei ihr beschweren? Unten hätte ich dafür nur eine Ohrfeige bekommen. Doch die Frage fühlte sich an wie ein Test, und ich wollte ihn bestehen. » Mrs. James meckert dauernd an mir herum.«
» Störst du im Unterricht?«
Was soll das denn bedeuten?
» Ich passe nur nicht immer auf, wie sie es gerne hätte. Vor allem in Geschichte.«
Sie runzelte die Stirn. » Nach allem, was du in Gotham erlebt hast, müssen dir die Geschichtsstunden ziemlich langweilig vorkommen.«
Ich nickte und wandte mich dem Käsebrot zu, das sie für mich hergerichtet hatte. Mehrmals am Tag essen zu können war das Beste an Erlösung. Es gab Frühstück, Mittagessen, eine Zwischenmahlzeit und dann auch noch Abendessen, und jede Mahlzeit bestand aus deutlich mehr als nur einem Fetzen Fleisch und ein paar Pilzen. Kein Wunder, dass alle hier so gesund aussahen. Erlösung war unglaublich reich, und das viele gute Essen lieà mich all die Einschränkungen manchmal beinahe vergessen.
» Nun ja, nicht jeder ist zum Professor geboren«, sprach sie weiter.
» Wollten Sie einmal einer werden?«
Ihre Antwort überraschte mich. » Ich bin mit sechzehn von meinen Eltern ausgezogen und habe Edmund geheiratet. Ich kann hervorragend nähen und ganz gut kochen, aber Bücher waren nie etwas für mich.«
» Für mich auch nicht«, murmelte ich und stand auf. » Darf ich Tegan besuchen?«
Sie lächelte. Anscheinend war sie froh, nicht den ganzen Nachmittag lang mein säuerliches Gesicht beim Nähen ertragen zu müssen. » Natürlich, Zwei. Aber sei bis zum Abendessen wieder da.«
Anfangs hatte sie mich nicht so genannt. Zwei war kein Name für ein Mädchen, zumindest keiner, den sie kannte. Aber als ich ihr die mit Blut befleckte Karte zeigte und ihr die Bedeutung erklärte, hörte sie auf, mich zu drängen, mir einen neuen Namen auszudenken.
Ich spielte mit dem Kärtchen in meiner Rocktasche, einem Erinnerungsstück an die Enklave und die Namensgebungszeremonie, auf der ich meine Narben erhalten hatte. » Werde ich. Danke.«
Dann rannte ich zur Tür und lief zum Haus des Doktors. Tegan war gerade im Behandlungszimmer und reinigte die Instrumente, als ich ankam.
Sie lächelte, widmete sich aber weiter ihrer Arbeit.
Wortlos stellte ich mich neben sie und half ihr. Saubermachen war keine schwierige, aber eine sehr wichtige Aufgabe, vor allem in dem Beruf ihres Pflegevaters.
Als wir fertig waren, fragte Tegan: » Was führt dich hierher?«
» Ich wollte ein bisschen reden«, erwiderte ich.
» Worüber?«
» Wie sich die Dinge bei dir entwickelt haben.« Ich hätte etwas taktvoller fragen können, aber ich fühlte mich verantwortlich für sie. Immerhin war ich es gewesen, die sie aus den Ruinen gerettet und hierhergebracht hatte. Ich hatte ihr eine Waffe gegeben, und sie war im Kampf verletzt worden, wäre beinahe gestorben, weil ich sie nicht richtig unterrichtet hatte. Eine Keule in der Hand machte noch keine Jägerin.
» Du willst also wissen, wieâs mir geht.« Ihre Augen blitzten belustigt. » Das ist süà von dir.«
» Kümmern sich die Tuttles genügend um dich?«
» Sie sind wunderbar. Doc zu helfen gibt mir das Gefühl, einen wichtigen Beitrag zu leisten, eine Daseinsberechtigung zu haben.«
» Die hast du.« Ich hatte nie daran gezweifelt.
»
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