Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zuflucht

Die Zuflucht

Titel: Die Zuflucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Aguirre
Vom Netzwerk:
ein Kräutergarten, der übersät war mit rosa- und orangefarbenen Blüten. Bestimmt bauten sie auch Gemüse an. Die große Wiese dahinter kannte ich bereits von Justines Fest.
    Â» Ich wollte mich freiwillig melden«, sagte Zach schließlich, » aber meine Mutter hat es mir verboten.«
    Hätte sie es nicht getan, wäre er jetzt wahrscheinlich nicht hier. So wenige hatten überlebt. Der Anblick des blutigen Schlachtfelds hatte sich tief in mein Gedächtnis eingegraben. Er brannte wie Salz in einer frischen Wunde. Ich brachte es nicht fertig, Zach zu seinem Heldenmut zu beglückwünschen. Die Wahrheit war zu nüchtern und brutal.
    Â» Es ist besser, dass du es nicht getan hast«, krächzte ich und dachte an Draufgänger.
    Â» Hast du viele Stummies getötet?«
    Viel zu viele . Es fühlte sich nicht mehr an wie eine Heldentat, sondern nur noch wie etwas Unvermeidliches.
    Â» So viele, wie ich musste«, antwortete ich. » Und deine Nachricht kam gerade rechtzeitig. Wärst du nicht gewesen, hätte kein Einziger von uns überlebt.« Vor meinem inneren Auge sah ich die wilden Horden auf uns zustürmen, Welle um Welle. Nur eine Minute länger, und sie hätten uns einfach überrannt. Es war eine eigenartige Vorstellung, dass ich Zachariah Bigwater mein Leben verdankte.
    Â» Danke«, fügte ich hinzu.
    Â» Hm.« Er schien nachdenklich und irgendwie unangenehm berührt. Ob aus Trauer oder Schmerz oder wegen meiner Dankbarkeit ihm gegenüber, konnte ich nicht sagen. » Lassen wir meinen Vater nicht länger warten«, erklärte er schließlich.
    Beim letzten Mal hatte ich das Haus nicht betreten, und es war ein eigenartiges Gefühl, die Treppe hinaufzugehen. Es war viel vornehmer als das Heim meiner Pflegeeltern; überall standen Dinge, die keinem bestimmten Zweck dienten, sondern nur Zierde waren. Noch nie hatte ich so viel Glas gesehen, und ich fühlte mich unwohl. Zu leicht konnte man hier drinnen etwas kaputt machen. Zach führte mich durch das Wohnzimmer und über den angrenzenden Flur in einen kleineren Raum zur Linken. Mit dem dunklen Schreibtisch, zwei Stühlen und einem riesigen Bücherregal sah er sogar einigermaßen gemütlich aus. Bleich würde sie alle lesen wollen, dachte ich, und der Gedanke an ihn versetzte mir einen Stich.
    Elder Bigwater stand auf, und ich ging ihm entgegen, um ihm die Hand zu schütteln, wie es sich gehörte.
    Â» Du bist eine ungewöhnliche junge Frau«, sagte er.
    Ich blickte unsicher zwischen ihm und Zachariah hin und her. Hatte ich schon wieder etwas falsch gemacht?
    Â» Männer schütteln einander die Hände«, erklärte Zach. » Frauen machen einen Knicks.«
    Ich hatte keine Ahnung, was ein Knicks war, also konnte ich auch keinen machen. Manchmal hielten mich die Leute für dumm oder zurückgeblieben, weil ich all die Regeln nicht kannte, die für sie selbstverständlich waren. Wahrscheinlich war es Bleich genauso ergangen, als er neu in College gewesen war.
    Â» Könnten Sie mir sagen, warum Sie mich sehen wollten?«, fragte ich, um die Angelegenheit endlich hinter mich zu bringen.
    Elder neigte den Kopf. » Selbstverständlich. Zach?«
    Zachariah verließ das Zimmer, und Elder bedeutete mir mit einer stummen Geste, vor seinem Schreibtisch Platz zu nehmen.
    Ich gehorchte und fragte mich, warum mir so mulmig zumute war. Würde ich Ärger bekommen? Während des Sommers hatte ich mich des Öfteren meinen Anweisungen widersetzt, und vielleicht hatte Draufgänger das in den Nachrichten erwähnt, die er nach Erlösung geschickt hatte. Wahrscheinlich nicht, dachte ich. Wenn er etwas mit mir zu klären gehabt hätte, hätte er es persönlich getan, statt einen Boten zum Stadtvorsteher zu schicken. Das war nicht Draufgängers Art.
    Â» Sir?«
    Â» Als Erstes möchte ich dir sagen, dass Karl nur in höchsten Tönen von dir gesprochen hat.«
    Das war Draufgängers Vorname, wie ich mich erinnerte.
    Â» Hat er?« Die Worte waren Balsam für meine verwundete Seele. Draufgänger hatte es zwar selbst oft genug durchblicken lassen, aber die Worte aus dem Mund eines Dritten zu hören, tat unglaublich gut, denn es bedeutete, dass er mich auch vor anderen gelobt hatte.
    Bigwater nickte. » Er hat mir einen Brief geschickt, vor der Schlacht, um mich über unsere Lage in Kenntnis zu setzen. Er schrieb, du

Weitere Kostenlose Bücher