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Die Zuflucht

Die Zuflucht

Titel: Die Zuflucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Aguirre
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sich nichts zwischen uns verändert, und trotzdem ging Bleich mir aus dem Weg, verbrachte seine Zeit lieber mit Tegan oder anderen statt mit mir. Und das tat verdammt weh. Seit ein paar Wochen hatte ich innerliche Narben, die denen von meinem Namensgebungstag und den späteren Kämpfen in den Tunneln in nichts nachstanden. Und jedes Mal, wenn Bleich mich in der Schule ignorierte, kam eine neue dazu.
    Â» Du hast einmal mir gehört«, sagte er leise. » Aber irgendwo auf dem Weg hierher habe ich dich verloren. Und jetzt gehörst du ihm.«
    Seine Worte machten mich so wütend, wie nur wenige Dinge es konnten. » Ich habe dir nie gehört, und Pirscher gehöre ich auch nicht. Ich bin Jägerin , Bleich, kein Messer, das einfach den Besitzer wechselt.«
    Er hatte ein paar seltsame Vorstellungen im Kopf, so viel war sicher, aber zumindest hellte sich sein Gesicht wieder etwas auf. Er lächelte beinahe mit diesem Mund, der mir besser gefiel, als gut für mich war. Die Zeit, die Bleich bei seiner Arbeit an der Sonne verbrachte, tat ein Übriges. Seine Haut schimmerte wie Bronze, dabei war er so schon attraktiv genug. Zu attraktiv sogar, und das nahm ich ihm übel, weil seine Schönheit ständig meine Blicke verführte. Ich hatte sie nicht mehr unter Kontrolle, und das gefiel mir nicht.
    Â» Ich weiß, was du bist«, erwiderte er. » Jeder kann sehen, wie gerne du kämpfst.«
    Â» Wo liegt dann das Problem?«
    Â» Ich teile nicht gern.«
    Ein Stück weit konnte ich das sogar nachvollziehen. Unten war alles knapp gewesen. Sobald man sich seinen Namen verdient hatte, bekam man eine eigene Parzelle, zwei mal zwei Meter, die nur einem selbst gehörten, und das war wie ein Wunder. Oben hatten wir mehr Platz, aber dafür gab es andere Beschränkungen. Ich besaß nichts mehr außer meinen Messern und meinem freien Willen. Die Keule, die Stein für mich gemacht hatte, hatte ich Tegan geschenkt, und ich bezweifelte, dass sie jetzt noch etwas damit anfangen konnte. Der Gedanke war schlimm für mich, denn die Keule war mein einziges Erinnerungsstück an Stein gewesen.
    Ich hatte das Gefühl, dass wir immer noch von verschiedenen Dingen sprachen. Mir war nicht klar, was Bleich meinte. Nur verschwommen sah ich es– wie einen Umriss auf dem Grund eines trüben Gewässers, den ich erst als Ungeheuer erkennen würde, wenn er durch die Oberfläche brach. Das wollte ich verhindern.
    Â» Was meinst du damit? Was teilen?«, fragte ich. Mir fiel ein, wie Pirscher einmal zu mir gesagt hatte, er glaube, ich würde nur mit ihm trainieren, damit er mich berühren konnte. Und das war auch der Grund gewesen, warum er sich überhaupt darauf eingelassen hatte. Aber dieses Missverständnis hatte ich ein für alle Mal aus der Welt geschafft, oder etwa nicht? Dachte Bleich tatsächlich, ich wollte, dass Pirscher mich berührte? Falls das der Fall war, fragte ich mich, wie Männer überhaupt alleine aufstehen konnten. Sie waren schön anzusehen, aber Denken schien nicht ihre Stärke zu sein. Also musste ich einmal mehr alles unternehmen, um Bleich davon zu überzeugen, dass ich ihn wollte. Ihn und keinen anderen.
    Bleich runzelte die Stirn, als hätte er den Verdacht, ich würde die Sache absichtlich kompliziert machen. » Dich.«
    Â» Er ist nicht mein Partner.« Ich benutzte das Wort nicht in dem gleichen Sinn, wie Bleich es zuvor getan hatte. Ich meinte etwas anderes, das tiefer ging, als Seite an Seite zu kämpfen, und sich nicht in Worte fassen ließ. Etwas, das ich tief in meinem Innern spürte.
    Â» Du… du bist nicht mit ihm zusammen?«
    Seine Ungläubigkeit ärgerte mich, denn ich hatte ihn noch nie belogen. Als wir durch die Wildnis irrten und mir Seide nachts im Traum gesagt hatte, ich dürfe das Feuer nicht ausgehen lassen, erzählte ich ihm nichts davon, damit er mich nicht für verrückt hielt, aber ich habe ihn nie angelogen. » Wir sind Freunde, das ist alles.«
    Â» Er küsst dich nicht?«
    Nur ein einziges Mal im Wald, als er mich überraschte . Danach hatte ich es raus, Pirscher auf Distanz zu halten, auch wenn wir weiter miteinander übten. Außerdem hatte mich sein Kuss bei Weitem nicht so zum Schmelzen gebracht wie Bleichs. Ich wünschte, die beiden würden aufhören mit diesem Züchterunsinn und sich stattdessen auf das konzentrieren, was wirklich wichtig war.

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