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Die Zuflucht

Die Zuflucht

Titel: Die Zuflucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Aguirre
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ich aber was anderes gehört, Frank!«, rief einer dazwischen.
    Franks Gesicht lief rot an. » Halt die Klappe, Dooley.«
    Draufgänger stand auf. » Ich sehe nicht, was dagegen spricht, solange ihr euch beide an die Regeln haltet.«
    Frank konnte unmöglich so viel trainiert haben wie ich, und Kampferfahrung hatte er bestimmt noch viel weniger. Unten hatten die anderen Jäger uns mit verbundenen Augen gegeneinander antreten lassen, damit wir lernten, unsere übrigen Sinne für den Kampf zu schärfen. Schließlich wurde ich so gut, dass ich einen Angriff allein anhand der Bewegungen um mich herum vorausahnen konnte. Es sollte kein Problem sein, ihn zu besiegen.
    Ich konnte es kaum erwarten, mich vor allen zu beweisen, und stellte mich vor Pirscher, der die oberen beiden Knöpfe am Rücken meines Kleids öffnete. Ich zog es über den Kopf, und die Männer in der Baracke schnappten nach Luft– alle außer Pirscher und Bleich, die wussten, dass ich immer bereit war. Unter dem weibischen Tand, den Oma Oaks mir überstülpte, trug ich stets Hose, Messer und Hemd aus der Enklave.
    Â» Tragen alle Mädchen…«, flüsterte einer der Männer, aber eine andere Wache schnitt ihm das Wort ab.
    Â» Dann wollen wir mal nach draußen gehen«, sagte Draufgänger. » Kein Blut. Ich will einen fairen Kampf. Wer als Erster fällt, hat verloren.«
    Die Regeln erschienen mir annehmbar. Der junge Kerl, den ich gleich vor allen erniedrigen würde, tat mir leid, auch wenn er so aussah, als hielte er das alles für einen schlechten Scherz. Die meisten kicherten und tuschelten, wie meine Chancen wohl stünden, während er siegessicher die Arme ausbreitete und mich angeberisch umkreiste. Vielleicht hatte er die kleine Abreibung ja verdient. Er grinste, und ich sah die Lücke zwischen seinen Zähnen. » Ich werde versuchen, dir nicht wehzutun, Kleine.«
    Ich hörte Pirscher leise hinter mir lachen und konzentrierte mich auf meinen Gegner. Wenn ich Mitglied von Draufgängers Team sein wollte, musste ich ihn besiegen. Unbedingt.
    Frank griff halbherzig an. Anscheinend rechnete er nicht mit viel Gegenwehr. Der Griff, den er versuchte, war viel zu offensichtlich.
    Ich duckte mich unter seinen Armen hindurch, drehte mich um die eigene Achse und versetzte ihm einen Tritt in den Hintern.
    Die Männer lachten schallend, und Frank wirbelte herum, das Gesicht rot gefleckt vor Zorn und Scham.
    Â» Spiel nicht mit ihm, Zwei«, brummte Bleich, und ich hörte Seides Stimme in meinem Kopf: Keine Energie verschwenden. Bring es zu Ende.
    Auch wenn Frank über meine Herausforderung gelacht hatte, er verdiente es nicht, dass ich ihn vor allen zum Trottel machte. Bei seinem nächsten Angriff schlug ich ihm die Beine weg und stürzte mich auf ihn, beide Hände an seiner Kehle. Hätte ich meine Messer eingesetzt, wäre er bereits tot gewesen.
    Stille senkte sich über die Gruppe, nur unterbrochen von Franks röchelnden Atemzügen. » Ich will verdammt sein«, keuchte er.
    Entweder machten sie hier kaum Nahkampfausbildung, oder Frank hatte geglaubt, mit mir hätte er leichtes Spiel. Wie dem auch sei, ich suchte Blickkontakt mit Draufgänger, um mich zu vergewissern, dass er meinen Sieg anerkannte. Als er nickte, sprang ich auf. Ganz langsam drehte ich mich im Kreis und musterte die restlichen Männer, um zu sehen, ob einer von ihnen den besiegten Freund vielleicht rächen wollte. Doch was ich sah, waren Schock und Überraschung, nicht Feindseligkeit. Schließlich streckte ich Frank die Hand hin, um ihm zu zeigen, dass ich nicht nachtragend war.
    Er zögerte einen Moment, dann ließ er sich von mir auf die Beine ziehen. Er schüttelte den Kopf und beäugte mich mit einer Mischung aus Bewunderung und Ungläubigkeit.
    Â» Die anderen werden zwar nicht begeistert sein«, verkündete Draufgänger, » aber es wäre ein Verbrechen, ein solches Talent zu vergeuden. Wenn deine Freunde nur halb so gut kämpfen wie du, wäre es mir eine Ehre, euch alle in meinem Team aufzunehmen.«
    Ich glühte innerlich vor Stolz. Zum ersten Mal hatte ich das Gefühl, ich könnte in Erlösung vielleicht doch noch mein Glück finden und das tun, worin ich am besten war. » Wie viele Mitglieder hat eine Patrouille insgesamt?«
    Â» Acht. Einen Patrouillenführer, also mich, einen Späher und sechs Kämpfer.«
    Â»

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