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Die Zukunft des Mars (German Edition)

Die Zukunft des Mars (German Edition)

Titel: Die Zukunft des Mars (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Klein
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wird,
heil auf ihm zu landen.
Na, und wem wird der Mars dann gehören?
Sowjetisch wird er sein!
    Alexej Tolstoi: Aëlita

 
    K einer mag alles kennen. Ich nicht, nicht einmal du. Niemand möchte in voller Rundschau, als puzzeliges Panorama, immerzu überblicken müssen, was die Kugel an der Spitze unseres Turms als pausenloses Tag- und Nachtgeschehen überblicken muss. Kein Mensch, du nicht und ich erst recht nicht, will ohne Unterlass mit anhören, was nun im Kreis unter der hohlen Kuppel lauthals ausgesprochen und lautlos begrübelt wird. Seit einem Monat ist dort das Hauptquartier des Don, dessen provisorische Befehlsleitstelle. Hier, im Schimmer unserer orangen Steine, wird seitdem mit Dorokinschem Elan das wirre Hin und Her der Straßen- und Häuserkämpfe, aus denen sich die Abwehrschlacht addiert, als etwas Zukunftsträchtiges gedeutet.
    Der Alte Ogo und der Weiße Khan hatten die einmalige Gelegenheit beim Schopf ergriffen. Bereits im Morgendämmer des ersten Weihnachtsfeiertags, kaum sechzehn Stunden nach dem Sprengstoffanschlag, der das Hauptschiff der Dreifaltigkeitskirche hatte zusammensacken lassen, drangen die Verbände der beiden anderen Gnädigen Brüder in das Territorium Dorokins vor. Der Don jedoch war vorbereitet. Mit Juris Unterstützung hatte er die Heilige Nacht genutzt, um auf dem Funkweg mit jedem seiner Kommandoführer in Kontakt zu treten. Juri, dem es ausnahmslos gelang, für klaren Ton und ein stabiles Bild zu sorgen, bewunderte erneut,wie Don Dorokin es verstand, seine Offiziere im Mark ihres Mannseins anzusprechen. Jeder von ihnen durfte sich für einen magischen Moment als der Kerl fühlen, der er tagträumend gern wäre. Alle wurden trügerisch persönlich auf den anstehenden Angriff eingestimmt. Jedem, auch den Führern der kleinsten Trupps, wurde volle Entscheidungsfreiheit zugestanden. «Was immer du tun musst, tu es! Es hat meinen Segen!», hörte man den Don mit vollem, warmem Brustton in unserer Werkstatt gegen Mikrophon und Linse dröhnen. Allen wurde geraten, auf die Treue der Dorokinschen Untertanen zu vertrauen, und jedem wurde verheißen, so der rechte Moment gekommen sei, werde sich Vladimir Dorokin im ehrwürdig erdbraunen Overall der Machterringung selbst an die Spitze der zum großen Gegenschlag vereinten Truppen stellen.
    Dennoch gehörte die erste Woche den Feinden. Der Alte Ogo verfügte, was er schlau verborgen hatte, über fünf fahrbereite Kampfpanzer aus ukrainischen Beständen. Dorokins Männern blieb zunächst nichts anderes übrig, als die röhrenden Ungetüme vordringen zu lassen. Der Weiße Khan attackierte die Funkmasten des Don-Mobilnetzes sogar aus der Luft. Ein Fesselballon war mit einem Außenpropeller aufgerüstet worden und ließ sich wegen der beachtlichen Höhe, in der diverse Sprengkörper über den Rand seines Korbs geworfen wurden, lange nicht vom Himmel holen. Erst einer zierlich kleinen Luftabwehrrakete, einem raren Einzelstück, gelang es, von Juris Schulter abgefeuert, die eiförmige Hülle des Ballons zu treffen. Am Neujahrstag stürzte das Luftschiff lichterloh brennend in das Pärkchen vor unserem Laden. In rührend stiller Wut, ganz ohne Johlen oder gar Triumphgeschrei, bewarfen die Buben und Mädchen der angrenzenden Straßen die tote Besatzung mit Schneebällen und Eisbrocken, als wollten auch sie einen Beitrag zum Erhalt der Dorokinschen Ordnung leisten.
    Vom ersten Tag der Kämpfe an ist jeder, der im Hauptquartier erschien, um als Augenzeuge zu berichten, vom Don empfangen worden. Und allen, die dann zuhören durften und denen das blutige Geschehen zu einem Bild gerann, dämmerte, welcher Umstand in den nächsten Wochen über Sieg oder Niederlage entscheiden könnte. Als sich der letzte Panzer des Alten Ogo vor der vollends zur Ruine zerschossenen Dreifaltigkeitskirche, qualmend und manövrierunfähig, auf dem vereisten Pflaster drehte, war es kein Trupp des Don, der dies unter seinen Erfolgen hätte verbuchen dürfen. Halbwüchsige hatten sich in den Sprachen, die man in Germania spricht, verständigt, eine rostige Tellermine auf einer Schubkarre herangeschafft und vor eine der Laufketten geschoben. Überall springen den regulären Kämpfern Dorokins inzwischen Männer, Burschen und sogar Frauen jedweder Herkunft bei.
    Im Nachhinein ist unser Herrscher heilfroh, dass der letzte seiner Beschlüsse zur Steigerung der allgemeinen Sicherheit nicht mehr verwirklicht wurde. Die Unmenge von Handfeuerwaffen und automatischen Gewehren, die

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