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Die Zukunft des Mars (German Edition)

Die Zukunft des Mars (German Edition)

Titel: Die Zukunft des Mars (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Klein
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unter Matratzen, losen Dielen und hinter Brikettstapeln für den Fall der Fälle bereitgehalten wurden, sollten in einer großen Einsammelaktion gegen eigens hierfür angesparte Eurorubel nach und nach in die Keller der Kirche wandern. Frau Doktor Hu hat mir erzählt, der diesbezügliche Don-Erlass sei schon gedruckt gewesen. Vielleicht kann ich mit ihrer Hilfe ein Exemplar oder zumindest eine Abschrift der glücklich zurückgehaltenen Verordnung für dein Archiv ergattern.
    Die Ärztin des Don hat einen unserer Lagerschuppen, den mit der roten Tür, leerräumen lassen, um ihn in einen Lazarettsaal zu verwandeln. Sorge dich nicht um unseren Kram. Juri hat sich darum gekümmert. Das eilends Herausgeschaffte fand anderswo Platz oder wurde zumindestmit Planen vor dem noch immer reichlich herabschwebenden Schnee geschützt. Die Schuss-, Splitter-, vor allem die Brandverletzten machen uns viel Arbeit. Aber schon in der ersten Kampfwoche fand sich ein greiser Chirurg ein, mit dem unsere Hu, welch schöner Zufall, noch aus der Guten Alten Zeit bekannt ist. Der hagere Alte geht am Stock und irgendein Nervenleiden zwingt ihn zu einem komischen Dauernicken, aber sobald er Blut und Knochen sieht und ein Skalpell in seiner Rechten liegt, beruhigt sich sein Nacken, und er fällt in eine verblüffend souveräne Fingerfertigkeit zurück. Zwei Unterschenkel und einen Arm hat er bereits erfolgreich amputiert, und die drei Operierten, auch der einarmig Gewordene, ein Offizier des Alten Ogo, sind auf dem Schneckenweg der Genesung.
    Ich weiß nicht, ob es dich in der Ferne freuen mag, mich hat es sehr erleichtert: Sogar der neunmalkluge Umann ist aus Amerika zurück. Die moderate Kühle des Kellers, wo wir ihn abgelegt hatten, um seine Überfahrt nicht weiter zu stören, hat diese sanft verzögert, und einer von Juris Männern hat ihn gleich bei der ersten Suche nach brauchbarem Gerät gefunden. Frau Doktor Hu bekam den Langen eben noch an seinem grauen Zopf zu fassen, bevor er einen Schattenfuß ans andere Ufer setzen konnte. Sie hat die garstig aufklaffende Schläfenwunde mit immerhin fünf Stichen nähen müssen. Danach ging es ihm noch ein Weilchen elend schlecht. Er lag zwischen den Angeschossenen und erbrach fast alles, was wir ihm auf die Zunge schoben. Umann begriff nicht, wo er war, phantasierte wild aus längst vergangenen Arbeitstagen und musste, während sich seine Wahrnehmung allmählich klärte, fest ans Bett gebunden bleiben. Bis heute kann er sich nicht an seinen letzten Besuch im Elektronischen Hospital erinnern. Natürlich hielt er mich zunächst für dich; aber die gute Hu verstand es, ihn behutsam aufzuklären.
    Kaum dass er wieder auf noch recht wackeligen Beinen stand, wollte er bei der Pflege der Verwundeten helfen, aber der Don wusste Besseres mit ihm anzufangen. Gestern hat Umann es geschafft, das System aus zyklisch wechselnden Deckwörtern zu knacken, mit dem im Funkverkehr des Alten Ogo die wichtigsten Operationen verschlüsselt werden. Schon heute Morgen war dem Don deshalb ein Angriff im Voraus bekannt. Die Feinde tappten in eine schnell arrangierte Falle, wertvolles Gerät, zwei vollgetankte Geländewagen und ein auf einen Anhänger montierter Raketenwerfer fielen in unsere Hände.
    Sobald Frau Doktor Hu die Pflege der versehrten Kämpfer ein bisschen Zeit lässt, kümmert sie sich um mich. Du weißt, wie wohl dies tun kann, wie heilsam es sich anfühlt, ihren Befehlen ohne Widerrede zu gehorchen. Sie ist mit mir zufrieden. Zum Don habe ich unsere Ärztin sagen hören, solange der schlaue Spirthoffer verschwunden sei, wolle sie dessen treuen Esel für sich schuften lassen. So schützt sie mich. Allerdings fürchte ich, dass sie mir meine Altersdummheit nicht ganz glaubt. Wenn ich die Bettlägerigen wasche, füttere oder ihre Bettpfannen hinüber in unsere Werkstatt-Toilette trage, achte ich darauf, dass mir kleine, nicht folgenreiche, aber doch täppisch auffällige Fehler unterlaufen. Erst heute Morgen brüllte mich der einarmige Offizier des Alten Ogo in berechtigter Empörung an, als ich begann, sein eben von mir glattrasiertes Kinn von neuem einzuseifen. Die Bettnachbarn lachten ihn aus und meinten, wer so töricht sei, gegen den großen Don zu kämpfen, müsse sich nicht wundern, derart doppelt eingeschmiert zu werden. Der Verspottete nahm seinen Lazarettgenossen den Spaß nicht übel, sondern witzelte mit und boxte mir mit der verbliebenen linken Faust herzlich grob gegen die alten Rippen.
    Dorokin,

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