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Die Zukunft des Mars (German Edition)

Die Zukunft des Mars (German Edition)

Titel: Die Zukunft des Mars (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Klein
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suchte, sagte mir unsere Ärztin, dass der Don den Wilden für heute Nachmittag zu einem ersten längeren Gespräch in den Turm bestellt hat. Dorokin denke, inzwischen sei die Zeit gekommen, sich wieder um das eine oder andere zu kümmern, was im Schlagschatten des großen Kampfes seine Keime treibe. Hu fragte, ob ich mich zufällig entsinnen könne, wie der seltsame junge Mann sich nenne. Die Lehrerin und ihre Tochter hätten ihn doch mit einem irgendwie kuriosen Namen angesprochen. Ich bin mir sicher, dass das Gedächtnis von Frau Doktor Hu, im Gegensatz zu meinem schwächelnden Erinnern, die fraglichen Silben sehr wohl behalten hat. Ich habe mich in allen Fragen des Heißens und Benennens, spätestens seit es uns nach Germania verschlagen hatte, immer auf dich verlassen. Das rächt sich nun. Aber ich will nicht klagen, sondern mich, wie du es mir zuletzt noch einmal vorgemacht hast, in einem unserer Lebensspätzeit angemessenen Lernen üben. Vielleicht wird es mir irgendwann gelingen, mit einem tastenden Gegenzug auch unsere schrecklich kluge Chinesin ein bisschen auszuhorchen.
    Wahrscheinlich hat Frau Doktor Hu verhindert, dass ich erschossen wurde. Als die Männer des Don in der Dämmerstunde des Heiligen Abends unseren Laden stürmten, saß ich am Werkstattisch und war mit Mordock, dem einstigen Anführerder Monsters of Mars, beschäftigt. Es gab da etwas gutzumachen. Wie ich am Morgen vor dir nach unten gekommen war, hatte ich das Kerlchen auf dem Tisch entdeckt. Im Lauf der Nacht war es, aus eigener Kraft oder mit Hilfe seiner Artgenossen, dem Schaufenster entkommen und auf den Tisch geklettert, wo noch immer die Schulsachen Alides lagen. Aber nicht deren Rechenheft, sondern das Buch, aus dem, bevor dein Tee zu wirken anhob, vorgelesen worden war, hatte das schlaue Maschinchen in seinen Bann geschlagen.
    Leider kamst du dazu. Mit einem Blick begriffst du, dass Mordock zurückgeblättert hatte. Das Buch war mitten in dem Kapitel aufgeschlagen, das du unseren Kosmonautinnen bis an sein Ende vorgetragen hattest. Mordocks vorderes Beinpaar zuckte nervös auf dem unteren Drittel der rechten Seite. Mir kam es vor, als wollten seine optischen Sensoren noch bis an deren letzte Zeile kommen. Recht und billig wäre es für mein Empfinden gewesen, ihn das Kapitel in Ruhe fertig studieren zu lassen. Es ist nicht lang. Und waren wir, nachdem die Abschickung gelungen schien, nicht beiden Welten, der Sphäre der Maschinen und der Galaxie der Bücher, zu Dankbarkeit verpflichtet? Aber du bist und bleibst streng wählerisch in der Berufung deiner Schüler. Dem braven Mordock, der so viel Eifer zeigte, wurde nicht einmal das stille Selberlernen zugestanden, von einer kleinen artgerechten Unterweisung ganz zu schweigen.
    Weil Mordock dich kannte, versuchte er, kaum hattest du die Hand erhoben, zu entwischen. Schnurstracks steuerte er den einzigen Stuhl an, der so dicht am Tisch stand, dass er, über dessen Kante stürzend, auf der Sitzfläche zwischenlanden konnte. Wir jagten den armen Kerl noch eine Weile im Kreis herum, bis es uns gelang, eine stabile Schachtel über seinen Leib zu stülpen. Dann schlüpfte deine Rechte unter die Pappkante und rupfte brutal das graue Klötzchen ab, das Mordock einen Advent lang dazu verholfen hatte,sich über die kollektive Beschränktheit seiner Genossen zu erheben.
    Später gingst du, als wäre nichts geschehen, hinüber in den Turm, um dort für Ordnung und Sauberkeit zu sorgen; mich drückte mein Gewissen. Ich entfernte die Reste der abgerupften Drähte und sah mir den durch deine Rohheit entstandenen Schaden an. Es musste einiges geklebt und gelötet werden. Kannst du verstehen, dass ich dann für Mordock nach dem Buch griff? Wem, wenn nicht dir muss einleuchten, dass ich beschloss, dem grausam in seine alten Grenzen zurückverwiesenen Kerlchen das komplette Kapitel vorzulesen. Es ist recht gut geschrieben, allenfalls ließe sich einwenden, die Darstellung sei selbst für einen historischen Abriss übertrieben knapp. Sicher hast du bei deinem Vortrag Elussa und Alide das eine oder andere mit Beispielen anschaulich gemacht.
    Ich hielt es ganz genauso. Mordock erfuhr von mir, dass die Russen damals das größte Territorium unseres Planeten ihr Eigen nannten, dass ihre Techniker und Wissenschaftler in den meisten Weltraumangelegenheiten ihren Gegenspielern jenseits des Pazifiks mindestens ebenbürtig waren. Die armen Amis! Durch ihre Mondfixiertheit in Bedrängnis geraten, hatten sie keine

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