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Die Zukunft des Mars (German Edition)

Die Zukunft des Mars (German Edition)

Titel: Die Zukunft des Mars (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Klein
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fragliche Kapsel sei zwar um den Mond gekreist, aber die drei wackeren amerikanischen Astronauten hätten sich bei der Abkopplung des Landungsfahrzeugs fatal vertan. Mit Müh und Not sei es den beiden bereits umgestiegenen Männern gelungen, sich in das Muttergehäuse zurückzuretten. Die Fähre sei dann, unbemannt und ungesteuert, hinabgetrudelt und in irgendeinem Mondkrater zerschellt. Allein die Russen hätten damals, im vorigen Jahrhundert, etwas hiervon mitbekommen. Genug, um das schlimme Missgeschick mit säuberlich gemessenen Daten nachweisen zu können. Den Amis sei in Wahrheit erst der nächste Landungsversuch geglückt.
    Der damalige Präsident der Vereinigten Staaten konnte jedoch mit der Ernte des Erfolgs nicht bis zum folgenden Mondflug warten. Also habe man sich hinter dem Rücken der ahnungslosen Restwelt mit den sowjetischen Weltraumkonkurrenten abgesprochen. Spirthoffer lachte und schüttelte den Kopf, als würde ihn das Abgelesene wie etwas, dessen Kuriosität nach langer Zeit erneut zutage tritt, verwundern und zugleich amüsieren. Das peinliche Versagen der amerikanischen Monderoberer sei dereinst einfach mit einem anderen, noch größeren, mit einem wahrhaft schmerzensreichen Himmelsgeheimnis der Gegenseite abgeglichen worden. Aber davon ein andermal.
    Und das Geschenk? Ihre gemeinsame Weihnachtsüberraschung für Alide? Elussa presst sich, so fest sie kann, gegendas gute große Buch, es soll ihr weiter beim Erinnern helfen. Ihr Töchterchen hatte von dem vielen Tee, den es so gierig zum Rechnen schlürfte, als könnte er seinen Verstand in die bedrohlich neue Welt der wirklich großen Zahlen hinüberschwemmen, bald aufs Klo gemusst. Spirthoffer ging mit auf den Gang hinaus und zeigte ihr die Tür. Kaum dass er wieder bei Elussa war, wies er verschwörerisch auf eine große schwarze Tüte, die unter einem Stuhl im Eck stand. Dann beugte er sich atemnah zu seiner Lehrerin, zu seiner Schülerin hinunter und flüsterte, er habe das fragliche Objekt in eine alte Zeitung eingerollt und außerdem mit neuem Unterrichtsmaterial verdeckt. Ganz unten in der Tüte befinde sich noch ein großer Bogen Geschenkpapier. Er hoffe, das Muster würde ihr und Alide gefallen: Ein gleichmäßig dunkler, aber nicht schwarzer, sondern tiefblau getönter Nachthimmel voll mit Kometen. Nein, keine Sterne, weder Sonnen noch deren halbseitig beschienene Planeten. Kometen, diese ungebundenen Einzelgänger mit dem goldenen Schweif. Allein Kometen könnten jede beliebige Nacht jedweden Jahres in eine Ankunftsnacht verzaubern. Man müsse an den Himmel glauben. Spirthoffer sagte dies auf Deutsch und dann erneut in seinem bestem Russisch. Schon ging die Spülung, und Alide kam zurückgestürmt, als hätte sie beim Pinkeln Angst bekommen, etwas Wichtiges zu verpassen.
    Kometen also. Elussa kann sich nicht sagen, ob ihre Finger je nach dem Geschenkpapier gegriffen haben, aber sie malt sich den Himmel und dessen verheißungsvolle Brut mit aller Geisteskraft so gläubig aus, bis das nächtliche Blau samt seinen ungezählten goldenen Wandelsternen als Einband rund um das Buch vor ihrer Brust geschlagen ist. Und wieder schnappt das Bild von selbst nach innen: Auch jene inwendige Hohlheit besitzt jetzt eine dunkelblaue Wandung, auch dort fliegen Kometen neben, über- und unterhalbvon ihresgleichen, von anderen Geschöpfen mit gezackten Schwänzen.
    So schön dies aussieht, im Nu schafft es auch Grund zur Sorge. Denn plötzlich ist sie sicher: Das in Spirthoffers Tüte verborgene Geschenkpapier, den großen, zwei- oder dreimal umgeknickten Bogen hat sie – die haltlos schwebende Elussa schwört der gläubig schwebenden Elussa Stein und Bein – gewiss nicht mehr mit diesen ihren Händen um das von Spirthoffer herbeigeschaffte Instrument geschlagen. Es ist nicht auf den häuslichen Küchentisch gelangt. Weihnachten ist vorbei. Weihnachten ist vorbeigeflogen. Und dies bedeutet, dass ihrer armen Alide, ohne eigene Schuld, auch die Gelegenheit entging, zu einer kühnen und frohen Himmelsguckerin zu werden.
     
    Sie hört sein Schnaufen vollends nahe kommen. Der Bleiber hat also den ihm verbliebenen Mut zusammengerafft und rückt ihr auf den bloßen Leib, um nachzuschauen, wie weit sie mit ihrem Kratzen und Bohren gekommen ist. Schon lugt er über ihre Schulter. Obwohl die Stummel der Zündpechfackeln bis in die Trichter der Halterungen hinabgebrannt sind, wird der Bleiber nun erkennen können, dass sie fast kleinfingertief in die Rille, zu

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