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Die Zukunft des Mars (German Edition)

Die Zukunft des Mars (German Edition)

Titel: Die Zukunft des Mars (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Klein
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der die Türflügel sich fügen, hineingelangt ist. Der Dorn, der immer nur ihr Haar zusammenhielt, so wie sie es im Sonnenhaus für schicklich erachtete, hat sich als spitz und hart genug erwiesen. Der ehrwürdige Kunststoff der Tür löst sich in Krümeln. Wenn ihr Werkzeug nicht bricht, wird es gelingen, ein Guckloch, ein Rufloch hinüber in die rettende Außenwelt zu schaben.
    Sie beide sind die Letzten an der Tür. Die anderen Ratsmitglieder haben sie im Stich gelassen und sich wie alle in die Kammern davongeschlichen. Wie gut, dass sie nicht mager ist. Die Wassersteinhöhle offenbart sich nun, wo die gemeinsameHitzigkeit verflogen ist, als zehrend kühl. Sobald es vollends dunkel sein wird, weil auch die letzte Fackel boshaft zischelnd erloschen ist, werden sich alle, auf eine hilflos neue Weise nackt geworden, zu Grüppchen sammeln und die fröstelnden Körper auf den Matten aneinanderdrängen. Hier an der Tür wird es dann unweigerlich am kältesten geworden sein. Der Bleiber, hager wie fast alle, wird dies nicht lang ertragen können und schließlich zu den Übrigen ins Finstere tapsen. Aber das macht nichts. Was sie ihrer heimlichen Kost verdankt, wonach nie einer sie zu fragen wagte, obwohl es alle wachsen sahen, wird sie weiter vor dem Bibbern und Verzagen der anderen Eingeschlossenen schützen.
    Dumm ist der Bleiber nicht, so viel weiß sie seit langem. Smosmo hatte ihr zuletzt noch geraten, ein Augenmerk auf ihn zu haben. Womöglich sei mit dem früh ergrauten Kerl eines Tages etwas anzufangen. Wer ständig derart erschrocken aus den Augen gucke, habe ein Gespür für das, was im Kommen ist. Und wenn das dumpf Gefühlte helle Wirklichkeit errungen habe, sei auf einen immer schon furchtsam Gewesenen eher Verlass als auf die vielen, die sich von ihrem Tun sorglos durch die Tage treiben ließen. Überhaupt falle dieses Ratsmitglied aus dem Rahmen der letzten Jahre. Ob Mirmir, dies bleibe aber in den Mauern des Sonnenhauses, nicht auch schon aufgefallen sei, dass das Trommelorakel zunehmend eine Schwäche für die Behäbigen, für die ein wenig Trägen und Einfältigen offenbare.
    Ist Smosmo kühn und vorsichtig zugleich gewesen? Bis ganz zuletzt hatte er Mirmir zu Achtsamkeit und Umsicht angehalten. Die Dummheit habe schlechte Augen, aber gute Ohren, zum Glück meist nicht für die Bedeutung, aber doch für den Tonfall jedes Satzes, der die Grenzen ihres Begreifens überschreite. Smosmo hatte sie frühzeitig und gründlich vorbereitet, und dabei viel von dem aufs Spielgesetzt, was ihn besonders machte. Allerdings hat er der jungen Nothelferin, die sie gewesen ist, verheimlicht, dass sie nicht die Einzige war, um deren Zukunft er sich kümmerte.
    Jetzt, wo sie schabt und kratzt, hilft es ihr und ihrer allmählich schmerzenden rechten Hand, dass es da draußen noch einen weiteren ehemaligen Zögling Smosmos gibt. Nachdem ihm an seinem Denken und Fühlen unverkennbare Anzeichen der Schändlichen Unlust aufgefallen waren, befahl Smosmo ihr, Blausteinbrei anzurühren und ihm beim Anlegen des ersten Wickels zu helfen. Als er den weiten Kittel über den Kopf zog, erstaunte sie die Rundung seines Bäuchleins. Auch an den Hüften offenbarten sich Wülste, wie sie sie niemals zuvor an einem Körper gesehen hatte. Sie spürte unvermittelt heftigen Hunger, schämte sich dafür und war erleichtert, als die bleichen, weichen Wölbungen unter den Bahnen des Wickels verschwunden waren.
    Smosmo wies sie an, zwei Rucksäcke für einen Marsch zur Blausteingrube in den Faltenhügelchen zu packen. Ganz frischer, feuchter Blaustein habe sich stets als der wirksamste erwiesen. Ihre Sonnenhausreserve sei, da sich die Schändliche Unlust ungewöhnlich lang verborgen gehalten habe, doch arg ausgetrocknet. Wie üblich brachen sie schon im Dunkeln auf. Und als sie das erste Mal rasteten, bemerkte Mirmir, dass die Mockmock-Kekse fehlten. Smosmo musste sie hinter ihrem Rücken wieder herausgenommen haben. Stattdessen hatte er einen Topf mit weißem Steinschmalz in ihren Rucksäcken verstaut. Aber nicht einmal die bescheidene Menge pures Steinschmalz, die ein Magen problemlos verträgt, wurde ihr auf dem Hinweg zugestanden. Ausgehungert und erschöpft erreichten sie am Abend des zweiten Tages die damalige Grabungsstätte. Im letzten Licht wechselte Mirmir Smosmos Wickel, trug erstmals frisch herausgekratzten, wunderbar klebrigen Blaustein aufund konnte nicht umhin zu sehen, wie erschreckend Smosmos Bauch in der kurzen Zeit ihres

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