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Die Zukunft des Mars (German Edition)

Die Zukunft des Mars (German Edition)

Titel: Die Zukunft des Mars (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Klein
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sein. Er freue sich, dass es der Kleinen heute besonders munde. Es handle sich um eine Verfeinerung der bisherigen Mischung, von der sein Nachbar behaupte, sie würde den Geist von Jung und Alt noch nachhaltiger beleben.Längst sei der Tee über die Grenzen des Dorokinschen Reichs hinaus berühmt. Die Fahrer der LK W-Konvois , zumindest die vernünftigen, füllten den Aufguss in ihre Thermoskannen, um nicht auf jene fragwürdigen Pillen zurückgreifen zu müssen, die als Muntermacher hier in der Stadt und an jedem Haltepunkt bis hin zur chinesischen Grenze feilgeboten würden.
    Wie gut, wie wortgenau Elussa sich, das Riesenbuch vor Brust und Bauch, an alles erinnern kann, was Spirthoffer im Unterricht über die Lippen kam. Als flöge sie, den Wälzer umarmend, mühelos in jeden beliebigen Moment der gemeinsam verbrachten Stunden. Gleich bei ihrem ersten Besuch im Elektronischen Hospital hatte Spirthoffer gefragt, ob sie es als ungehörig empfände, wenn er sie im Weiteren «Elussa» nennen würde. Jene respektvolle Distanz, auf die sie als seine Lehrerin Anspruch erheben könne, werde sich ganz von selbst einstellen, allein schon durch seine drollige Altersungeschicklichkeit und durch die Unmenge strenger Geduld, die er ihr abverlangen müsse.
    Sie ist ihm auf den Leim gegangen. Hat sie zumindest das gelernt? Elussa befürchtet, dass sie im Großen und Ganzen eine miserable Schülerin gewesen ist, obwohl Spirthoffer alle Register des Unterrichtens, auch die sorgsam verborgenen, gezogen hat. Vielleicht war sie genau wie er zu hartköpfig zum wahren Lernen. Ihr und sein Schädel weigerten sich schlicht, das allzu lang dämmrig halbbekannt Gewesene als etwas Neues zu genießen. Das hieße, Spirthoffers mit Bedacht gestreute Wissenskörner wären fast ausnahmslos auf unfruchtbaren Grund gefallen. Und schlimmer noch: Unter der Wurzel jedes einzelnen grauen Haares, das sie sich inzwischen aus der trügerischen Fülle ihrer schwarzen Mähne rupfen muss, wölbt sich als ein Bläschen, wie ein bös-blöde aufgequollenes Nichts, eine frische Lücke hinein ins einstmals gut Gewusste.
    Längst wird sie von Alide, seit deren Klasse mit Sach- und Menschenkunde angefangen hat, mit einschlägigen Fragen in Verlegenheit gebracht: Wo sei die Leber? Rechts oder links vom Nabel? Vermutlich hätte Elussa das in Sibirien noch sagen können. Alide ließ nicht locker: Ob diese linke oder rechte Leber denken könne wie der Kopf? Und außerdem und übrigens: Was mache der Motor im Bauch eines Don-Cars mit jenem Diesel, das man auf dem Markt Für Alles in Blechkanistern kaufen kann? Warum heißt dieses Öl denn Diesel? Und dann der Mond! Das wolle sie jetzt sicher wissen: Wie sei das mit dem Mond gewesen? Wer sei wann zu ihm hinaufgeflogen? Wann die Chinesen? Die Amerikaner wirklich vor oder doch nach den Russen? Und bräuchten die Mondraketen, wenn sie eines Tages wieder flögen, für die Motoren in ihren langen weißen Bäuchen das braungoldene Diesel oder das bläulich schillernde und lecker duftende Benzin?
    In einer der Broschüren, die Spirthoffer Elussa zuletzt noch, verlogen langsam, vorgelesen hatte, wurde behauptet, die Amerikaner seien gar nicht an jenem Tag in jenem Jahr als Erste auf dem Mond herumgestapft, und folglich sei das fragliche Datum zu Unrecht denkwürdig geworden. Elussa hatte nicht einmal gewusst, wie hochbedeutsam dieses Fußfassen auf jungfräulichem Grund einst in einer Guten Alten Zeit gewesen war. Während ihr Schüler genüsslich, fast boshaft eine abweichende Wahrheit vortrug, begriff sie zumindest eines: Spirthoffers Bücher waren sich nicht einig. In seinem ersten Geschenk, in der wunderbar bilderreichen Mondbroschüre, hatten Alide und sie das rot-blau-weiße Banner als unbestritten triumphierendes Zeichen exakt datierter Ankunft im Mondwind flattern sehen. Gerade dieses Foto hatten sich ihr Töchterchen und sie besonders lang und innig angeguckt. Alide hatte auf die Fahne getippt, ihr Muster bewundert und sich vorgenommen, dieSternchen und die Streifen am nächsten Abend getreulich abzuzeichnen. Sie hat, so wie es ihre Kleinmädchenart ist, Wort gehalten. Neben das Foto ihres Onkels hat sie das Buntstiftbild der Fahne an den Küchenschrank gehängt. Heißt sie nicht Sternenwimpel? Elussa ist sich fast sicher: So oder so ähnlich hat das Banner der Amerikaner, als es ihren mächtigen Staat noch gab, geheißen.
    Im Unterricht las Spirthoffer, den Zeigefingernagel unter den Zeilen, ihr und Alide vor, die

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