Die Zukunftsmacher
Lift hoch.
Dickens wurde von einem Ast getroffen. Etwas betäubt schlidderte er wieder mehr zum Rand der Scheibe hin. Seine Waffe fiel zu Boden.
»Springen Sie doch, um Himmels willen!« schrie Tyne.
Wahrscheinlich hörte Dickens kein Wort. Er wurde zwischen den Ästen hochgetragen. Den Kopf hatte er halb in den Armen begraben. Die letzten Zweige peitschten über ihn hinweg, und der Flugspion stieg langsam in die Luft.
Ohne nachzudenken sprang Tyne vom Baum. Er verließ die schützenden Bäume und rannte unter dem Flugspion durch das hohe Gras. Er schrie unzusammenhängendes Zeug. Zu schießen wagte er nicht, weil er Angst hatte, Dickens zu treffen.
In der durchsichtigen Morgenluft konnte er die fliegende Scheibe klar in einer Höhe von etwa 10 Metern erkennen. Sie bewegte sich schnell auf einem Kurs, der sie wahrscheinlich zurück zur Kolonie brachte, wo die Roskianer sie in Empfang nehmen würden. Dickens glaubte das offensichtlich auch. Er kniete in der Mitte und zerrte an dem schützenden Drahtnetz. Nach kurzer Zeit hatte er einen Teil abgerissen, ein keilförmiges Stück, unter dem die kreisenden Propeller jetzt nackt und bloß lagen.
Er zog einen Schuh aus und schleuderte ihn in die Propeller.
Im Nu wurde aus dem kraftvollen Motorengeräusch ein hilfloses Gestotter. Aus dem Gestotter entstand das Geräusch brechenden Metalls. Der Flugspion fing an zu taumeln und schoß dann – gefährlich geneigt – gen Boden. Tyne rannte noch, als die Riesenscheibe mit ihrem Passagier in den Fluß krachte. Sie verschwanden im hoch aufspritzenden Wasser und tauchten nicht mehr auf.
6.
Es war 9 Uhr 15.
Tyne Leslie saß im hinteren Teil eines chinesischen Cafés und aß den üblichen Mischmasch. Er war glatt rasiert und fühlte sich auch einigermaßen. Dies verdankte er einer »Nappi Wallah«, die ihn rasiert und Kopf und Schultern massiert hatte. Als er endlich vor eineinhalb Stunden nach Padang gekommen war – seine Suche nach Dickens war erfolglos gewesen –, hatte er sich halbtot gefühlt. Nach der Massage und dem Frühstück war er wieder munter, wachsam und voller Pläne. Allerdings war er etwas besorgt um die Zukunft.
Er hatte Untersekretär Grierson schon eine Nachricht gesandt, in der er die drohende Invasion der Erde ankündigte. Sein Brief war im Gebäude des britischen diplomatischen Korps abgegeben worden. Grierson würde den Bericht innerhalb einer Stunde zu lesen bekommen. Wie lange es allerdings dauern würde, bis geeignete Gegenmaßnahmen ergriffen wurden, lag in den Sternen.
Inzwischen drängte die Zeit. Murray war seit 24 Stunden auf freiem Fuß in Padang. Wenn der roskianische Agent der Friedenspartei Murray nicht kontraktieren konnte, so deswegen, weil die Anhänger von Ap II Dowl ihn daran hinderten. Dennoch kreisten die Gruppen, die daran interessiert waren, Murray zu finden, das »Wild« immer mehr ein: die Friedenspartei, Dowls Leute, die Agenten der Vereinten Nationen und sicherlich – sofern sie Wind von der Sache bekommen hatten – auch Interessenvertreter verschiedener Nationen. Tyne selbst nicht zu vergessen.
Tyne. Er hatte Dickens erzählt, daß er geradewegs zu Murray gehen könnte. Es war die Wahrheit. Paradoxerweise hätte er sogar schon dasselbe tun können, bevor Stobart mit ihm sprach.
Die Wahrheit hatte in ihm selbst geschlummert und auf den richtigen Moment gewartet, um sich ihm zu enthüllen.
Als Tyne Mina im Roxy ausgefragt hatte, hatte sie ihm berichtet, daß Murray zur Planktonfabrik fahren wollte. Sie hatte angenommen – und Tyne hatte ihre Vermutung übernommen –, daß es sich um die Fabrik in Semapang handelte. Als Stobart das Mädchen ausfragte, hatte er die gleiche Antwort bekommen. Daher hatten Dickens und sein schweigsamer Begleiter Tyne dort aufgestöbert.
Murray hatte jedoch etwas völlig anderes gemeint, als er von der Planktonfabrik sprach.
In jenen schrecklichen Sekunden, als Tyne durch die Unterwasserschleusen in Semapang gesogen wurde, waren Szenen aus seinem bisherigen Leben vor ihm aufgetaucht. Eine Szene war, wie Murray, Allan Cunliffe und er selbst im Merdeka-Hotel gefrühstückt hatten. Eine durchzechte Nacht lag hinter ihnen. Während er und Allan nur Kaffee getrunken hatten, verschlang Murray ein gigantisches Frühstück. Dabei beklagte er sich jedoch ständig über das schlechte Essen. »Im Merdeka ist das Essen immer synthetisch. Es ist ganz egal, was es vortäuschen soll. Im Grunde ist alles Plankton. Ich werd' euch trübseligen
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