Die Zwei Schwerter, Band 3: Der Marsch der Zwerge (German Edition)
Fürstenklamm, die schon einige gar herrliche und freudenvolle Feierlichkeiten gesehen hatte, hallte wider von all jenen Missklängen und Übellauten des Krieges und des grausamen Schmerzes, welcher auf beiden Seiten allgegenwärtig war.
Nachdem sie den ersten Ansturm zurückgeworfen und viele ihrer Widersacher erschlagen hatten, wuchs für kurze Zeit die Zuversicht unter den menschlichen und zwergischen Soldaten. Gleichwohl mussten sie gewahren, dass der Strom der Ghuls und der kraftvollen und schwer zu überwindenden Crefilim in keiner Weise geringer wurde und sich immer neue der abstoßenden Kreaturen, wie ein Fluss aus schwarzem Stahl unter einem dunklen Nachthimmel, den Abhang hinabwälzten. Offensichtlich hatten die Diener Tuors, ungesehen und unbedrängt von ihrer Umgebung, in den Untiefen des Milmondo Mirnors oder anderswo auf dem nördlichen Kontinent für so viele Jahrhunderte so eifrig gebrütet oder sich auf diejenige Art vermehrt, die ihnen von ihrem Schöpfer gegeben wurde, dass ihre Zahl nunmehr beinahe unbegrenzt erschien und sie ihre weniger als viertausend Gegner in dieser Hinsicht bei weitem übertrafen. Ebenso wie ein unbändiger Strom irgendwann jeden noch so starken Deich durchbricht, quollen sie nunmehr durch all die vergessenen Tunnel, Spalten und Risse, die von ihren geheimen Horten in die einstige Feste Bergfried führten, und gelangten durch diese zu den beiden Bergpässen, die der Schauplatz jenes ungleichen Schlachtgeschehens waren.
Zwar hielten sich die Menschen und Zwerge noch immer wacker und zeigten ihr überlegenes Kampfgeschick, doch wurde über ihnen bereits ein weiteres und vielleicht letztes Unheil entfacht. Die Bogenschützen der Verteidiger des Festungsbollwerks nämlich, deren Sehnen einstweilen geschwiegen hatten, setzten nun unter den grimmigen Zurufen der Crefilim zu einem neuerlichen Eingreifen in die Auseinandersetzung an. Braccas Rotbart, Bragi Stahlhammer und deren jeweiliges Gefolge erschraken daraufhin, als sie das unerwartete Pfeifen der Salven über sich wahrnahmen. Für ihre Begriffe von Kriegsführung war solch ein Vorgehen schließlich undenkbar, denn der Nahkampf zwischen den mit Schwert und Axt und Speer bewehrten Streitern beider Seiten war in vollem Gange, sodass die Schützen unmöglich zwischen Freund und Feind zu unterscheiden vermochten.
So kam es, dass zahlreichen derjenigen, die in den vorderen Reihen der Rhodrim und der stämmigen Bewohner Gâlad-Kalûms stritten, keine Möglichkeit gegeben war, sich gegen denBeschuss zu wappnen, da sie sich zur gleichen Zeit den Hieben und Streichen der Gegner erwehren mussten. Die meisten der schlimmen Verletzungen, welche die Schwärme aus unzähligen Pfeilen forderten, geschahen zwar Kriegern der Ghuls, die somit von ihren eigenen Heeresführern wissentlich und schonungslos geopfert wurden. Allerdings war ihre Zahl so immens, dass der Platz eines jedes Gefallenen alsbald von zwei Artverwandten eingenommen wurde. Darüber hinaus tat die Tatsache, dass man sie seitens ihrer Verbündeten einer derart geringschätzigen Behandlung unterzog, ihrer Kampfeswut und Moral keinen Abbruch.
Der Vormarsch der Menschen und Zwerge stand unmittelbar vor dem endgültigen Scheitern. Das Erreichen des Innern Dirath Lums schien für die Angreifer nunmehr ebenso fern zu sein, wie ihre Niederlage und der damit verbundene unvermeidliche Niedergang der friedliebenden Völker Arthiliens in immer greifbarere Nähe rückte.
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Imalra, die Witwe des Fürsten Tarabunt, deren Ruf in ihrem Land einmal so vorzüglich gewesen war, befand sich während jenes entscheidungsträchtigen Tages allein in der Obhut ihres Schlafgemachs. Jener Raum lag in einer der obersten Etagen des Turmes, der über dem westlichen Flügel des Fürstenpalastes aufragte. Schon seit mehreren Wochen hatte sie ihn kaum mehr verlassen und sich damit begnügt, sich von ihren Dienern mit ein wenig Nahrung und frischer Kleidung versorgen zu lassen.
Bald schon nachdem ihr Vater aus der Hauptstadt wieder abgereist war und seine neuen willfährigen Gehilfen zurückgelassen hatte, hatte sie den Anblick und den Geruch der Ghuls nicht mehr ertragen können. Stattdessen hatte sie sich ausschließlich mit den wenigen Menschen, die ihr noch immer die Treue hielten, zu umgeben gesucht. Auch war ihr nicht entgangen, dass die Crefilim, jene großgewachsenen, anmaßenden Anführer der schwarzen Kreaturen, sie selbst bei wichtigen Entscheidungen nicht mehr um ihre Einschätzung fragten,
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