Die Zwei Schwerter, Band 3: Der Marsch der Zwerge (German Edition)
zauberhafte, wunderbare Musik mit etwas Unschönem verwechselt hatte, und lauschte den Klängen still und heimlich. Dabei fühlte er sich wie ein kleiner Junge, den seine Mutter zu Bett geschickt hatte und der insgeheim doch wachte und sich davonschlich, um etwas Verbotenes, wenngleich auch Harmloses, zu tun. Gleichzeitig bemerkte er, dass der Mond mittlerweile in einer hellen weißen Sichel an dem dunklen Gewölbe über ihnen erstrahlte, so als habe das himmlische Konzert des Elben auch ihn hervorgelockt, da er keine Sekunde davon zu verpassen gedachte.
Gleichwohl, wie die Angehörigen des Menschenvolkes nicht wissen konnten, vermochte Eldorin sehr wohl zu schlafen und machte in dieser Nacht durchaus davon Gebrauch, auch wenn man nach den Maßstäben gewöhnlicher Lebewesen nicht von Schlaf sprechen konnte. Den Kindern seines Volkes war es nämlich gegeben, ihren Geist ruhen zu lassen und an einem Ort vollkommenen Friedens, der für andere unerreichbar war, zu verweilen, zu rasten und sich zu erquicken, obwohl ihr Körper zur gleichen Zeit noch rege Tätigkeiten unternahm. So wanderte er auch in diesen Stunden nur scheinbar ruhelos umher, mit offenen Augen im düsteren Licht dieser Welt, während er seine Seele in Wahrheit in einem anderen, fernen Teil Mundas labte.
*
Es war der Vormittag des zweiten Tages, seitdem die Angehörigen der Gemeinschaft den See verlassen hatten, als sie bald vor sich ein starkes Rauschen von schweren Wassern vernahmen. Ansonsten war ihnen auf ihrem Weg bis an diese Stelle nichts Merkwürdiges oder Unerwartetes widerfahren, was wohl auch daran lag, dass sie klug eine wenig gebrauchte und doch recht übersichtliche Strecke gewählt hatten. Nichtsdestotrotz drängte es sie nun, endlich das einstweilige Ziel ihrer Reise zu finden.
„Was Ihr hört, ist der Rilovël, der Rotfluss, wie man in der Gemeinsamen Sprache sagen würde“, erläuterte Nurofin, der Elb vom Volk der Nolori, die das Meer und alle anderen Gewässer am meisten von allen Dingen liebten. „E Uilas Rila, das Rote Tal, liegt demnach nahe vor uns. Wir sollten auf unserem Pfad genau auf die Stiege stoßen, die hinab in die Senke führt, während der Fluss ein Stück nördlich davon in die Tiefe stürzt. Auf jeden Fall aber sollten wir vorsichtig sein, denn es ist nicht ganz auszuschließen, dass der orkische Schamane oder der Schwarze Drache sich noch immer dort verbergen und ihre dunklen Pläne schmieden, oder aber dass andere gekommen sind, die von dem Schwarzen Schwert gehört haben.“
Es dauerte nicht mehr lange, da gelangten die fünf an den Rand des tiefen Einschnitts, den sie gesucht hatten. Die beiden Rhodrim staunten, als sie den Fluss sahen, der als mächtige Kaskade über die Klippen sprang, wenn deren Schönheit auch nicht ganz so eindrucksvoll war wie diejenige der Regenbogenfälle, den Ladorën Sa Celibo Ledas. Weiterhin stellten sie mit Verwunderung fest, dass die Ebene vor ihren Füßen erfüllt war mit roten Samen, die wie der Funkenflug eines riesigen Brandes umherstoben, und einer zahllosen Schar von Bäumen und Pflanzen, die in der gleichen Farbe erstrahlten. Dabei dachten sie sehr wohl daran, dass es noch kaum einem Angehörigen ihrer Art gegeben war, bis an diesen Ort zu wandern, der sich so weit in der östlichen Wildnis und so fernab der menschlichen Länder und Siedlungen befand. Nur Braccas Rotbart und einige wenige andere Menschen vermochten Ähnliches von sich zu berichten, wobei deren Wagemut als noch größer bezeichnet werden musste, da sie eben nicht von kundiger elbischer Hand auf sicheren Pfaden geleitet wurden.
Die drei Elben empfanden ihrerseits wenig Begeisterung beim Anblick des bemerkenswerten Tales, denn sie waren sich der vielen düsteren Verstrickungen bewusst, die mit diesem Platz verbunden waren. Furior Feuerzorn hatte hier über tausend Jahre seines Daseins gefristet, in trauriger Einsamkeit und entzweit von seinem Volk, dem er so viel Leid verursacht hatte. Fínorgel, das sie nunmehr zu finden hofften, stellte das sichtbarste Zeugnis seines unheilvollen Wirkens dar.
Darüber hinaus war selbst vom hohen Grat des das Uilas Rila westlich begrenzenden Hanges aus eine Aura spürbar, die noch weitaus dunkler und boshafter selbst als das Schwarze Schwert war. Tatsächlich vernahmen sie die Ausdünstungen sowohl des Vancors als auch jenes riesenhaften Wesens, das halb Harpyie, halb Drache war und das offensichtlich auf den Namen
Meloro
hörte. Die beiden Rückstände in der Luft
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