Die Zwei Schwerter, Band 3: Der Marsch der Zwerge (German Edition)
sein Unvermögen. Dabei überlegte er sich in einer aufkeimenden Wut für eine Sekunde, ob es nicht möglich wäre, den Baum zu spalten und diesen damit zu zwingen, seine Beute freizugeben, doch verwarf er den Gedankengang sogleich wieder. Dieses Gewächs, das sich vor ihm scheinbar bis in das weißgetünchte Blau des Himmels erhob, war kein einfacher Baum mehr, weder ein Aorlas noch ein solcher einer weniger seltenen Art. Vielmehr wirkte sein Stamm versteinert oder aber verwandelt in ein noch härteres Material, wie eine Berührung seiner wie Elfenbein schimmernden, gänzlich unnachgiebigen Rinde verriet.
Der Zauber Furiors, des sagenhaften Lindar, hatte ganze Arbeit getan, so wenig er auch von einem einfachen Menschen verstanden werden konnte.
„Lass mich es versuchen“, sagte eine Stimme dicht hinter Ulven. Illidor klang auf irgendeine Weise verändert, denn seine Worte waren ungewöhnlich weich und geduldig gesprochen und enthielten eine Art Pflichtgefühl und Ernsthaftigkeit, die man bisher nicht bei ihm gefunden hatte.
Der Rhodrim ging hastig zur Seite, und Illidor legte Hand an das Schwert, welches einst sein Bruder geschmiedet und zum Unglück seines Volkes in die Welt gebracht hatte. Danach hielt er zunächst inne. Er berührte den schwarzen Gegenstand so lange, dass es schien, als nehme er mittels diesem Kontakt zu seinem verstorbenen Anverwandten auf oder aber, als lasse er die Geschichte, die ihm das Schwert erzählen konnte, aufmerksam lauschend an seinem inneren Auge vorüberziehen.
Dann endlich zog er seine Arme in einer einzigen Bewegung nach hinten, und dies geschah ohne viel Kraft, dafür jedoch mit reichlich Leichtigkeit und Eleganz.
Illidor hielt Fínorgel in seinen Händen, und alle hatten den Eindruck, dass die Waffe freien Willens zu ihm gekommen war. Wäre ihr Wesen nicht von einer solch schrecklichen Natur, so hätte sie in diesem Moment ein wenig an ein getreues Haustier erinnert, das einstweilen entlaufen war und nach einer langen Zeit der Einsamkeit und Gefahr nun einer Person begegnete, an die es sehr gute Erinnerungen hegte und der es gerne sein Vertrauen schenkte.
Die Zeit schien stillzustehen für eine Zeitlang, und der Elb, dessen Geist für beinahe zweitausend Jahre in der Verbannung geruht hatte, schien sich abermals zu verändern und sich zu einer dunklen Größe aufzuschwingen. Im Einklang dazu hatte die Perle, die dicht unterhalb seiner rechten Hand wie das geöffnete Auge eines lauernden Raubtieres wirkte, zu ihrer alten Kraft zurückgefunden, denn sie glühte mit großer Leuchtkraft und entfaltete eine hypnotisierende, überaus einschüchternde Wirkung. Die anderen fürchteten sogleich, dass ihr Begleiter sie die ganze Zeit über getäuscht hatte und sich nunmehr mit der bösen Macht des Schwarzen Schwertes gegen sie wenden würde.
Dann aber erkannten sie, dass seine Konzentration plötzlich abschweifte und sich eine neue Wandlung an ihm tat.
Der Lindar mit dem langen, schwarzen Haar wandte sein Augenmerk einem Findling zu, der mehr als ein Dutzend Schritt nördlich ihrer Position auf der weiten Wiesenfläche einzeln dalag. Er war gänzlich von wilden Rosen umrankt, und auch neben ihm war der Untergrund reichlich von struppigem Pflanzenwerk bedeckt. Ansonsten aber schien diese Stelle auf den ersten Blick keine Besonderheit aufzuweisen.
Illidors Körper hatte mit einem Mal seine Spannung verloren, und gleichermaßen war damit jeder Anschein von Gefahr und Unberechenbarkeit von ihm gewichen. Mit pochendem Herzen machte er sich auf und ging zu dem großen Stein hin, den er ins Auge gefasst hatte. Als er die nähere Umgebung des pflanzenumwucherten Objektes erreicht hatte, kniete er sich nieder und betastete und dehnte die dort aus dem Gras sprießenden dornigen Ranken auseinander. Sein Ziel war es offensichtlich, etwas, was diese verborgen hielten, zu Tage zu fördern oder wenigstens besser sehen zu können.
Eldorin, Nurofin, Ulven und Marcius hatten sich in seinem Schatten mittlerweile ebenfalls in jene Richtung begeben, um den Grund seines Aufruhrs zu erfahren. Anschließend blieben sie in einiger Entfernung zurück und versuchten, mit ihren Blicken das Dickicht aus rotblättrigem Pflanzenwerk zu durchdringen, das auf mysteriöse Weise nur an diesem einen Platz gewachsen war. Und da erkannten sie die Wahrheit, denn siehe, dort lag Furior Feuerzorn, der einstmals größte und gelehrteste des Volkes der Elben Arthiliens, im Tode erstarrt!
Ganz offensichtlich hatten
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