Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die zweite Kreuzigung

Die zweite Kreuzigung

Titel: Die zweite Kreuzigung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
Vom Netzwerk:
las in der Geschichte des Landes von Vlad dem Pfähler, dem historischen Vorbild für Dracula, bis zu Königin Maria, einer Enkelin von Queen Victoria, die große patriotische Gesten liebte, vor allem aber fleißig an ihrem eigenen Image arbeitete. Dabei entdeckte er überall Badeorte – Baile Felix, Baile Herculana, Covasna oder Sovata – genügend Mineralwasser, um die Krankheiten des ganzen Kontinents zu kurieren. Es gab die Wehrkirchen der Siebenbürger Sachsen zu besichtigen, ein Bisonreservat in Hateg, dazu jede Menge Burgen. Wenn er sein Reisegebiet ausdehnte, dann konnte er bei Braşov Schloss Bran besuchen, das einst Königin Maria gehört hatte und durch Bram Stokers Roman als Vorbild für Draculas Schloss berühmt wurde.
    Mit Hilfe eines Internetwörterbuchs suchte er über Google nach Antiquitätenhändlern, Archäologengesellschaften und Experten für biblische Geschichte, stieß aber nur auf Websites in rumänischer Sprache, die er nicht übersetzen konnte. Er erfuhr, dass Transsilvanien einmal Bestandteil des Königreichs Ungarn, dann Österreich-Ungarns gewesen war und immer noch eine beachtliche ungarische Bevölkerung hatte.
    Es war wohl an der Zeit, dass er sich einen Dolmetscher nahm, der ihm helfen und vielleicht sogar einige seiner Fragen beantworten konnte. Zu diesem Zweck durchsuchte er Websites für Touristen. Dabei machte er rein zufällig eine interessante Entdeckung.
    Es war die Miniaturansicht eines Schlosses, eines düster wirkenden Ortes, umgeben von dichten Wäldern. Nur derName
Castel Almásy
stand dabei. Das war alles. Ethan hätte es glatt übersehen können. Aber er erinnerte sich an Burg Bernstein, ein weiteres Schloss der Almásys, das mit dem Mann, den er suchte, in Zusammenhang stand.
    Mit einem flauen Gefühl in der Magengrube, klickte er das Bildchen an. Es wurde größer und stand nun auf der Website des Schlosses. Ganz oben entdeckte er die britische Flagge, und als er sie anklickte, erschien ein Text auf Englisch. Das war nicht gerade sehr geschliffen, vermittelte aber die wesentlichen Fakten.
    Schloss Almásy war von 1270 bis 1275 von Zoltán Erdoelue, dem ersten Woiwoden von Transsilvanien, erbaut worden und blieb im Besitz der Familie Erdolue, bis das Land dem Königreich Ungarn angegliedert wurde. Das Schloss fiel nun an einen Zweig der Báthorys, die über Generationen die Fürsten von Transsilvanien stellten. Im 19. Jahrhundert nahmen es die Almásys in Besitz. Aus dem kurzen Text ging nicht hervor, wem es derzeit gehörte. Es wurde aber ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es für die Öffentlichkeit nicht zugänglich war. Es habe einen schlechten Ruf, meinte der Verfasser, der jedoch nicht auf Vampire oder anderen Aberglauben zurückgehe. Es habe mit der politischen Orientierung der Besitzer des Schlosses in den dreißiger und vierziger Jahren zu tun, was allerdings nicht näher erklärt wurde.
     
    Nach einigen Telefongesprächen und der Übergabe eines Mietwagens war Ethan bereits unterwegs. Der kleine Dacia 10 Coupé hatte Allradantrieb, Ethan konnte sich aber kaum vorstellen, dass er wirklich bergiges Gelände bewältigen würde.
    Das Schloss lag im Vladeasa-Gebirge, östlich von Oradea.Im Hotel hatte man ihn darauf hingewiesen, dass das Schloss nicht erreichbar sein könnte. Das sei schon im Sommer ziemlich schwierig, umso mehr mitten im Winter. Die Dame im Reisebüro meinte, mit dem Dacia werde er keinesfalls durchkommen.
    »Die Straßen dort sind sehr schlecht«, meinte sie.
    »Aber das ist ein Wagen mit Allradantrieb.«
    Sie warf ihm einen Blick zu, als habe sie in eine Zitrone gebissen.
    »Das ist ein Dacia, kein Landrover. Einmal nicht aufgepasst, und die Achse bricht.«
    Sie verkaufte ihm eine Wanderkarte und zeichnete die Gegend an, wo sich das Schloss befinden musste.
    »Es ist nicht einmal auf Karten verzeichnet«, sagte sie kopfschüttelnd. »Heute nennt es auch keiner mehr Schloss Almásy. Früher hieß es Castel Lup. So nennen es die Leute dort immer noch. Auf alten Karten können sie Castel Lup auch finden.«
    »Was bedeutet der Name?«
    Sie zog die Augenbrauen hoch, als ob das für jeden offensichtlich sein müsste.
    »Wolfsschloss«, sagte sie mit einer Stimme, dass Ethan glaubte, sie werde sich gleich bekreuzigen und weglaufen, aber die Dame blieb standhaft. Wenn sie innerlich zitterte, dann gab sie sich alle Mühe, ihn das nicht merken zu lassen.
    »Sie müssen sich vor Ort erkundigen«, sagte sie dann. »Die Leute dort kennen Weg und

Weitere Kostenlose Bücher