Die Zweite Legion: Das Geheimnis von Askir 2 (German Edition)
Höhle. Diese war vielleicht vierzig Mannslängen tief. Fahles Tageslicht lockte am anderen Ende. Ich sagte »Danke« zu Poppet, trat an ihr vorbei in die Höhle und ging langsam zum Ausgang hin. Schon als ich näher kam, hörte ich den Wind heulen, dann sah ich draußen den weißen Vorhang aus vom Wind gepeitschtem Schnee.
»Verdammt. Ein Schneesturm«, sagte Leandra neben mir.
»Ja.« Ich legte meinen Arm um ihre Schulter. »Aber dieser Sturm wird vergehen. Wir werden einfach warten.«
9. Von Nordmännern und Bärenpelz
Es war nicht besonders warm in der Ecke der Höhle, die wir uns als Lager ausgesucht hatten, aber ich schwitzte dennoch.
»… neunundvierzig … fünfzig!«, sagte Sieglinde neben mir. Sie hielt sich auf den ausgestreckten Armen, ich ließ mich einfach aus dem Liegestütz auf den Boden fallen. Ich bemühte mich, nicht allzu heftig zu keuchen, bis meine Kräfte zurückkehrten.
Zwei Tage warteten wir nun darauf, dass der Schneesturm vorbeiging. Ich denke, es war Stolz, der mich dazu brachte, an Sieglindes Ertüchtigungsprogramm teilzunehmen, oder sollte man besser sagen, Serafines?
Vor nicht langer Zeit hatte ich einen alten Körper besessen, durch die verfluchte Magie meines Bannschwerts hatte ich nun meine Jugend zurückgewonnen. Oder fast. Ich schätzte mein körperliches Alter auf etwa zwei Dutzend und sechs.
Jugend allein aber verlieh keine Kondition, und auf der Reise durch die Höhlen hatte ich gemerkt, wie sträflich ich meinen Körper vernachlässigt hatte. Sieglinde, die Tochter eines Wirts, war besser in Form als ich. Also schloss ich mich ihrem Training an, sehr zum Amüsement der anderen. Serafine musste nicht nur Kundschafterin gewesen sein, sondern auch Foltermeisterin. Wenn es einen Muskel in meinem Körper gab, der nicht brannte, so hatte ich ihn noch nicht entdeckt. Das Schlimmste aber war, dass Sieglinde offensichtlich weniger Schwierigkeiten hatte als ich. Vielleicht besaß sie aber auch nur den gleichen Stolz wie ich, sodass keiner von uns zugab, wie sehr die Muskeln schmerzten.
»Seht!«, rief Varosch, als ich mich mit Schnee abwusch. »Der Sturm hat aufgehört.«
Ich zog mich fertig an und begab mich zu Varosch, der mit seinen Händen die Schneemauer, die wir im Eingang errichtet hatten, durchstieß und auf das kleine Plateau hinaustrat.
Es war Morgen.
Manchmal gab es Tage, an denen die Götter alles so richteten, dass es perfekt war. Als ob sie sich zurücklehnen würden und sagen: Seht, dies ist unsere Schöpfung!
Das war einer dieser Tage.
Die kleine Plattform befand sich etwa sechzig Ellen über dem schneebedeckten Pass in einer Steilwand. Von hier aus hatten wir einen perfekten Blick auf die Donnerschlucht. Der funkelnde Schnee krönte jeden einzelnen Stein, Eis glitzerte in den Felsspalten, und die Luft war so klar und kalt, dass sie beim Atmen schmerzte und der Blick auf die Landschaft einem Tränen in die Augen treiben konnte.
Noch lag der größte Teil des Tals im Schatten, aber die aufgehende Sonne entflammte den Kamm des gegenüberliegenden Berges.
»Sind wir richtig?«, fragte Sieglinde. Sie trug nur ein dünnes Leinenhemd und Lederhosen, und ich konnte sehen, dass auch ihr kalt war, doch schien es ihr von Mal zu Mal weniger auszumachen.
Ich beugte mich vor und warf einen Blick Richtung Norden. Der Anblick kam mir bekannt vor. »Ich denke schon.«
»Wie weit ist es noch?«, wollte Janos wissen. Er hielt einen der Schneeschuhe in der Hand, die wir während unserer Rast angefertigt hatten, und betrachtete ihn misstrauisch. »Seid Ihr sicher, dass das etwas taugt?«
»Ich schätze, etwa drei Tage, und ja, ich bin sicher.«
Ich hatte darauf bestanden, dass jeder von uns in seinem Gepäck sechs lange Weidenruten und etliche Längen Leder mitnahm. Während der letzten zwei Tage hatten wir diese Schneeschuhe gefertigt, im Prinzip musste man nur in einen Rahmen aus Weidenruten ein Geflecht aus Leder einfügen.
»Wo habt Ihr denn diese Idee schon wieder her?«, hatte mich Janos gefragt, als ich ihm zeigte, wie man die Ruten binden musste.
»Kennst du das nicht?«, sagte Sieglinde. »Es sind Schneeschuhe.« Ihre Hände waren bereits eifrig am Werk.
Ich setzte mich bequemer hin und fing an, meine eigenen Ruten zu binden. »Vor einigen Jahren traf ich in Coldenstatt einen Krieger. Zuerst hielt ich ihn für einen Barbaren, er trug einen Fellumhang und nicht wenig Bart im Gesicht. Er erzählte mir eine absonderliche Geschichte. Sein Name war Ragnar,
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