Die Zweite Legion: Das Geheimnis von Askir 2 (German Edition)
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»Nun denn, macht weiter. Wenn meine Stimme Löwen zähmen kann, so vermögt Ihr sicherlich auch eine dumme Manschette zu überreden.«
Ich berührte den Stift mit einem Finger. Täuschte ich mich, oder war er abgekühlt? Eis und Kälte. Ich hatte wahrlich genug davon gespürt in der letzten Zeit. Sonne und Hitze, auch davon gab es genug. Ich sah den Stift vor mir, an einem Ende das Eis, am anderen Ende die Glut, stellte mir vor, wie es sich abwechselte, hin und her, her und hin, die Glut hier, das Eis dort, nun das Eis wieder hier und die Glut dort … Ich spürte den Druck auf meinen Schläfen, wie immer, wenn in meiner Nähe Magie gewirkt wurde, doch diesmal war es ein willkommenes Zeichen. Immer stärker wurde der Druck, der Schmerz in meinem Kopf stieg, meine Augen tränten, und der Bolzen schien vor mir zu verschwimmen. Ein helles Singen erfüllte die Luft, als Glut und Eis immer schneller die Plätze tauschten, ein Kreischen von gequältem Metall … Und mit einem Knall, als hätte Varosch seine Armbrust abgeschossen, brach der Stift. Ich sank langsam auf die Knie.
»Was ist da los!«, rief eine Stimme von der Zellentür, aber ich war kaum im Stande aufzublicken.
»Der Fremde spinnt! Er quietscht wie ein Ferkel! Holt ihn hier heraus, ich will meine Ruhe! Ich komponiere gerade ein Gedicht über die hässlichen Füße deiner Tochter, da will ich nicht gestört werden.« Armin zog hart an seinen Ketten, und sie spannten sich mit einem Knall, nicht unähnlich dem, der zu hören gewesen war, als der Stift brach.
»Ha!«, rief der Wärter. »Damit kannst du mich nicht herausfordern. Die Götter haben mir Söhne geschenkt.«
»Ich bin erleichtert. Für eine Frau wären die Füße wahrlich hässlich gewesen, aber für einen Eurer Söhne gerade richtig. Ich danke Euch für diese Inspiration.«
»Willst du mich beleidigen?«
»Das würde ich mich niemals wagen, o Vater der Knüppel!«
»Gut, sieh zu, dass es so bleibt.«
Ich kniete auf dem Boden und keuchte.
»Was ist mit Euch?«, fragte Armin. Er klang tatsächlich besorgt.
Ich wischte mir die Tränen aus den Augen. »Nichts, ich muss mich nur erholen. Armin, Eure Worte sind wahrlich schärfer als ein Schwert, Ihr schneidet ihn, und er merkt es nicht einmal«, sagte ich leise.
»Und Ihr seid wahrlich ein größerer Meister, als ich es für möglich hielt. Eure Worte können Eisen überzeugen. Sagt mir, o Havald, Bezwinger von Eisen, sollte ich nun Angst um meine Seele haben? Ich würde es begrüßen, könnte ich sie noch ein wenig behalten. Sie ist gewiss nicht viel wert, aber es ist meine einzige und ich hänge an ihr. Ohne sie käme ich mir so gestorben vor.«
»Wie meint Ihr das?«, fragte ich. Ich lehnte mich erschöpft an die Wand und versuchte wieder zu Kräften zu kommen. Ich fühlte mich, als wäre ich den ganzen Tag mit schwerem Gepäck bergauf gerannt. Meine Hände zitterten, meine Knie ebenfalls, und ich sah bunte Lichter vor den Augen. Aber der verdammte Stift war gebrochen.
»Es macht mir Hoffnung, dass Ihr fragt, Hoffnung, dass Ihr kein Nekromant seid, ein Verfluchter der Götter, eine Geißel des Namenlosen, um die Welt zu strafen. Wenn Ihr kein verfluchter Seelenräuber seid, würde ich Euch gern Freund nennen, vielleicht sogar Herr, wenn Ihr auch mir helfen würdet, diese lästigen Dinger loszuwerden. Solltet Ihr aber ein Seelenfresser sein … Ich schwöre Euch, meine Seele ist zäh und ledrig und würde Euch bestimmt Magengrimmen verursachen.«
»Ich bin kein Nekromant, Ihr könnt beruhigt sein.«
»Vielleicht seid Ihr gar ein Maestro? Ein Meister der Künste?«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, tut mir leid. Nur ein kleiner Trick.«
»Kein Trick kann klein sein, wenn er Großes bewirkt! Macht weiter mit den Stiften, denn morgen früh wird man uns für die Arena holen. Aber vielleicht wäre es angebracht, wenn es etwas leiser ginge. Nur ein wenig leiser. Ein kleines, klitzekleines Bisschen leiser. Vielleicht sogar ohne den Knall am Ende.«
»Armin, ich werde mir Mühe geben.«
Langsam ließen meine Kopfschmerzen nach. Ich suchte in dem alten Stroh den geborstenen Stift und sah zu meiner Überraschung, dass er glänzte, als wäre er poliert wie ein Spiegel. Die Bruchkante sah nicht einmal gebrochen aus, sondern wirkte, als wäre der Stift von einer scharfen Klinge säuberlich entzweigeschnitten worden; auch hier glänzte das Metall wie ein Spiegel. Aber dort, wo ich den Stift berührte, wurde er stumpf und grau. Ein
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