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Die zweite Nacht

Die zweite Nacht

Titel: Die zweite Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natalie Rabengut
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Gedanken nicht verkneifen, dass die Papiere vom Anwalt wohl bei ihm eingetroffen waren. Trotzdem versuchte ich, ruhig zu bleiben. »Wieso dein Leben ruinieren? Du hast doch mich verlassen. Ist dir etwa jetzt erst aufgegangen, was du dabei aufgegeben hast?«
    Wütend packte er meinen Oberarm und schüttelte mich. »Sehr witzig, du Miststück! Du weißt genau, wovon ich rede. Ich habe erst Post vom Anwalt und dann einen sehr unfreundlichen Anruf von meinem Verlag bekommen.«
    Obwohl seine Finger ziemlich fest drückten, zwang ich mich, nicht noch weiter zurückzuweichen. »Was hast du erwartet? Dass du einfach damit durchkommst?«
    »Ich will, dass du deinen Anwalt zurückpfeifst«, verlangte Ole und schob dabei sein Gesicht so nah an meines heran, dass ich seinen Atem spüren konnte. Angeekelt drehte ich den Kopf zur Seite und fragte mich ernsthaft, was ich jemals an ihm gefunden hatte.
    Über Oles Schulter, der mich inzwischen bis an die Wand gedrängt hatte, sah ich, wie Frederiks Wohnungstür sich öffnete. Frederiks Augen weiteten sich, als er die Situation erfasste und mit zwei Schritten war er bei uns. Er legte seine Hand auf Oles Schulter und noch während er ihn von mir weg zog, fragte er: »Kann ich irgendwie behilflich sein?«
    Ich nutzte die Gunst der Stunde und stellte mich sofort neben meinen Freund. Okay, vielleicht versteckte ich mich auch halb hinter seinem Rücken – aber wozu hatte ich ihn mit seinen prächtigen ein Meter neunzig denn?
    Ole hatte den Nerv, die Augen zu verdrehen und dabei gequält zu stöhnen. »Der schon wieder? Wer ist das? Dein neues Schoßhündchen?«
    Fassungslos schnappte ich nach Luft und sah, dass Frederik nur belustigt die Augenbraue hob. Ole schien den Ernst der Lage nicht ganz zu erfassen und streckte einfach den Arm aus, um an Frederik vorbei nach mir zu greifen. »Wir sind noch nicht fertig, Fräulein!«
    Noch bevor er mich anfassen konnte, schnellte Frederiks Arm vor und er packte Oles Handgelenk, der überrascht aufjaulte. »Doch. Diese Unterhaltung ist beendet. Wenn du noch irgendetwas mitzuteilen hast – die Adresse von Helens Anwalt sollte bekannt sein.«
    Mein Ex-Freund funkelte Frederik von unten an und unternahm den lächerlich Versuch, sich aus dem harten Griff zu befreien. »Halt dich da raus, du Idiot! Du bist lediglich ihr Nachbar und hast hier gar nichts zu melden.«
    »Ole, halt die Luft an und hör auf, meinen Ehemann zu beleidigen! Du hast genau zwei Sekunden, um dich zu verpissen oder ich rufe die Polizei. Bitte bleib, ich sehe schon den nächsten Brief vom Anwalt vor mir – das Detail mit dem Hausfriedensbruch macht sich darin bestimmt gut.«
    Dazu legte ich einen Arm um Frederik und warf Ole einen herausfordernden Blick zu. Doch wie erwartet trat er unverzüglich zurück. Er zog eine herablassende Grimasse, betrachtete Frederik noch einmal von oben bis unten und ging dann davon.
    Erst jetzt bemerkte ich, wie mein Herz raste. Obwohl Frederik da war, traute ich mich erst wieder, Luft zu holen, als Ole um die Ecke verschwunden war.
    Frederik drehte sich zu mir und umfasste meine Schultern. »Alles okay? Der Gute neigt ein wenig zur Selbstüberschätzung, nicht wahr?«
    Stumm nickte ich und löste mich aus Frederiks Griff. Ich wollte jetzt endlich laufen gehen – mehr noch als zuvor, denn es würde sicherlich meinen Kopf klären. Meine Gedanken standen offenbar auf meiner Stirn geschrieben, denn mein Freund trat zur Seite, deutete eine Verbeugung an und sagte: »Nach Ihnen, Mylady.«
    Erleichtert ging ich an ihm vorbei und schaffte es genau bis zur Treppe, bevor er mir den Todesstoß versetzte und völlig beiläufig fragte: »Möchtest du jetzt oder lieber später darüber reden, dass du mich als deinen Ehemann bezeichnet hast?«
    »Scheiße. Scheiße. Scheiße!«, rief ich und stampfte dazu mit dem Fuß auf. »Ich dachte, du hättest es vielleicht nicht bemerkt.«
    Statt einer Antwort bekam ich ein breites Grinsen zu sehen.  
    In diesem Moment schnaufte Frau Bergmann aus dem Stockwerk über uns um die Ecke und an ihrer verkniffenen Miene konnte ich erkennen, dass mein Fluch wohl deutlich zu hören gewesen war.  
    Ich rang mir ein höfliches Lächeln ab. »Guten Abend, Frau Bergmann.«
    Ihre hochgezogene Augenbraue sagte alles und wie immer wurde sie von ihrem verzogenen weißen Pudel begleitet, der ähnlich verkniffen guckte.
    »Guten Abend, Frau Bergmann«, strahlte mein Freund.  
    Im Gegensatz zu mir, wurde er mit einer Antwort gewürdigt.

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