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Die zweite Nacht

Die zweite Nacht

Titel: Die zweite Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natalie Rabengut
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den Rand. »Du bist ein nettes Mädchen und ein guter Mensch. Was dieser Dieb getan hat, ist ganz und gar nicht in Ordnung, da hat dein Mann schon recht.«
    Automatisch korrigierte ich Hans: »Frederik ist nicht mein Mann. Noch nicht jedenfalls.«
    Hans gackerte leise. »Lange wird das bestimmt nicht mehr dauern, so wie er sich um dich kümmert.«
    Aus irgendeinem Grund lösten Hans’ Worte ein verdächtig warmes Gefühl in meinem Bauch aus, das sich in Wellen durch meinen Körper bewegte.
    »Aber es kommt mir irgendwie nicht richtig vor, die Geschichte nach so langer Zeit wieder aufzuwärmen. Ich habe die ganze Zeit das Gefühl, dass ich schon früher etwas hätte unternehmen sollen und es jetzt verjährt ist.«
    Hans schüttelte den Kopf. »Für feige hätte ich dich gar nicht gehalten – und wenn du das Geld nicht willst, kannst du es mir geben.« Er strahlte mich gutmütig an und schob sich dabei weitere Kekse zwischen die Lippen. Während er kaute, dachte er nach und fügte schließlich noch an: »Wobei, meine Enkelin könnte wahrscheinlich mehr damit anfangen. Um wie viel geht es denn?«
    Für einen Moment dachte ich, mein Herz würde stehenbleiben. Der heimatlose Hans hatte noch nie etwas von sich preisgegeben! »Der Anwalt schätzt 500.000 Euro.«
    Leise pfiff der heimatlose Hans durch die Zähne. »Und da zögerst du noch?«
    Ganz beiläufig sah ich zu Hans und nickte. Ich wusste, dass dies möglicherweise meine einzige Chance war, etwas über ihn zu erfahren. »Du hast recht. Aber ich kann das Geld unmöglich komplett behalten. Ich bringe dir dann etwas davon.«
    Er winkte ab. »Nah! Was soll ich mit so viel Geld? Schreib meiner Anika einen Scheck, aber sag ihr nicht, dass ich dich darum gebeten habe.«
    Ich wagte es kaum, zu atmen. Sollte Hans mir gerade wirklich etwas aus seinem Privatleben erzählt haben? Dann musste diese Anika seine Enkelin sein!
    »Wenn du das so möchtest, gern. Aber ich kann ja nicht in der Stadt herumlaufen und jede Frau fragen, ob sie zufällig Anika ist.«
    »Eigentlich wollte Kurt sie ja Judith nennen, nach seiner Mutter. Aber meine Judith hat gesagt, dass das doch kein zeitgemäßer Name sei, dann hat sie Anika vorgeschlagen. Was für ein schöner Name für ein kleines Mädchen habe ich gesagt.« Hans starrte in die Ferne und mein Herz zog sich zusammen, als ich den Schmerz in seinen Augen sah.  
    »Dann ist Kurt dein Sohn?«, fragte ich sanft und hoffte, dass ich mir das richtig zusammengereimt hatte.  
    »Ja, das sollte reichen. Mich erwähnst du mit keinem Wort.« Hans funkelte mich sehr eindringlich an und ich nickte.
    »Versprochen. Vorausgesetzt natürlich, dass ich überhaupt vor Gericht gewinne.« Ich verschränkte meine Arme und atmete die kalte Winterluft ein. Mit so vielen Informationen hatte ich gar nicht gerechnet. Die Gedanken jagten durch meinen Kopf. Allein für seinen Rat hatte Hans meiner Meinung nach eine Beteiligung an dem Geld verdient und wenn es sein Wunsch war, dass ich das Geld seiner Enkelin gab – dann sollte es so sein. Ich fragte mich nur, ob er überhaupt die Wahrheit gesagt hatte und welche Begründung ich Anika für den Geldsegen nennen sollte.  
    Hans klopfte sanft auf mein Knie und riss mich aus dem Grübeln. »Sag, Judith, habe ich dir schon einmal die Geschichte erzählt, wie ich die Gebrüder Grimm getroffen habe?«
    Da wusste ich, dass der lichte oder offene Moment von Hans vorbei war und schüttelte den Kopf. »Nein, die kenne ich wohl noch nicht.«
    Der heimatlose Hans lächelte zufrieden und holte tief Luft, um seinen Bericht zu beginnen.

    Ich klopfte an Frederiks Tür und hörte nur ein Maunzen. Großartig, der Kater war da, aber der Mann nicht? Die Hand hatte ich schon an meiner Türklinke, als die andere Wohnungstür sich doch öffnete. Frederik war tropfnass und hatte ein Handtuch um die Hüfte geschlungen.
    Bei diesem Anblick bekam ich sofort gute Laune und konnte mein Lächeln nicht unterdrücken. Frederik trat zur Seite und ließ mich herein. »Erinnere mich daran, dass ich dir einen Schlüssel für die Wohnung gebe«, sagte er lässig und ging wieder ins Badezimmer.
    Ich streifte die Mütze und Handschuhe ab und folgte ihm. »Du willst mir einen Schlüssel geben?«
    »Natürlich! Warum nicht?«, erwiderte er und verschwand in der Duschkabine. Ich setzte mich auf den Wannenrand und beobachtete ihn. Ja, warum eigentlich nicht?
    »Hm«, machte ich. »Einen Schlüssel zu meiner bescheidenen Unterkunft könnte ich dir auch

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