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Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann

Titel: Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Nachtauge kam hereingeschlittert, scharrte mit den Krallen nach einem Halt.
    »Alles in Ordnung, mir fehlt nichts«, versicherte ich ihm und merkte, dass ich schrie, um das Klingeln in meinen Ohren zu übertönen. Mit einem angewiderten Schnauben tat Nachtauge seine Meinung über den beißenden Gestank im Zimmer kund. Ohne auch nur einen Gedanken in meine Richtung, stelzte er wieder hinaus in die Dunkelheit.
    Plötzlich schlug mir Chade ein paar Mal kräftig auf die Schulter. »Funken ausschlagen«, erklärte er überlaut. Wir brauchten einige Zeit, um Ordnung zu schaffen und wieder ein Feuer an dafür vorgesehener Stelle in Gang zu bringen. Dessen ungeachtet stellte Chade seinen Stuhl ein Stück nach hinten, und ich setzte mich nicht wieder direkt vor den Kamin. »War das der Effekt, auf den du es abgesehen hattest?«, erkundigte ich mich verspätet, nachdem wir es uns mit frisch gefüllten Bechern gemütlich gemacht hatten.
    »Nein! Bei Els Eiern, Junge, glaubst du, ich würde mit Absicht ein solches Feuerwerk in deinem Kamin veranstalten? Wenn ich es bisher ausprobiert habe, gab es nur einen grellen Blitz aus weißem Licht. Das Pulver hätte nicht so explodieren dürfen. Hm. Ich frage mich, wieso … Was war anders als vorher? Verdammt! Wenn ich mich nur erinnern könnte, was vorher in der Flasche gewesen ist …« Mit zusammengezogenen Brauen starrte er konzentriert in die Flammen, und ich wusste, sein neuer Famulus würde das zweifelhafte Vergnügen haben auszutüfteln, was der Auslöser dieser Explosion gewesen sein könnte. Ich beneidete ihn nicht um die Reihe von Experimenten, die er würde durchführen müssen.
    Chade blieb über Nacht und schlief in meinem Bett, während ich auf Harms Lagerstatt umsiedelte. Als wir am nächsten Morgen aufwachten, wussten wir beide, dass der Besuch zu Ende war. Plötzlich schien es kein Gesprächsthema mehr zu geben, überhaupt nichts, worüber sich zu reden lohnte. Ein Gefühl der Sinnlosigkeit ergriff von mir Besitz. Weshalb sollte ich mich nach Leuten erkundigen, die ich nie mehr wiedersehen würde; weshalb sollte er von den aktuellen politischen Kabalen berichten, die doch überhaupt keine Auswirkungen auf mein Dasein hier hatten? Für einen langen Nachmittag und Abend hatten unsere Leben sich wieder verzahnt, aber nun, als der graue Tag heraufdämmerte, schaute er mir stumm bei der Verrichtung meiner häuslichen Pflichten zu: Wasser holen, Hühner füttern, Frühstück zubereiten, das Geschirr abwaschen.
    Mit jedem Schweigen, das lang und lastend den wenigen dürren Worten folgte, zu denen wir uns aufraffen konnten, schienen wir uns weiter voneinander zu entfernen. Fast begann ich zu wünschen, er wäre nicht gekommen.
    Nach dem Frühstück wollte er aufbrechen, und ich hielt ihn nicht zurück. Ich versprach ihm, dass er die Anleitung für das Spiel bekäme, sobald sie ausgearbeitet war. Ich gab ihm einige Aufzeichnungen über die Dosierung von Beruhigungstees mit und Wurzeln für die eigene Kultivierung der wenigen Kräuter in meinem Garten, die er nicht bereits kannte. Ich schenkte ihm Flakons mit verschiedenfarbigen Tinten. Schwer zu sagen, ob es ein Versuch war, mich doch noch umzustimmen, als er bemerkte, in Burgstadt gäbe es einen besseren Markt für derlei Waren. Ich nickte nur und sagte, vielleicht würde ich Harm irgendwann hinschicken. Dann sattelte und zäumte ich die schöne Stute und führte sie vors Haus. Zum Abschied umarmte er mich, dann stieg er auf und ritt davon. Ich blickte ihm nach, wie er den Pfad entlangtrabte. Nachtauge schob seinen Kopf unter meine herabhängende Hand.
    Bereust du es?
    Ich bereue vieles. Aber ich weiß, wenn ich mit ihm ginge und täte, was er will, würde ich das irgendwann noch mehr bereuen.
    Trotzdem konnte ich mich nicht abwenden und an meine Arbeit gehen. Noch war es nicht zu spät, führte ich mich selbst in Versuchung. Ein Ruf und er würde kehrtmachen und zurückkommen. Ich biss die Zähne zusammen.
    Nachtauge stieß mit der Nase gegen meine Hand. Komm. Gehen wir Jagen. Kein Junge, kein Bogen. Nur du und ich.
    »Klingt gut«, hörte ich mich sagen. Und wir taten es, und wir fingen sogar ein dralles Frühlingskarnickel. Es tat gut, die Muskeln zu strecken und mir zu beweisen, dass ich noch immer Kraft und Ausdauer besaß. Ich war noch kein alter Mann, noch nicht, und genau wie Harm, stünde es mir gut an, in die Welt hinauszugehen und etwas Neues zu beginnen. Etwas Neues zu lernen. Das war immer Philias Rezept gegen

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