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Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann

Titel: Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Langeweile gewesen. Als ich an diesem Abend den Blick durch meine Behausung wandern ließ, erschien sie mir eher beengend als gemütlich. Was mir noch vor ein paar Tagen vertraut und heimelig vorgekommen war, wirkte jetzt abgewohnt und schäbig. Ich wusste, es lag an dem Kontrast zwischen Chades Erzählungen von Bocksburg und meinem eigenen ländlichen Dasein. Doch Rastlosigkeit, einmal geweckt, lässt sich nur schwer wieder zur Ruhe bringen.
    Ich versuchte, mich zu erinnern, wann ich das letzte Mal in einem anderen als meinem eigenen Bett geschlafen hatte. Ich führte ein sehr geregeltes Leben. Jedes Jahr zur Erntezeit ging ich für einen Monat auf Wanderschaft, verdingte mich auf den Heuwiesen oder als Apfelpflücker. Das zusätzliche Bargeld konnten wir gut brauchen.
    Früher war ich zweimal im Jahr nach Howsbay gereist, um meine Tinten und Stofffarben gegen Kleidung und Töpfe und Ähnliches einzutauschen. Die letzten zwei Jahre hatte ich Harm auf unserem dicken alten Pony Vierklee losgeschickt. Mein Leben verlief so glatt in eingefahrenen Gleisen, dass ich es nicht einmal bemerkt hatte.
    Aha. Und was willst du dagegen tun? Nachtauge gähnte und streckte sich resigniert.
    Ich weiß nicht, musste ich zugeben. Etwas anderes. Wie würde es dir gefallen, eine Zeitlang umherzuziehen?
    Für eine Weile zog er sich in den Teil seines Bewusstseins zurück der ihm allein gehörte. Dann fragte er, etwas gereizt: Zu Fuß? Alle beide? Oder wird von mir erwartet, den ganzen Tag mit einem Pferd Schritt zu halten?
    Eine gute Frage. Wenn wir beide zu Fuß gehen?
    Wenn es sein muss, willigte er widerstrebend ein. Du denkst an diesen Ort oben in den Bergen, nicht wahr?
    Die alte Stadt? Ja.
    Er erhob keine Einwände. Nehmen wir den Jungen mit?
    Ich denke, es wird Harm gut tun, wenn er eine Weile auf sich allein gestellt zurechtkommen muss. Außerdem muss sich jemand um die Hühner kümmern.
    Dann nehme ich an, dass wir nicht aufbrechen, bevor der Junge wieder hier ist?
    Ich nickte. Ich fragte mich, ob ich völlig den Verstand verloren hatte.
    Ich fragte mich, ob wir je wieder hierher zurückkehren würden.

Kapitel 2 · Merle
    Merle Vogelsang, Menestrelle an Königin Kettrickens Hof, ist selbst Heldin ebenso vieler Lieder, wie sie geschrieben hat. Berühmt geworden als der Königin Weggefährtin bei deren Queste, um die Hilfe der Alten gegen die Schiffe der Roten Korsaren zu erbitten, stellte sie sich während des Wiederaufbaus der Sechs Provinzen für Jahrzehnte in den Dienst des Hauses Weitseher.
    Als jemand mit der Fähigkeit, sich ungezwungen überall und in jedweder Gesellschaft zu bewegen, war sie der Königin unentbehrlich in den unruhigen Jahren nach der Reinigung der Bocksmarken. Nicht nur Verträge und Abmachungen zwischen Fürsten wurden der Menestrelle anvertraut, sondern sie reiste auch zu Räuberbanden und Schmugglerfamilien, um ihnen unter gewissen Bedingungen Strafffreiheit anzubieten. Sie selbst besang viele dieser Fahrten, doch man darf als sicher annehmen, dass es andere Unternehmungen gab, geheime Missionen im Dienst der Krone, und viel zu gefährlich, um in Verse gefasst zu werden.

    Volle zwei Monate blieb Merle mit Harm weg. Meine anfängliche Belustigung über seine lange Abwesenheit verwandelte sich erst in Missmut und dann in Verärgerung. Der Ärger richtete sich hauptsächlich gegen mich selbst. Ich hatte nicht geahnt, wie abhängig ich von dem starken Rücken des Jungen geworden war, bis ich meine eigenen Knochen zu den Arbeiten bequemen musste, die er sonst verrichtete. Doch es waren nicht nur Harms alltägliche Pflichten, die ich während seiner Abwesenheit erledigte. Chades Besuch hatte etwas in mir angestoßen. Ich konnte es nicht benennen, aber ich empfand es wie einen Dämon, der an mir nagte und mir jedes schäbige Detail meines kleinen Anwesens ins Auge springen ließ. Der Frieden meines abgeschiedenen Heims hatte plötzlich das Gesicht müßiger Selbstzufriedenheit. War es tatsächlich schon ein Jahr her, seit ich den Stein unter die eingebrochene Verandastufe geschoben und mir vorgenommen hatte, sie später zu reparieren? Nein, eher schon anderthalb Jahre.
    Ich brachte den Vorbau in Ordnung und anschließend schaufelte ich den Hühnerstall aus, reinigte ihn mit Lauge und legte den Boden mit frischen Binsen aus. Ich besserte das undichte Dach der Werkstatt aus und setzte endlich das Fenster aus geöltem Pergament ein, das ich mir schon lange versprochen hatte. Ich ließ der Hütte einen

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