Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann
mich zu Croy. Verwunderlich, dass Fürst Leuenfarb das Gewölbe dieses Mannes überhaupt kannte, denn es war ein Elsternnest, eine bunte Sammlung gebrauchter Waffen und Rüstungsteile. Doch auch hier akzeptierte der Inhaber meinen Kreditbrief ohne Wimpernzucken. Ich ließ mir Zeit mit der Suche nach einem Schwert, dem ich mein Leben anvertrauen konnte. Eine schlichte Waffe, aber von guter Qualität sollte es sein, nur war das natürlich was jeder wahre Fechter sich wünschte, deshalb war Croy in diesem Segment nur schlecht sortiert. Nachdem er sich bemüht hatte, meine Begeisterung für etliche meisterliche Schwerter zu wecken, mit kunstvollen Scheiden und durchschnittlichen Klingen, gab er auf und ließ mich alleine stöbern. Ich meinerseits war bemüht, beim Kramen ein Gespräch aufrechtzuerhalten, und verlieh meiner Verwunderung Ausdruck, wie sehr Bocksburg sich seit meinem letzten Besuch doch verändert hätte. Es war nicht schwer, ihm den gängigen Klatsch zu entlocken und die Rede dann auf Omen und Prophezeiungen zu bringen und die Leute, die damit ihr Brot verdienten. Ich brauchte Jinnas Namen nicht erwähnen, um zu erfahren, wo sie wohnte. Zu guter Letzt entschied ich mich für eine Klinge, die meiner eingerosteten Fähigkeiten buchstäblich würdig war.
Croy spitzte missbilligend die Lippen. »Dein Herr hat Gold im Überfluss, Mann. Nimm dir ein Schwert mit ein bisschen Glanz oder einem Heft, das etwas hermacht.«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, kein Zierrat, der sich in den Kleidern eines Gegners verhakt, wenn es hart auf hart geht. Das hier ist genau richtig. Aber einen Dolch könnte ich noch gebrauchen.«
Ein solcher war bald gefunden, und ich verließ das Gewölbe. Ich schlenderte durch das Getöse und die Hitzeschwaden der Straße der Schmiede. Der vielstimmige Kanon der wetteifernden Hammerschläge bildete einen markanten Kontrapunkt zu der in Wellen herabbrandenden Sonnenglut. In meiner Abgeschiedenheit hatte ich vergessen, dass es in einer größeren Ansiedlung von Menschen kein Entkommen vor dem Lärm gibt. Im Gehen durchforschte ich mein Gedächtnis, versuchte mich zu erinnern, ob etwas das ich Jinna erzählt hatte, im Widerspruch zu meinem neu entworfenen Lebenslauf stand. Schließlich beschloss ich, es darauf ankommen zu lassen. Falls ihr etwas spanisch vorkam, dann musste sie eben glauben, dass ich ein Lügner war. Zu meinem eigenen Erstaunen merkte ich, wie sehr mir diese Vorstellung gegen den Strich ging.
Meister Croy hatte ein dunkelgrünes Schild beschrieben, mit einer darauf gemalten weißen Hand. Die Schicksalslinien in der Handfläche waren mit roter Farbe eingezeichnet, durchaus kunstvoll. An der Kante des tief herabgezogenen Daches drehten sich klingelnd einige ihrer Amulette im Sonnenschein. Zum Glück für mich schien keins davon zur Abschreckung von Raubtieren gemacht zu sein. Ich spürte schon nach einem Moment, welchem Zweck sie dienten. Willkommen. Sie lockten mich zu dem Haus und der Tür. Nachdem ich angeklopft hatte, musste ich etwas warten, aber dann wurde die obere Hälfte der Tür geöffnet und Jinna selbst begrüßte mich.
»Tom Dachsenbless!«, rief sie aus, und ich fand es schmeichelhaft, dass weder meine veränderte Haartracht noch meine neuen Kleider sie gehindert hatten, mich gleich zu erkennen. Sofort öffnete sie auch die untere Türhälfte. »Komm herein. Willkommen in Burgstadt. Wirst du mir erlauben, deine Gastfreundschaft zu erwidern? Komm doch herein.«
Kaum etwas im Leben ist so beglückend wie aufrichtige Wiedersehensfreude. Sie griff nach meiner Hand und zog mich in das kühle Halbdunkel ihrer Stube wie einen lang ersehnten Gast. Das Zimmer war niedrig und die Einrichtung bescheiden. Es gab einen runden Tisch mit mehreren Stühlen. Auf Wandborden lagerten die Utensilien ihres Handwerks, dazu eine Auswahl fertiger Stücke. Der Tisch war mit Tellern und Schüsseln gedeckt, ich hatte sie beim Essen gestört. Ich blieb stehen; ich fühlte mich befangen. »Ich komme ungelegen.«
»Aber nein! Ganz und gar nicht. Setz dich und iss mit.« Während sie redete, setzte sie sich wieder auf ihren Platz, und mir blieb nichts anderes übrig, als ihrer Einladung Folge zu leisten. »Also. Nun erzähl mir, was führt dich aus deiner Einsamkeit in die große Stadt?« Sie schob mir den Teller mit Marmeladentörtchen hin, geräuchertem Lachs und Käse. Ich nahm ein Törtchen und verschaffte mir so Zeit zum Überlegen. Ihr musste aufgefallen sein, dass ich den Kittel
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